Getestet, geimpft, genesen: So funktioniert ein königliches Schwingfest im Kleinformat

Die Premiere findet am Sonntag in Lenzburg statt. Und mit dabei ist sogar ein König. Seit 1. Juni dürfen vom Kanton bewilligte Pilotveranstaltungen mit bis zu 1000 Personen stattfinden. Das Aargauer Kantonalschwingfest gehört dazu. «Es macht mich stolz, dass wir schweizweit die ersten sind, die ein solches Projekt durchführen», sagt OK-Präsident Erich Renfer.

Doch die Auflagen sind zahlreich und das Schutzkonzept streng. Trotzdem ist das Schwingfest ein erster Schritt, dass bald Grossveranstaltungen mit noch mehr Zuschauer stattfinden können. Die in Lenzburg gesammelten Erfahrungen müssen von den Organisatoren in einem Bericht analysiert werden, damit künftige Veranstalter die richtigen Schlüsse ziehen können.

Für die Schwinger rund um König Christian Stucki und den Aargauer Leader Nick Alpiger ist das Aargauer Kantonale aber vor allem das Ende einer 21-monatigen Zeit ohne Kranzfeste. Am Sonntag wird es 652 Tage her sein, seit Stucki in Zug gekrönt wurde. Seither waren Kranzfeste verboten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Wiederbeginn.

Wieso braucht es Pilotveranstaltungen?

In erster Linie, um wichtige Erfahrungen zu sammeln für Grossanlässe mit noch mehr Publikum. Die Testveranstaltung soll beispielsweise zeigen, ob die Kontrolle von Test- und Impfnachweisen beim Eingang funktioniert. Auch wird geprüft, ob überwachte Selbsttests vor Ort praktikabel sind und sich bewähren oder wie Personenansammlungen beispielsweise vor sanitären Anlagen verhindert werden können. Dafür dürfen die bewilligten Pilotprojekte die aktuell geltenden Auflagen betreffend Grösse überschreiten und profitieren von Ausnahmeregeln.

Wie viele Personen sind erlaubt?

An einer Pilotveranstaltung dürfen ­maximal 1000 Personen teilnehmen. Das Minimum beträgt 300, damit der Test aussagekräftig ist. Weil der Bundesrat das Maximum kurzfristig von 600 auf 1000 Personen erhöht hat, die Schutz- und Sicherheitskonzepte des Kantonalschwingfests aber auf der Grundlage von 600 Personen erstellt worden sind, wird das Kontingent nicht ausgeschöpft und werden die Konzepte nur teilweise nach oben korrigiert.

Wer darf alles am Schwingfest dabei sein?

Bis Donnerstag, 16 Uhr, können sich die Schwinger für das Fest anmelden. Die Organisatoren rechnen mit rund 100 Teilnehmern. Jeder Schwinger darf dann drei Personen melden, die ein ­Ticket erwerben dürfen. Die Sponsoren erhalten insgesamt 175 Tickets. Was weit weniger ist, als in den Verträgen – ausgehend von einem Fest unter normalen Bedingungen – zugesichert wurde. Dazu kommen Funktionäre, Fotografen, ­Journalisten und 90 Helfer. Insgesamt dürften rund 750 Personen anwesend sein.

Gibt es eine Tageskasse?

Nein. Tickets kommen keine in den Verkauf. Die Schwinger bestimmen ihre Gäste selbst. Die Sponsoren erhalten die Tickets – abgestuft nach Sponsoren-Klassen – vom Veranstalter und dürfen sie selbst vergeben.

Was braucht es, um Zutritt zum Festgelände zu erhalten?

Es gibt drei Kriterien: getestet, geimpft oder genesen. Akzeptiert wird nur ein maximal 24 Stunden alter, offizieller PCR- oder Antigen-Schnelltest. Selbsttests, die zu Hause durchgeführt wurden, werden nicht akzeptiert. Als geimpft gilt, wer die zweite Impfdosis mindestens 14 Tage vor dem Fest verabreicht bekommen hat. Genesene müssen ihre überstandene Covid-19-Erkrankung mit einem offiziellen Dokument belegen können. Wer eines der drei Dokumente inklusive eines amtlich gültigen Ausweises vorweisen kann, darf weiter zur Kasse.

Was passiert, wenn jemand diese Dokumente nicht vorweisen kann?

Die Organisatoren bieten vor Ort überwachte Schnelltests an. Dafür werden 15 Personen geschult, die jeden Selbsttest begleiten werden. Schwinger und Zuschauer werden separiert. Die Tests der Gäste finden in der Reithalle statt. Die Schwinger werden in der Mehrzweckhalle getestet. Damit wird sichergestellt, dass die Abstände eingehalten werden und es zu keiner Durchmischung kommt. Die Veranstalter hoffen, dass sich möglichst viele Teilnehmer bereits vor dem Fest testen werden, weil es sonst zu langen Wartezeiten kommen wird.

Was passiert bei einem positiven Testergebnis?

Der positiv getesteten Person wird der Zutritt verweigert. Weitere Folgen hat es nicht, sofern die Abstände, wie im Konzept vorgesehen, immer einge­halten wurden und alle Personen eine Maske trugen. Wird eine Person nach dem Fest positiv getestet, entscheidet die Kantonsärztin des Kantons Aargau, welche Menschen, die Kontakt mit der infizierten Person hatten, in Quarantäne müssen.

Wie werden die Daten erfasst?

Alle Teilnehmer müssen sich vor­gehend beim Veranstalter mit ihren Kontaktdaten registrieren. Danach erhält jeder Zuschauer einen fixen Sitzplatz zuge­wiesen. Personen, die im gleichen Haushalt leben, dürfen nebeneinander sitzen, sonst wird ein Platz frei gelassen. Insgesamt gibt es vier Zuschauer-Zonen. Vor jedem Schwingplatz eine. Tribünen gibt es keine. Es werden nur sogenannte ­Rasenplätze angeboten, also hintereinander aufgestellte Sitzbänke in der Nähe der Sägemehlringe. Ein Ticket für die Gäste der Schwinger kostet 25 Franken.

Welche Regeln gelten auf dem Festgelände?

Es herrscht eine generelle Maskenpflicht. Einzig die Schwinger, die ge­rade aktiv sind, und der Kampfrichter auf dem Platz sind von dieser Pflicht entbunden. Sonst darf die Maske nur zum Trinken und Essen abgelegt werden. Und zum Rauchen. Gut möglich, dass dieses Schlupfloch vom einen oder ­anderen Stumpenraucher gerne genutzt wird. Essen und Trinken ist nur am Sitzplatz erlaubt. Es gibt auf dem Festge­lände einen Verpflegungsstand. Zudem ist auch selber mitgebrachtes Essen zugelassen.

Wie werden grössere Menschenansammlungen verhindert?

Den Sitzplatz dürfen die Zuschauer nur verlassen, um Verpflegung zu holen oder die sanitären Anlagen aufzusuchen. Das Geschehen auf dem Schwingplatz darf nicht im Stehen verfolgt werden. Zudem gibt es definierte Korridore, welche zum Beispiel die Schwinger in die Mehr­zweckhalle führen. Dort können sich die Sportler zwischen ihren Einsätzen ­aufhalten und verpflegen. Auch die ­Duschen dürfen benutzt werden, allerdings nur gestaffelt. Die sanitären Anlagen werden regelmässig gereinigt und desinfiziert.

Schwingen mobilisiert normalerweise die Massen, so wie hier am Eidgenössischen 2019 in Zug. Doch mit Corona wurde alles anders.

Schwingen mobilisiert normalerweise die Massen, so wie hier am Eidgenössischen 2019 in Zug. Doch mit Corona wurde alles anders.

Urs Flueeler / KEYSTONE

Wie wird kontrolliert, dass die Auflagen eingehalten werden?

Ein Infoblatt, das jeder Teilnehmer erhält, Plakate und regelmässige Durchsagen des Speakers weisen auf das Schutzkonzept hin. Zudem erhalten alle Teilnehmer die Informationen bereits im Vorfeld. Auf dem Gelände werden Helfer mögliche Verstösse ansprechen. Die Organisatoren hoffen aber, dass die Konzepte von allen Anwesenden strikt eingehalten werden.

Gibt es offizielle Kontrollen?

Da es sich um ein Pilotprojekt handelt, ist davon auszugehen, dass der Kanton Kontrollen durchführen wird. Weitere Informationen gibt es auf Anfrage nicht. Der Veranstalter soll nicht erfahren, wann, was und wie kontrolliert wird.

Wird das Gelände abgesperrt?

Ein Zaun mit Sichtschutz soll verhindern, dass sich Menschen ausserhalb aufhalten. Auch ein Hügel mit Blick auf den Platz wird gesperrt. Alles weiter ausserhalb liegt nicht in der Zuständigkeit des Veranstalters.

Welche Promis werden erwartet?

Auf die Einladung von Politikern oder anderen Prominenten wurde grösstenteils verzichtet. Nur Grossratspräsident Pascal Furer wird am Festakt eine Rede halten.

Und welche Schwingstars kommen?

Am Aargauer Kantonalen sind grundsätzlich nur Schwinger des Nordwestschweizer Teilverbands zugelassen. Der Veranstalter darf jedoch einen Gastklub von ausserhalb einladen. Schon vor der Coronapandemie wurde der Schwingklub Unteres Seeland, dem Christian Stucki angehört, angefragt. Damit gelang ein Lotto-Sechser: Vor 21 Monaten bestritt Stucki am Eidgenössischen den Schlussgang und wurde König. Seither waren keine Kranzfeste mehr erlaubt. Das Kantonale wird zur Premiere nach dieser langen Wartezeit. Und Stucki ist dabei. Das wird schweizweit Beachtung finden.

Der Aargauer Patrick Räbmatter (l.) misst sich mit Christian Stucki.

Der Aargauer Patrick Räbmatter (l.) misst sich mit Christian Stucki.

Thomas Ulrich (Weissenstein, 18. Juli 2015)

Ist es möglich, das Fest zu schauen?

Ja. Tele M1 überträgt das ganz Fest live im TV und im Stream auf der Website des Senders. Als Experten konnten die Aargauer Brüder Mario und Guido Thürig gewonnen werden, die das Schwingen jahrelang mitprägten.

Wer sind die Favoriten?

Neben König Christian Stucki ganz klar Nick Alpiger. Der 25-Jährige Aargauer vom gastgebenden Schwingklub Lenzburg ist der Leader des Nordwestschweizer Verbands und erhält die Aufgabe, Stucki gleich im Anschwingen zu bremsen. Doch auch die weiteren Aargauer Eidgenossen Patrick Räbmatter, Joel Strebel und Andreas Döbeli haben Chancen auf den Festsieg. Und dann besteht noch die Chance auf einen speziellen Erfolg: Christoph Bieri, ein weiterer Aargauer Eidgenosse, könnte seinen 100. Kranz gewinnen und eine magische Marke erreichen.