
Aargauer Delegation im Nationalrat nur knapp für Ehe für alle – Martina Bircher als einziges SVP-Mitglied dafür
Ursprünglich ist die Ehe für alle ein Anliegen der Grünliberalen, sie reichten im Dezember 2013 eine parlamentarische Initiative mit dem Ziel ein, dass auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen. Fast acht Jahre später wird darüber abgestimmt: Am 26. September entscheidet die Bevölkerung über die Gesetzesänderung. Zur Abstimmung kommt es, weil aus konservativen Kreisen das Referendum ergriffen wurde.
Im Referendumskomitee sitzen mit Andreas Glarner und Alois Huber auch zwei SVP-Nationalräte aus dem Aargau. Kantonalpräsident Glarner und Landwirt Huber sind aber nicht die einzigen Volkspartei-Vertreter aus dem Aargau, die gegen die Ehe für alle sind. Ein Blick in die namentlichen Abstimmungslisten von National- und Ständerat zeigt: Mit Ausnahme von Nationalrätin Martina Bircher lehnten im Bundesparlament sämtliche SVP-Mitglieder aus dem Aargau die Ehe für alle ab.
Bircher sitzt im SVP-Komitee für die Ehe für alle, weitere Aargauer Mitglieder sind Grossrätin Tonja Kaufmann aus Hausen sowie Fabian Schütz, Einwohnerrat und Präsident der SVP Windisch. An der Debatte über die Vorlage in den beiden Räten beteiligten sich die SVP-Parlamentarier nicht. In der neuen Ausgabe der Parteizeitschrift «SVP aktuell» und auf Twitter legte Bircher aber dar, warum sie die Vorlage unterstützt.
Der ehemalige Kantonalpräsident und Nationalrat Thomas Burgherr erläuterte ebenfalls im «SVP aktuell», warum er gegen die Gesetzesänderung ist. Am kommenden Mittwoch fasst der SVP-Parteitag in Aarau die Parole für die Abstimmung vom 26. September.
Einmal Ja, einmal Nein, einmal Enthaltung in der Mitte-Fraktion
Nein zur Ehe für alle sagte im Nationalrat auch EVP-Präsidentin Lilian Studer – sie folgte damit der Parole ihrer Partei, die sie im Frühling im AZ-Interview erklärt hatte: «Es war die Mehrheit, die vor allem wegen der Samenspende das Gesetz ablehnt, da sie das Kindswohl im Fokus hat. Ich finde, auch diese Haltung ist berechtigt.» Studer ist in Bern Mitglied der Mitte-Fraktion – dort gab es unter den Aargauerinnen alle drei Positionen: Die EVP-Vertreterin sagte Nein, Mitte-Aargau-Präsidentin Marianne Binder sagte Ja und Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel enthielt sich der Stimme.
FDP und SP-Mitglieder aus dem Aargau in Bundesbern sagen alle Ja
Bei den Aargauer Freisinnigen gab es ein dreifaches Ja: Ständerat Thierry Burkart stimmte der Ehe für alle ebenso zu wie die Nationalratsmitglieder Matthias Jauslin und Maja Riniker. Dasselbe Bild zeigt sich bei den Vertreterinnen und Vertretern von Links-Grün in Bern. Prominent für ein Ja engagiert sich SP-Nationalrätin Yvonne Feri, die im Pro-Komitee für die Ehe für alle sitzt. «Liebe ist Liebe – auch für Kinder. Liebevolle Bezugspersonen sind wichtig für Kinder, ganz unabhängig von deren Geschlecht oder sexueller Orientierung», lautet ihr Statement dort. Die ganze SP-Delegation in Bern sagte Ja zur Vorlage: neben Feri sind auch Gabriela Suter und Cédric Wermuth dafür. Und auch Grünen-Nationalrätin Irène Kälin stimmte der Vorlage zu.
GLP-Nationalrat Flach als Kommissionssprecher: «Was lange währt …»
Ja sagte auch der Grünliberale Beat Flach, der sich in der Debatte als Sprecher der Kommission äusserte. «Was lange währt, wird hoffentlich endlich gut», sagte Flach mit Blick auf die fast sechs Jahre, seit die GLP das Begehren eingereicht hatte. «Die Paare in der Schweiz warten auf uns, denn die Ehe ist eben nicht nur ein äusseres Zeichen, ein Manifest der Zusammengehörigkeit von zwei Menschen, sondern auch der einfachste zivilrechtliche Vertrag für die Regelung aller möglichen Dinge», hielt er fest.
Die Ehe sei daher – viel mehr als die eingetragene Partnerschaft – auch ein Instrument einer liberalen Gesellschaft, die zwei Individuen Rechte und Pflichten verleihe. «Dieses Institut nur heterosexuellen Paaren vorzubehalten, ist diskriminierend und in einer modernen Gesellschaft wie jener der Schweiz nicht mehr angebracht», argumentierte Flach. Würden nur die Stimmen der Aargauer Bundesparlamentarier zählen, wäre die Ehe für alle relativ knapp angenommen worden: Von den 18 Vertretern in National- und Ständerat gab es 10 mal Ja, 7 mal Nein und eine Enthaltung.