
Aargauer Regierung ist gegen einen längeren Papi-Urlaub
Initiative und Gegenvorschlag: Vier Wochen Urlaub kosten 420 Millionen
Laut der Initiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub» soll der Bund eine Vaterschaftsversicherung einrichten. Sie verlangt, dass Väter einen gesetzlichen Anspruch auf einen mindestens vierwöchigen Vaterschaftsurlaub erhalten, der über die Erwerbsersatzordnung (EO) entschädigt würde. Finanziert werden soll dies wie bei der Mutterschaftsentschädigung mit 80 Prozent des Einkommens, aber höchstens 196 Franken pro Tag. Das kostet laut Bundesrat rund 420 Millionen Franken pro Jahr, entsprechend einem EO-Satz von 0,11 Prozent. Die Gesundheitskommission des Ständerates hat einen indirekten Gegenvorschlag erarbeitet. Sie will einen
Papi-Urlaub von zwei Wocheneinführen, zu beziehen in den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes (tageweiser Bezug möglich), finanziert ebenfalls via EO-Fonds. (MKU)
Soll in der Schweiz ein Vaterschaftsurlaub, ein Papi-Urlaub eingeführt werden? Wenn ja, einer von zwei Wochen, wie es eine ständerätliche Kommission als Kompromiss vorschlägt, oder gar vier Wochen, wie es eine Initiative fordert (vgl. Box)? Die Aargauer Regierung unterstützt diese Vorschläge nicht. Sie teilt die Bedenken einer Minderheit der Ständeratskommission. Demnach seien zusätzliche Abgaben für die Sozialversicherungen zurzeit nicht tragbar. Dies insbesondere, da verschiedene Gesetzgebungsprojekte geplant sind, welche die Erwerbsersatzordnung (EO) betreffen. Etwa ein Vorstoss zur Einführung einer Adoptionsentschädigung und ein Vorentwurf zum Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung.
Die heutige rechtliche Lage lasse – gestützt auf einen Gesamtarbeitsvertrag oder eine arbeitsvertragliche Bestimmung auf Betriebsebene – eine individuellere Regelung der Ferienansprüche von Vätern nach der Geburt des Kindes zu. Würde hingegen der Anspruch auf einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub in das Bundesgesetz über den Erwerbsersatz für Dienstleistende und Mutterschaft (EOG) aufgenommen, würde dies kleinere und mittlere Unternehmen vor grosse organisatorische Herausforderungen stellen. Der Handlungsspielraum der Branchen würde eingeschränkt, was letztlich die Sozialpartnerschaft schwäche. Der Regierungsrat sei besorgt, dass diese und weitere geplante Ausweitungen der EO-Leistungsberechtigten die Finanz-lage des EO-Fonds verschlechtern.
Wehrpflichtersatz in die EO?
Der Regierungsrat findet mit Blick auf die Situation der Sozialwerke, es sollten «frühzeitig Massnahmen ergriffen werden, um die gesunde Finanz- basis des EO-Fonds zu erhalten». Er macht gleich einen Vorschlag für eine langfristige Finanzierungsalternative. Der sieht so aus: Die Kantonsregierung schlägt vor, künftig die Abgaben der Einsatzbetriebe des Zivildiensts sowie die Einnahmen aus den Wehrpflichtersatzabgaben direkt in den EO-Fonds fliessen zu lassen. Heute gehen diese Gelder in die Bundeskasse. Von ihrem Vorschlag ausnehmen will die Kantonsregierung allerdings die Anteile aus den Wehrpflichtersatzabgaben, welche die Kantone als Entschädigung für ihre Aufwendungen behalten dürfen.
Travail.Suisse hat untersucht, wie der Papi-Urlaub in 45 Gesamtarbeitsverträgen (GAV) geregelt ist. Demnach haben 46 Prozent Anspruch auf einen bezahlten Papi-Urlaub von einem oder zwei Tagen, 46 Prozent von drei oder fünf Tagen. Die restlichen acht Prozent haben sechs oder mehr Tage Papi- Urlaub. Im Vergleich zu KMU gewähren multinationale Unternehmen deutlich grosszügigere Urlaube, so etwa Ikea Schweiz, Johnson & Johnson oder auch Microsoft Schweiz. Mitarbeiter des Kantons Aargau erhalten einen bezahlten Kurzurlaub von drei Tagen. Daneben gibt es hier gerade für junge Väter die Möglichkeit, bis ein Jahr unbezahlten Urlaub zu nehmen, wenn keine betrieblichen Gründe dagegen sprechen.