Aargauer Regiokrimi mit einem Doppelmord

Sie spielen auf Sylt, im Südtirol oder in Zürich, heissen Tod à la Provence, Tod an der Ruhr oder Tod im Aargau: Der deutsche Emons-Verlag hat sich auf das Genre Regional-Krimi spezialisiert. Das scheint sich zu lohnen: Fast 300 Autoren schreiben für Emons über Morde in ihren Heimatgebieten. So auch die Aargauerin Ina Haller. Ihr neuster Roman «Rüebliland» ist im August erschienen. Im Zentrum steht Samantha, eine in Lenzburg wohnhafte Inderin, die ihre Adoptiveltern ermordet auffindet. Haller hat vor «Rüebliland» schon sieben Regional-Krimis veröffentlicht. Das Genre habe ihr den Einstieg in die Literatur vereinfacht. «Ich habe automatisch die Region gewählt, in der ich wohne. Hier kenne ich mich aus», erklärt sie. Um einen Roman zu schreiben, müsse sie die Atmosphäre des Orts spüren. «Sie ist wichtig, wenn man dem Geschriebenen Leben einhauchen möchte, sodass sich beim Leser das Kopfkino einschaltet», so Haller.

Zwischen Lenzburg und Agra

Für ihren neusten Roman hat Ina Haller die Region jedoch – wenn auch nur für eine kurze Weile – verlassen. Er spielt nicht nur im Aargau, sondern auch in Indien, als sich Samantha während einer Geschäftsreise auf die Suche nach ihren Wurzeln und dem Grund für den Doppelmord begibt. Sie findet ihre schwerkranke, leibliche Mutter, die noch am selben Abend stirbt, und ihre Geschwister. Auch die Wahrheit über ihre illegale Adoption kommt in Indien ans Licht.

 

Die Themenwahl ist kein Zufall: Zeitgleich mit einer Familienreise Hallers nach Indien wurde die illegale Adoption zu einem grossen Thema in den Medien. «Als ich wieder zurückkehrte, hatte ich das Gefühl, die Eindrücke und das Gehörte am Besten verarbeiten zu können, wenn ich daraus einen Roman schreibe.» Wie die sieben vorherigen Romane dürfte auch «Rüebliland» Sprachliebhabern eher schwer im Magen liegen. Oft verirrt sich die Geschichte in floskelhafter Sprache und Wiederholungen. Trotzdem funktioniert der Roman. Dies einerseits wegen der Mischung aus Spannung und Romantik, sie scheint sich für Haller bewährt zu haben. Immer wieder kommt es zu gefährlichen, nervenaufreibenden Situationen. Samanthas Chef Joel ist stets zur Stelle – schon bald entsteht eine Liebesgeschichte, die den Leser ebenso bei der Stange hält.

Die Hauptfigur könnte eine Nachbarin sein

Wie bei den anderen Bücher des Emons-Verlags trägt aber auch das Genre dazu bei. Der Roman zieht seinen Leser schnell in die Handlung hinein. Schneller, als das ein Krimi kann, der in der Grossstadt oder auf einem anderen Kontinenten spielt. «Die Leute, die in dieser Region wohnen, erkennen die Orte wieder, was ihnen Freude bereitet», meint Haller. Der Leser kann sich identifizieren – nicht zwingend mit der Hauptfigur, aber mit der Geschichte. Samantha könnte eine Nachbarin sein, ihr Freund ein Arbeitskollege. Im Gegensatz zu den Orten lehnen sich Hallers Charaktere nicht an ihr bekannte Personen an – das versuche sie bewusst zu vermeiden. Andrina, die Hobbydetektivin der ersten sieben Romane, hat sie für «Rüebliland» in der Schublade liegen lassen. «Sie passte nicht in die Situation», erklärt Haller. Stattdessen hat sie Samantha ins Leben gerufen. Samanthas zweiter Fall erscheint im Frühling 2020. Im Herbst 2020 ermittelt Andrina in Hallers zehntem Regional-Krimi.

Ina Haller Rüebliland, Emons Verlag, 256 Seiten