Aargauer Reisfeld ist bereit zur Ernte: Der Versuch soll in die zweite Runde gehen

(Bild: Hans Christof Wagner)
(Bild: Hans Christof Wagner)
(Bild: Hans Christof Wagner)
(Bild: Hans Christof Wagner)

Willi Hauenstein aus Rüfenach ist mit seinem Mähdrescher im Auftrag vieler Bauern unterwegs, um Mais zu ernten, Weizen oder Gerste. Aber Reis? «Das ist auch für mich eine Premiere», sagt er. Wobei die Konstrukteure seines Mähdreschers diese Eventualität sogar berücksichtigt haben. «Im Bordcomputer gibt es tatsächlich ein Programm für Reis», berichtet er.

So sind die 120 Aren am Wasserschloss, das grösste und nördlichste Reisanbauversuchsfeld der Schweiz, schnell abgeerntet. Wobei die schwere Maschine tiefe Reifenspuren im noch immer nassen Ackerboden hinterlässt. Schwarzgrau schimmern die Rillen im lehmigen Untergrund. «Wir haben das Wasser schon vor rund einem Monat abgelassen», erklärt Bereichsleiter Toni Suter vom Villiger Gemüsebauer Schwarz AG, der das Wagnis Reisanbau im Aargau in Zusammenarbeit mit Agroscope, der Forschungsanstalt des Bundes, eingegangen ist.

Das Wasser direkt aus der Aare geholt

Suter ist die Freude über die Ernte ins Gesicht geschrieben, kaum dass Hauensteins Mähdrescher seine körnige Fracht aus dem Innern in den bereitstehenden Traktoranhänger entlädt. «Das dürften zwischen vier und sechs Tonnen sein», schätzt er.

Die Körner werden jetzt in einer Mühle getrocknet. Bei etwa 14 Prozent Restfeuchtigkeit werden sie gespelzt, von den für Menschen unverdaulichen Hüllen getrennt. Am Ende stehen sie unter dem Label «Wasserschloss-Reis» in den Regalen des Schwarz-Hofladens zum Verkauf. Der allergrösste Teil der Ernte gehört zur Sorte Loto, einem Rundkornreis. Aber es sind auch rund 150 Kilogramm einer Langkornsorte darunter, wie man sie traditionell in Asien anbaut.

Dort ist auch das Nassanbauverfahren üblich, zu dem sich die Schwarz AG, nach vielen Jahren Erfahrung im Trockenanbau, 2018 entschlossen hat. «Das Wasser haben wir aus der direkt vorbeifliessenden Aare geholt», informiert Suter. Und obwohl sie sich schon eingeschränkt hatten, meinten sie es aus Angst, der Acker könne trockenfallen, immer noch ein bisschen zu gut mit dem Fluten – der lehmige Boden dichtete besser ab als erwartet.

Weil das auf dem Feld stehende Wasser Unkraut kaum eine Chance liess, konnten die Brugger Reispioniere auf die chemische Keule verzichten. Nur die Hühnerhirse wuchs trotzdem. Suter: «Wir haben sicher 150 Stunden gejätet, um sie wieder loszuwerden.» Zwischenzeitlich hatten sie auch mit Enten zu kämpfen. Wo sie im Versuchsfeld nach Futter suchten, klaffen noch heute Löcher bei den Reispflanzen.

Ökosystem auf Acker hat sich komplett verändert

Agroscope hatte vor allem die Frage beschäftigt, wie es gelingen kann, Ökonomie und Ökologie in der Landwirtschaft unter einen Hut zu bekommen – beim Reis und im Speziellen im Nassanbauverfahren. Die Ergebnisse stimmen beide Seiten enthusiastisch. «Mich hat es völlig überrascht, wie das Ökosystem auf dem Acker sich in wenigen Monaten komplett geändert hat», so Suter. Denn kaum war das Wasser da, bevölkerten Tausende von Wasser- und Laubfröschen die Fläche, summten Libellen über die Halme, suchten Vögel nach Nahrung.

Auch über die Vielfalt an Pflanzen, die sich bald niederliessen, freut sich Agroscope-Mitarbeiterin Anja Gramlich: «Dazu zählen die Eiköpfige Sumpfbinse, das schwarz-braune Zypergras und die stachelige Flechtbinse.» Ihr Fazit: «Aus Sicht der Biodiversität sind die Ergebnisse ein Traum.»

Beide Seiten sind sich einig: Der Reis-Versuch in Brugg soll in die zweite Runde gehen. «Wir haben in Runde eins viel gelernt und möchten nächstes Jahr fortfahren mit einem doppelt so grossen Reisfeld», sagt Suter. Er ist überzeugt: «Reis anzubauen ist ein Gewinn für die Schweizer Landwirtschaft.»