
Ab August fehlt in Richenthal jegliche Einkaufsmöglichkeit
Die Konservendosen stehen dicht an dicht am Rande des Regals, als hätten sie nach vorne gedrängt, um etwas Seltenes zu sehen. Ja, die Menschen, die den Dorfladen in Richenthal betreten, sind weniger geworden. So wenig, dass es sich für die Pächterin Agnes Ott seit zwei Monaten nicht mehr lohnt, ganztäglich die Tür zu öffnen. Ab August bleibt diese dann komplett geschlossen.
Agnes Ott hat den Mietvertrag gekündigt, den sie vor zwei Jahren unterzeichnet hat. «Mangels Kunden und Umsatz», sagt die Pfaffnauerin. «Die Alten sterben weg, die Jungen kommen nicht mehr.» Rund zwanzig Kundinnen und Kunden kommen pro Tag in den Laden. Donnerstagmorgen: Eine ältere Frau aus Richenthal betritt den Laden. Die Kundin kauft Brot und Milch ein. «Es ist einfach schade», sagt sie, während sie im Münzfach kramt, zu Agnes Ott. Nun müsse sie in Reiden einkaufen gehen, für Menschen, die auf den öV angewiesen seien, sei das mühselig.
Keine Post, kein Bancomat
Vor Agnes Ott betrieb Anette Kurmann während 15 Jahren den rund 70 Quadratmeter grossen Laden. Sie überreichte 2016 den Betrieb an Ott, um eine Ausbildung in der Pflege zu absolvieren.
Um halb 10 Uhr rollt ein Traktor an, ein pensionierter Landwirt betritt den Laden und kauft sich Eistee, Cervelat und Brot. «Es geht viel verloren», sagt er bezüglich der Schliessung des Dorfladens. Die drei reden über das Angebot in Richenthal: dass im Dorf nun neben Bancomat und Post auch eine Einkaufsmöglichkeit fehle. Früher habe es vier Läden in Richenthal gegeben. Auch der Gasthof Lamm nebenan habe nur noch wenig offen. Freitag und Samstag 17 bis 24 Uhr, heisst es auf der Website. Im gleichen Gebäude wie der Dorfladen befindet sich das Café Fleury, das ausser mittwochs noch jeden Tag offen hat. Der Bauer und die Frau packen ihre Taschen und verschwinden im Tageslicht.
Nachfolgelösung gesucht
Seit April arbeitet die 55-jährige Agnes Ott nebenbei an einem anderen Ort, um eine Aushilfe zu löhnen und Produkte für den Laden zu beziehen. Frische Produkte wie Gemüse und Brot kauft sie nach wie vor ein, bei anderen Produkten will sie den Restbestand aufbrauchen. Für eine Stammkundin sorgt sie aber, dass es bis zur Schliessung «Heliomalt» gibt. «Ich werde die Stammkunden vermissen», seufzt sie.
Agnes Ott probierte, den Laden zu retten: Sie wandte sich über den Liegenschaftsverwalter Markus Gilli aus Richenthal an den Eigentümer Robert Spiller aus Stansstad (NW) und bat um eine Mietreduktion, damit sie die Fixkosten reduzieren könnte. Sie erhielt jedoch eine Absage. Markus Gilli sucht indessen eine Nachfolgelösung. «Die Idee ist, dass wir den Dorfladen weiterbetreiben können», sagt Gilli auf Anfrage. Das Inventar bleibt bestehen. Bis dato hätten sich ein paar Interessenten bei ihm gemeldet, doch sei kein passender dabei gewesen. «Wir werden nicht aufgeben», sagt Gilli. Agnes Ott indessen gibt ihren Traum der Selbstständigkeit vorerst auf.