
Amtliche Publikationen: Ein beträchtlicher Personenkreis wird künftig ignoriert
Ich muss damit rechnen, dass ich der Illoyalität gegenüber dem Stadtrat bezichtigt werde. Weil ich mich aber schon in meinem Berufsleben für ausgewogene Entscheide eingesetzt habe, erlaube ich mir trotzdem diesen Leserbrief.
Mit diesem Entscheid schliesst der Stadtrat all diejenigen Personen von diesen Informationen aus, die weder über ein internetfähiges Smartphone noch über einen Internetanschluss verfügen. Er kann ja kaum davon ausgehen, dass diese Interessierten täglich – eventuell sogar mit Rollator oder Gehhilfen – bei den Anschlagkästen vorbeigehen, um sich zu informieren. In seinem Informationsschreiben, das in die Briefkästen verteilt wurde, schreibt der Stadtrat, diese Neuregelung sei vom Einwohnerrat beschlossen worden. Tatsache ist aber, dass der Einwohnerrat bei der Budgetberatung die Posten für Amtliche Publikationen um 80 Prozent reduziert hat. Zweifellos auch in Anbetracht von Sparbemühungen kein weiser Entscheid! Die Art der Umsetzung ist aber vom Stadtrat zu verantworten. Sehr oft werden die Stimmabstinenz und das mangelnde Interesse am öffentlichen Leben bemängelt. Ich wage zu behaupten, dass mit dem Ausschluss der «Internetlosen» vor allem Personen betroffen sind, die sich noch wirklich für das öffentliche Leben in unserer Stadt interessiert haben. Der Stadtrat wird argumentieren, mit dem «Zofinger Tagblatt» würden auch nicht alle Interessierten erreicht. Das ist richtig. Aber immerhin sind es deutlich mehr Personen als mit der Neuregelung. Ein ausgewogenes Konzept für die Amtlichen Publikationen könnte neben der elektronischen Veröffentlichung auf der städtischen Internetseite (massgebend für den Fristenlauf) auch eine solche im «Wiggertaler», der als Wochenzeitung in alle Briefkästen verteilt wird, vorsehen. Es ist davon auszugehen, dass die Kosten etwas über den vom Einwohnerrat beschlossenen Beträgen liegen würden. Das Interesse, Amtliche Publikationen möglichst allen Einwohnerinnen und Einwohnern zugänglich zu machen, ist aber höher zu gewichten. Stadtrat und Einwohnerrat werden wohl zum Ausgleich sinnvolleres Sparpotenzial finden. Der Stadtrat tut gut daran, sein «Konzept» der Amtlichen Publikationen zu überdenken und anzupassen.
Arthur Senn, pens. Stadtschreiber, Zofingen