Archäologie: Reiden galt als strategisch attraktiv

Studierende der Universität Bern präparieren und dokumentiereneine Grabungsfläche auf dem Brättschällenberg.
Studierende der Universität Bern präparieren und dokumentiereneine Grabungsfläche auf dem Brättschällenberg.

Mitten im Wald des «Brättschällenbergs» im Westen Reidens liegt eine markante Sandsteinformation, die seit langer Zeit als Burgstelle gedeutet wird. Bis heute ist jedoch nicht klar, ob dort tatsächlich eine Burg gestanden hat. Diese mutmassliche Burgstelle war in den vergangen Jahren Anlass für mehrere Begehungen. Dabei gab es zahlreiche Funde. 

Nun ist der Brättschällenberg erstmals auf dem kantonalen Fundstelleninventar gelistet, da der Bestand von Reiden kürzlich überarbeitet wurde, wie die Gemeinde im «Reiden Magazin» mitteilte. Das rund fünf Hektaren grosse Gelände könnte damit weiter an historischer Bedeutung gewinnen. «Auf die Liste kommen nur Stellen, wo erwiesenermassen relevante, archäologische Hinterlassenschaften vorhanden sind», sagt Angela Bucher auf Anfrage. Bucher ist Leiterin archäologische Inventare und Planungen beim Kanton. Die Funde auf dem Brättschällenberg decken eine Zeitspanne zwischen der Jungsteinzeit (zirka 5500 v. Chr.) bis ins Mittelalter (1500 n. Chr.) ab. Dabei gibt es zeitliche Konzentrationen, zum Beispiel aus der späten Eisenzeit und der Römerzeit. «Das ist eine der spannendsten Fundstellen im Kanton Luzern, weil sie so viele Epochen abdeckt», sagt die Archäologin. 

Vermutlich ein wichtiger strategischer Ort 

Die vielen Funde weisen eindeutig darauf hin, dass der Brättschällenberg über sehr lange Zeit ein wichtiger strategischer Ort und damit sicher auch besiedelt war, schreibt die Luzerner Kantonsarchäologie in ihrer Begründung für die Aufnahme ins Inventar. Das Gebiet sei grösstenteils durch steile Abhänge begrenzt, wodurch eine natürlich gut geschützte Lage gegeben sei. «Wer hier das Sagen hatte, beherrschte auch den Verkehr Richtung Süden und Norden.» 

Mehr archäologische Relevanz erhielt der Brättschällenberg auch durch das Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Bern. Gemäss «Dorfmuseum Langnau-Mehlsecken-Reiden» führte das Institut 2014 eine erste Lehrgrabung durch. Diese bestätigte, dass trotz der Schäden durch Erosion und illegale Schürfungen mit gut erhaltenen Befunden zu rechnen ist. Die Studierenden legten unter anderem eine Steinpflästerung frei, die zu einem Haus aus der frühen Eisenzeit gehört. In der Praxis hat die Inventarisierung des Brättschällenberges folgende Bedeutung: Möchte jemand auf den Parzellen der inventarisierten Zone bauen, landen die Baugesuche zuerst automatisch auf dem Tisch der Kantonsarchäologie. «Das erleichtert uns den Arbeitsablauf», sagt Bucher. Die Kantonsarchäologie kann anschliessend – wie vor jedem baulichen Bodeneingriff – archäologische Untersuchungen vornehmen. «Wir wollen damit nicht Bauten verhindern, sondern lediglich die Stellen vor ihrer Zerstörung dokumentieren», betont die Archäologin. 

Insgesamt acht gelistete Stellen in Reiden 

Auf Reider Gemeindegebiet hat die Kantonsarchäologie neu acht Standorte gelistet. Inventarisiert sind «Stumpen», «Höchflue», «Löli», «Kommendehügel und Pfarrkirche», «Pfarrkirche St. Cäcilia» und «Schlosshubel». Neu hinzu kam neben dem Brättschällenberg auch die «alte Pfarrkirche Langnau». Der Brättschällenberg ist mit Abstand die grösste gelistete Stelle in Reiden.