Aus Selbstschutz keine Schnelltests mehr im Angebot: Die Aargauer Apotheken sind am Anschlag

Am Wochenende standen die Aargauerinnen und Aargauer nicht nur im eigenen Kanton vor den Apotheken Schlange, um sich auf das Coronavirus testen zu lassen. Sie taten das auch im Kanton Zürich. Wie der «Tages-Anzeiger» berichtete, hat eine Apothekerin einen regelrechten Test-Tourismus aus dem Aargau festgestellt. Dabei sind die Zürcher Kapazitäten auch so am Anschlag.

Genau wie jene im Aargau. Lukas Korner, Präsident des Aargauer Apothekerverbands, hat mit seinem Team letzte Woche in seiner Apotheke in Gränichen teilweise 200 Tests pro Tag durchgeführt. Nachgefragt wurde das Doppelte, wie er sagt. Und auch Korner weiss um den Test-Tourismus, diesen gebe es allerdings auf alle Seiten.

Alle wollen sich testen

An Spitälern, in Arztpraxen und Apotheken kann man sich testen lassen, und das wollen jetzt, in der Sommerferienzeit, offenbar sehr viele tun. Für die Einreise in andere Länder braucht man in der Regel einen Nachweis dafür, geimpft, genesen oder negativ getestet zu sein. Bei Letzterem reicht derzeit für viele Destinationen ein Antigen-Schnelltest aus, bei weiten Reisen ist oft ein PCR-Test nötig. Die negativen Resultate dürfen je nach Destination nicht älter als ein paar Tage sein. Darum ist der Ansturm jetzt so gross. Lukas Korner sagt:

Lukas Korner-Wyss, Präsident des Aargauer Apothekerverbands.

Lukas Korner-Wyss, Präsident des Aargauer Apothekerverbands.

Michael Küng
«Wir haben aber die Kapazitäten nicht, uns fehlt das Personal, um das zu stemmen»

Besonders gefragt sind die Antigen-Schnelltests, sie sind für die Testwilligen gratis, der Bund übernimmt die Kosten. Allerdings hat er per Juli diesen Tarif von 54.50 auf 47 Franken gesenkt – wer die Tests anbietet, wird also schlechter vergütet.

Personal fehlt, Schnelltests nicht mehr im Angebot

Da in der Apotheke von Lukas Korner auch noch viele Personen geimpft werden, kann er inzwischen keine Tests mehr anbieten, wie er sagt.

«Dafür fehlt uns das Personal.»

Weitere Mitarbeitende einzustellen, wäre wiederum mit Kosten verbunden, doch dafür müssten die Versorger eine Planungssicherheit haben, so Korner, diese fehle derzeit aber weitgehend. Die PCR-Tests kann man in seiner Apotheke nach wie vor durchführen lassen. Sie kosten die Testwilligen 160 Franken. Das werde jeweils anstandslos ­bezahlt, so Korner.

Die Kunden werden unfreundlich – da vergeht der Spass

Eine Veränderung stellt er aber im Kundenverhalten für die Antigen-Schnelltests fest. «An Weihnachten, als wir auch viel getestet haben, waren die Leute anständig, und wir haben gerne mitgeholfen. Das ist heute anders.» Die Ungeduld sei gross, die verbalen Attacken haben sich gehäuft, Mitarbeitende seien schon zum Weinen gebracht worden. «Die Leute haben ihre Ferien gebucht und brauchen den negativen Test. Der Frust darüber, kaum einen zu bekommen, ist verständlich», so Korner. Freude mache die Arbeit bei dieser Stimmung aber nicht mehr. «Wir erleben eine Pandemie, die Apotheken haben auch sonst viel mehr zu tragen als in normalen Zeiten. Aber auch unsere Mitarbeitenden brauchen einmal Ferien.» Also müsse man Abstriche machen – einer ist, die kostenlosen Tests nicht mehr anzubieten.

Die Apotheken sind überlastet. Deshalb bieten sie im Aargau jetzt keine gratis Schnelltests mehr an.

Die Apotheken sind überlastet. Deshalb bieten sie im Aargau jetzt keine gratis Schnelltests mehr an.

Symbolbild: Keystone

Personen mit Symptomen könnten untergehen

Es erschliesse sich ihm sowieso nicht, so Korner, warum für Ferien oder Festivals benötigte Tests gratis sind:

«Es geht ums Vergnügen, und dafür kommen die Steuerzahler auf. Uns bleibt trotzdem nicht genug, um die Nachfrage zu befriedigen.»

Müssten die Testwilligen für den Test aber selber aufkommen, könnte der Apotheker den Preis so ansetzen, dass er beispielsweise zusätzliches Personal einstellen kann. «Das Ziel ist am Schluss, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Es wäre nicht gut, könnten sich beispielsweise Personen ohne Symp­tome nicht testen lassen, weil die Kapazitäten durch jene erschöpft sind, die in die Ferien wollen.» Für Korner ist klar, dass der Ball beim Bund liegt. Er sagt:

«Mich düpiert die Politik des Bundesamtes für Gesundheit.»

Der Kanton prüft Möglichkeiten

Der Aargauische Ärzteverband führt 20 Praxen auf, die im Aargau Tests anbieten, der Apothekerverband 26 Apotheken, dazu kommen acht Spitäler. Es ist deren Aufgabe, die Nachfrage zu befriedigen, die Verantwortung liegt bei den Leistungserbringern. Der Kanton selber führt, abgesehen von den repetitiven Tests etwa an Schulen, keine ­Covid-19-Tests durch. «Wir empfehlen allen Personen, die einen Test benötigen, sich frühzeitig um einen Termin zu bemühen», teilt das Gesundheitsdepartement (DGS) auf Anfrage mit.

Man solle sich rechtzeitig über die Möglichkeiten und Angebote, die es beispielsweise auch am Flughafen gibt, informieren. Beim DGS ist das Problem der mangelnden Testkapazitäten bekannt. Auch wenn die Planung und Umsetzung der Covid-Tests nicht in seiner Verantwortung liegen, so sei das DGS dennoch daran, Möglichkeiten zu prüfen.