Bestseller-Autorin Aeschbach: «Meine Offenheit wird geschätzt»

ZUR PERSON

Die Journalistin Silvia Aeschbach (58) schreibt unter anderem für den «Tages- Anzeiger» den Lifestyle-Blog «Von Kopf bis Fuss» sowie Kolumnen für die «Coopzeitung». Sie hat fünf Bestseller veröffentlicht. Das neuste Buch «Glück ist deine Entscheidung» ist gerade auf Platz 1 der Sachbuch-Charts gelandet. Silvia Aeschbach ist verheiratet und lebt in Zürich.

Wer ist Ihr Vorbild?

Silvia Aeschbach: Vorbilder habe ich in diesem Sinne nicht. Inspiriert hat mich jedoch meine Mutter. Sie ist 93 Jahre alt geworden und hat ihr Leben genossen, auch wenn es ihr nicht immer gut gegangen ist. Ich fand das sehr inspirierend. «Älterwerden für Anfängerinnen» setzt sich mit der Frage auseinander, wie Frauen mit dem Älterwerden umgehen in einer Gesellschaft, in der man sehr viel über Oberflächlichkeiten spricht, nicht aber über das, was eine Frau in ihrem Leben geleistet hat. Das neue Buch «Glück ist deine Entscheidung» porträtiert Menschen zwischen 80 und 100 Jahren. Da geht es weniger ums Älterwerden als um die Frage, wie man bis ins hohe Alter den Lebensmut behalten kann.

Was fasziniert Sie am Prozess des Älterwerdens?

Ich habe zwölf Frauen interviewt zwischen 43 und 70 Jahren, die mir erzählt haben, wie sie mit dem Thema Älterwerden in der heutigen Gesellschaft umgehen. Durch diese Lebensgeschichten, aber auch durch meine eigene Lebensgeschichte, mein Älterwerden, kristallisieren sich einige Dinge heraus: Wer älter wird, kennt sich besser, lässt nicht mehr alles mit sich machen, weiss, wer er ist, wird toleranter und sieht nicht immer alles schwarz-weiss. Insofern ist «Älterwerden für Anfängerinnen» ein Mutbuch.

Altern Männer und Frauen unterschiedlich? War es darum nötig, auch das Buch «Älterwerden für Anfänger» zu schreiben?

Ja, Männer und Frauen stehen anders zu diesem Thema. Bei den Frauen war die Protagonisten-Suche viel einfacher. Die Frauen hatten im Gespräch keine Angst, Niederlagen oder vermeintliche Blössen einzugestehen. Den Männern jedoch war es wichtig, dass sie keinerlei Schwächen zugeben mussten. Nach mehreren Gesprächen mit den Männern haben sie dann doch noch Vertrauen gefasst. Ich habe doch einiges erfahren, wie Männer mit dem Altern umgehen.

Dabei sagt man doch immer, dass Männer besser altern als Frauen.

Das ist die gesellschaftliche Sicht auf die Männer und hat damit zu tun, dass ein Mann Mitte 50, der einigermassen gut aussieht und einen guten Job hat, schnell ein guter Fang ist. Wenn eine Frau in diesem Alter einen jüngeren Freund hat, oder in den Wechseljahren etwas zunimmt, dann hat sie sich nicht im Griff oder sie braucht jemand Jüngeren, der einen Mutterkomplex hat. Was aber sicher anders ist bei Männer und Frauen, ist der eigene Umgang mit dem Älterwerden, den körperlichen Veränderungen. Frauen werden durch ihre hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren, bei Geburt oder in der Pubertät immer wieder auf den eigenen Körper zurückgeworfen. Männer hingegen verdrängen das Älterwerden gerne und anstatt bei Beschwerden zum Arzt zu gehen, kaufen sie sich eine neue Harley.

Können Sie selbst mit dem Älterwerden gut umgehen?

Meine Mutter sah ja sehr lange sehr gut und sehr jung aus. Sie hat mir sehr gute Gene mitgegeben. Ich habe mir daher wirklich nie gross Gedanken ums Älterwerden gemacht. Andererseits habe ich in meinem Beruf, im Journalismus, schon gemerkt, dass die Erfahrung, das, was Ältere einbringen, oft weniger gefragt ist. Es geht immer mehr darum, dass man billigere, jüngere Journalistinnen und Journalisten anstellt. Das hat dazu geführt, dass ich angefangen habe, Bücher zu schreiben. Ich würde sogar sagen, dass dies der auslösende Moment war. Unter dem Strich würde ich sagen, ich glaube, ich gehe recht gut mit dem Älterwerden um. Heute fühle ich mich wohl in meiner Haut.

Im Buch verarbeiten Sie auch Eindrücke und Ereignisse aus Ihrem Leben. Hat sich alles so zugetragen, wie Sie es schreiben?

Ja, das sind alles eigene Erlebnisse. Was ich in den Blogs schreibe, auf tagesanzeiger.ch beispielsweise, das ist journalistische Arbeit und entspricht der Realität. Meine Kolumne in der «Coopzeitung» hingegen spitze ich manchmal etwas zu. Was meine Bücher betrifft: Da ist es wirklich so, wie es ist. Bevor ich Personen in meinen Geschichten erwähne oder Sachen erzähle, zeige ich die Texte den Betreffenden. Mir geht es nicht darum, jemanden zu entblössen. Ich habe gemerkt, dass ich gerne gelesen werde, weil ich ehrlich bin, weil ich Selbstironie habe und auch eine Prise Humor. Ich will zeigen: Ich bin eine von vielen Frauen. Anderen Frauen passieren ähnliche Dinge.

Es ist sicher auch eine Überwindung, so viel aus dem eigenen Leben preiszugeben. Sie erzählen von Beziehungen, von Lebensentscheidungen, von ihrer Fehlgeburt.

Ja, das ist sehr persönlich. Aber es soll kein Tabu sein. Mein erstes Buch «Leonardo Di Caprio trifft keine Schuld» hat sich mit meinen Panikattacken auseinandergesetzt. Darin beschreibe ich, wie ich das empfunden habe, gebe aber auch ganz konkrete Tipps oder gebe Gespräche mit Spezialisten wieder. Es ist eine Mischung zwischen selbst Erlebtem und Service. Ich will zeigen: Man muss sich nicht schämen. Ich habe mit dieser Offenheit bei meinen Kolumnen und Büchern nur gute Erfahrungen gemacht. Ich bekomme sehr viele Leser-Mails. Viele Frauen sagen, ich hätte ihre Gedanken erraten. Oder es ergehe ihnen ganz ähnlich.

Lesung mit Silvia Aeschbach in der Stadtbibliothek Aarburg am 21. März um 20 Uhr. Elke Müller liest aus Aeschbachs Büchern «Bye-bye, Traumfigur» und «Älterwerden für Anfängerinnen», Silvia Aeschbach erzählt von der Entstehungsgeschichte der Bücher.