Bonnie & the Groove Cats: So kommt man in die Schweizer Hitparade

Ein Plattenvertrag bei einem Major-Label? Das war noch vor nicht allzu langer Zeit das grosse Ziel jeder Band und von jedem halbwegs ehrgeizigen Pop- und Rock-Musiker. Die Labels waren die Türöffner für Radios und Zeitungen, die Königsmacher in der Branche und Wegbereiter in die Hitparade. Wer sich keinen der lukrativen Verträge ergattern konnte, hatte keine Chance. Und heute? Das Internet hat die Gesetze des Musikmarkts arg durcheinander geschüttelt und ausser Kraft gesetzt. Nichts ist, wie es mal war. Mit dem Verkauf von Tonträgern kann zwar, vor allem im kleinen Markt Schweiz, kaum mehr Geld verdient werden, doch das Netz ermöglicht für ambitionierte Bands andere Wege und Chancen.

Do-It-Yourself! Alles selber machen!

Wie zum Beispiel für die aargauisch-solothurnische Band Bonnie & the Groove Cats. Die vor fünf Jahren gegründete Band um Sängerin Bonnie und Bandleader Ueli Hofstetter hat weder Plattenvertrag, noch steht sie in Radio-Playlisten. Dafür hat die Band schon über 200 Konzerte in der Schweiz sowie Ausland-Tourneen in Italien, Deutschland und Tschechien absolviert und drei Alben aufgenommen. Und jetzt folgte der Coup: Im Juni sind Bonnie & the Groove Cats mit der EP «The Gap I» in der Schweizer Album-Hitparade gelandet. Auf dem tollen 5. Platz. Zum Vergleich: Sänger Marc Sway, bekannt von Funk und Fernsehen sowie unter Vertrag beim Majorlabel Sony Music Switzerland, erreichte mit seinem neuen Album nur Platz 8.

 

Wie haben Bonnie & the Groove Cats das bloss geschafft? Das Rezept: Do-It-Yourself! Alles selber machen! Bonnie & the Groove Cats nennen ihre Musik Vintage Soul & Roll. Sie komponieren, interpretieren ihre Songs nicht nur selbst, sie produzieren sie auch und führen Regie bei den Aufnahmen. Darüber hinaus haben sie auch gleich all jene Aufgaben übernommen, die eigentlich ins Pflichtfach von Label, Management und Promotion gehören. «Das garantiert uns ein Höchstmass an Eigenständigkeit und Unabhängigkeit. Wir müssen uns nicht nach den Wünschen eines Labels richten. Wir sind nur uns verantwortlich», sagt Ueli Hofstetter.

Gefragt ist heute vor allem Eigeninitiative

 

Neben den Kenntnissen über die Abläufe und Möglichkeiten in der Branche sind heute vor allem Eigeninitiative gefragt. Hofstetter hat zu diesem Zweck ein eigenes Label gegründet: Groove Cats Records. Es ist der erste Schritt in die Unabhängigkeit und Voraussetzung für den digitalen und physischen Vertrieb. Bei Bonnie & the Groove Cats hat den digitalen Vertriebe Irascible übernommen. «Es ist wichtig, dass man heute als Band alle Kanäle nutzt», sagt Hofstetter. Also den digitalen Vertrieb über itunes, igroove, Play Google, amazon, Streaming-Plattformen wie Spotify und Apple Music, youtube, Band-Plattformen wie Bandcamp und mx3 sowie soziale Medien. Alles muss bespielt, alles muss bewirtschaftet werden.

Eine attraktive Möglichkeit für Bands besteht in der Schweiz beim physischen Vertrieb: Bands und Musiker können für ihre CDs Vorverkaufslisten erstellen und sie bei Cede.ch abgeben. Der grösste Schweizer Online-Laden verschickt dann per Veröffentlichungs-Datum die CDs samt Rechnung an die auf den Listen angegebenen Adressen und macht das Inkasso. Interessant sind diese Listen auch deshalb, weil sie bei der Auswertung der Schweizer Hitparade mitgezählt werden. Auf diese Weise haben Bonnie & the Groove Cats mehrere hundert CDs in ihrem Umfeld verkauft und im Juni den beachtlichen 5. Platz der Album-Charts erreicht. Wie in jedem anderen Geschäft auch, trägt also das Networking und die Fähigkeit, Leute zu mobilisieren zum Erfolg bei.

Die Platzierung in der Schweizer Hitparade hat die Wirkung bei Bonnie & the Groove Cats nicht verfehlt. Ein halbes Dutzend Radios und ein Privat-Fernsehen sind auf Bonnie & the Groove aufmerksam geworden, haben Songs gespielt oder haben die Band zum Interview ins Studio eingeladen. Bei den «Sunshine Swiss Charts» von Radio Sunshine erreichte der Song «R`N`R Queen» Platz 1. Und zuletzt schaffte die Band sogar den Sprung ins Ausland. «R’n›R-Queen» hat in England und Schottland einiges Airplay erhalten und war letzte Woche sogar auf Platz 2 der britischen «Radio Indie Alliance» Top 10.

Aber auch auf der finanziellen Seite hat das «Do-It-Yourself»-Modell nur Vorteile. Denn die Zeiten, als Plattenfirmen die Kosten von Album-Produktionen für Bands übernahmen, sind längst vorbei. Im besten Fall werden heute die Aufnahmen vorfinanziert und die Bands müssen die Kosten über den Verkauf der CDs abstottern. Ein mühsames Unterfangen: Denn die Plattenfirma verdient auch beim CD-Verkauf kräftig mit, sodass den Bands kaum etwas anderes bleibt als die Verschuldung. Die Abgaben an die digitalen und physischen Vertreiber sind dagegen weit geringer. Die Aufnahme-Kosten sind viel schneller refinanziert.

Eine Serie von EPs statt eine CD

Und was ist das Ziel? «Wir hoffen, dass eine potente, international tätige Booking-Agentur sich unserer Band annimmt und uns Kontakte im Ausland vermittelt», sagt Hofstetter. Tatsächlich ist das das Einzige, was eine ambitionierte Schweizer Band heute nicht selber managen kann. «Wir sind eine Live-Band», sagt Hofstetter, «wir wollen spielen, spielen spielen».