
Brot und Spiele
Schon Julius Caesar versuchte sich die Wählerstimmen der Plebs (der Armen) durch verbilligtes Getreide und Gladiatorenspiele zu sichern. Verbilligtes Brot brauchen wir heute im üppig ausgebauten Sozialstaat nicht mehr, wohl aber Spiele! Anders ist nicht zu erklären, weshalb die oberste Exekutive im Land und gestandene Politiker den Schalmaienklängen der Sportlobbyisten erliegen und die (Fussball-)Stadien bald wieder mit über tausend Zuschauern füllen möchten. Überträgt ein HIV-Träger wissentlich seine Krankheit auf einen Lover, dann gilt dies als schwere Körperverletzung. Bei Massenveranstaltungen ist im Corona-verseuchten Land ein erhöhtes Ansteckungsrisiko nicht nur wahrscheinlich, sondern sicher! Eine wissentliche Ansteckung also! Aber eben, Man(n) und Frau wollen es mit den sportbegeisterten Wählern nicht verteufeln und möchten (wieder-)gewählt werden.
Und dann wäre da noch die fadenscheinige, selbstdeklarierte Verantwortung der Veranstalter. Ja, wofür denn eigentlich? Für die pflichtschuldigst eingereichten Sicherheitskonzepte, deren Einhaltung ohnehin absolut individuell sind, sofern sie nicht stückweise durch massive Hardware (Sitzplatzanordnungen etc.) untermauert sind. Als Fazit bleibt tatsächlich nur die individuelle, respektvolle Selbstverantwortung des Einzelnen der Gesellschaft gegenüber. In Analogie etwa zum Zitat «Stell dir vor, es wäre Krieg und keiner geht hin» müsste man angesichts der topaktuellen Ausgangslage wohl sagen: «Stell dir vor, es gäbe Grossveranstaltungen und keiner geht hin.» Das Problem wäre ökonomisch im Nu und ohne politische Wendehälse oder exekutive Verrenkungen gelöst. Apropos Wendehälse: Ein prototypisches Beispiel erleben wir eben beim Mister Corona, alias Daniel Koch. Angesichts der massiv steigenden Ansteckungszahlen organisiert sich der Pensionär gerade ein Renten-Zuverdienst indem er den SCB darüber berät, wie man den stadtbernischen Eistempel im Wankdorf wieder mit zahlenden Gästen vollpacken könnte.
Rudolf Fankhauser, Rothrist