
Bundesrätin Sommaruga zur Coronadebatte: «Man darf die Spaltung der Schweiz nicht herbeireden»
Nachdem das Swiss Media Forum letztes Jahr virtuell durchgeführt worden war, startete das Gipfeltreffen der Medien- und Kommunikationsbranche am Mittwochabend wieder physisch – im KKL in Luzern. Bundesrätin Simonetta Sommaruga verteidigte das Mediengesetz, gegen welches das Referendum ergriffen wurde, und sagte an die Adresse der Medienvertreter: «Sie wissen, was auf dem Spiel steht.» Es gehe um die Medienvielfalt und darum, die Unabhängigkeit des Journalismus zu erhalten.
Auf die Frage, ob sie einen Plan B habe, falls das Gesetz scheitere, antwortete Sommaruga, so schnell würde dann nicht wieder eine neue Vorlage kommen. Und deutete damit an, dass die Medienförderung bei einem Nein auf längere Zeit blockiert wäre.
Bei ihrer Eröffnungsrede legte Sommaruga den Fokus auf die sogenannte Plattformisierung der Branche. Immer mehr Menschen würden sich nicht via Zeitungen oder auf den Webseiten der Medienhäuser informieren, sondern via Plattformen wie Facebook. Das habe die Spielregeln der Branche gewaltig verändert, sagte die Medienministerin: «Die Leute vergessen, wer eigentlich für die Artikel verantwortlich ist und wem sie eine Recherche verdanken.»
Wächterrolle der Medien geschwächt
Die Medienministerin kritisierte die vermeintliche Neutralität der Techgiganten Google, Apple, Facebook und Amazon. «Plattformen kommen neutral daher. Sie sind es aber nicht.» Wenige US-amerikanische und chinesische Firmen würden darüber bestimmen, welche Inhalte den Schweizer Nutzern gezeigt werden. Somit prägten die Plattformen die Wahrnehmung der Menschen.
Sommaruga bemängelte, dass die Plattformisierung die Wächterrolle der Medien geschwächt habe. Die politischen Entscheidungsträger müssten heutzutage nicht mehr zwingend über die traditionellen Medien gehen, wenn sie die Bevölkerung erreichen wollen. Dadurch würden ihre Botschaften aber weniger eingeordnet und überprüft.
Vor den Medienschaffenden brach die Bundesrätin eine Lanze für die einheimische Branche: «Grosse, international ausgerichtete Internetkonzerne können die lokalen Medien nicht ersetzen.» Nur wo Medien vor Ort seien, wisse die Bevölkerung, was in der Region laufe.
Der Elefant im Raum
Die Plattformisierung könnten nach Ansicht von Sommaruga weder der Bundesrat noch die Journalisten aufhalten. Aber man könne Voraussetzungen für einen «starken und geeinten Medienplatz Schweiz» schaffen. Das Medienpaket, das voraussichtlich 2022 an die Urne kommt, bezeichnete Sommaruga als «Elefanten im Raum». «Bei einem Ja kann die Bevölkerung in allen Landesteilen weiterhin auf eine vielfältige und unabhängige Berichterstattung zählen», sagte die Medienministerin.
In der Fragerunde vor den rund 250 Teilnehmerinnnen und Teilnehmern des Kongresses sprach Simonetta Sommaruga auch über die gereizte Stimmung in der Schweiz. Auch in Coronazeiten ist die Schweiz ihrer Ansicht nach nicht gespalten. «Ich wehre mich dabei, diese Spaltung herbeizureden», sagte sie. Das solle man nicht tun. Die Bundesrätin hält den Dialog für wichtig, und die Medien spielten eine wichtige Rolle. Die Landesregierung nehme alle Meinungen war – nicht nur diejenigen, die am lautesten geäussert würden.
Zu ihrem eigenen Medienkonsum sagte Sommaruga, sie lese vieles digital, aber auch auf Papier – am Wochenende informierte sie sich am liebsten über Print-Zeitungen.
Das Swiss Media Forum geht am Donnerstag weiter, unter anderen mit dem Auftritt der Chefs der grossen Medienhäuser CH Media, NZZ-Gruppe, Ringier, SRG und Tamedia.