Bye-bye, Switzerland: Das WEF hat zwei Bundesräte über möglichen Abzug nach Singapur informiert

Es ist jener Bundesratstermin im Jahr, der international am meisten Beachtung findet: Am Weltwirtschaftsforum WEF eröffnet traditionsgemäss der Schweizer Bundespräsident den Kongress – vor versammelter Weltelite aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Es ist auch jener Termin im Jahr, wo sich zeigt, welcher Bundesrat wie gut Englisch spricht…

Im Januar 2020 – kurz bevor sich das Coronavirus um den ganzen Erdball ausbreitete – hielt Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga eine engagierte Rede, in der sie indirekt, ohne seinen Namen zu nennen, den WEF-Stargast Donald Trump kritisierte.

Am WEF im vergangenen Januar: Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga mit US-Präsident Donald Trump. Rechts die Bundesräte Ignazio Cassis, Ueli Maurer und Guy Parmelin.

Am WEF im vergangenen Januar: Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga mit US-Präsident Donald Trump. Rechts die Bundesräte Ignazio Cassis, Ueli Maurer und Guy Parmelin. © Alessandro Della Valle / KEYSTONE

Am 18. oder 19. Mai 2021 hätte eigentlich Guy Parmelin (SVP) die Eröffnungsrede am WEF in der Zentralschweiz halten sollen. So war es vorgesehen. Parmelin dürfte in der Wintersession die Wahl zum Bundespräsidenten mühelos schaffen und wäre dann turnusgemäss der Eröffnungsredner am Jahreskongress.

Doch nun scheint höchst fraglich, ob das WEF in der Schweiz stattfinden. Wegen der epidemiologisch «schwierigen Lage in der Schweiz», wie es WEF-Gründer Klaus Schwab in der «Schweiz am Wochenende» formulierte, sucht die Organisation Alternativen im Ausland, die als relativ coronasicher gelten.

Im Vordergrund steht Singapur. Der Stadtstaat verfolgt eine restriktive Coronapolitik und hat die Infektionskurve unter Kontrolle. Schwab verhandelte jüngst mit Singapur über die Details der Durchführung, wie Recherchen von CH Media ergaben.

Grosse Enttäuschung in Bern und bei Privatbankiers

Der designierte Bundespräsident Guy Parmelin sowie Aussenminister Ignazio Cassis (FDP) sind vom WEF darüber vorinformiert worden, dass das Jahrestreffen höchstwahrscheinlich doch nicht in der Zentralschweiz durchgeführt wird. Im Umfeld der beiden Minister ist man enttäuscht über die Aussicht, das prestigeträchtige WEF ans Ausland zu verlieren.

Grosse Bühne: Simonetta Sommaruga mit Prinz Charles im vergangenen Januar.

Grosse Bühne: Simonetta Sommaruga mit Prinz Charles im vergangenen Januar. © Gian Ehrenzeller / KEYSTONE

Ärger hat der vorübergehende Abzug aus der Schweiz auch in Kreisen des Finanzplatzes ausgelöst, insbesondere bei Privatbankiers in Genf und Zürich. Ausgerechnet Singapur! Der kleine Staat ist zur Hauptkonkurrenz des Schweizer Finanzplatzes aufgestiegen. Seit dem Ende des Bankgeheimnisses in der Schweiz hat der Geldzufluss nach Singapur noch deutlich zugenommen. Auch die Schweizer Banken CS, UBS und Julius Bär haben ihre Präsenz in Singapur ausgebaut.

2022 wieder in Davos

Nicht vorinformiert wurden bis gestern Abend die Luzerner und Nidwaldner Kantonsregierung. Sie erfuhren aus der Berichterstattung dieser Zeitung von den Verlegungsplänen. In der Zentralschweiz hofft man, dass es mit der Abschwächung der Infektionskurve in der Schweiz in den kommenden Tagen vielleicht doch noch eine Chance gibt, den Anlass durchführen zu können.

Eine gute Nachricht aber gibt es für die Schweiz: Gemäss Informationen von CH Media soll das übernächste WEF, der Jahreskongress 2022, definitiv wieder in Davos stattfinden.