
«Care-Party»: Ohne Frauenpower geht gar nichts
NACHGEFRAGT
«Wir wollen darauf aufmerksam machen, was Frauen tagtäglich leisten»
Marie-Theres Knüsel, was verstehen Sie unter Sorgearbeit?
Marie-Theres Knüsel: Darunter verstehe ich die unentgeltliche Betreuungsarbeit, wie ein Baby wickeln, trösten und pflegen. Später dann, wenn das Kind heranwächst, zuhören, bei den Hausaufgaben helfen und nebenbei die nötige Haushaltsarbeit erledigen. Darüber hinaus zähle ich auch die Nachbarschaftshilfe und die Vereinsarbeit zur Sorgearbeit.
Was soll die Care-Party bezwecken?
Wir von der Frauengemeinschaft Dagmersellen wollen darauf aufmerksam machen, was Frauen tagtäglich unentgeltlich leisten. Es ist nicht selbstverständlich und wird oft unterschätzt. Die Frauengemeinschaft will allen Frauen für die unbezahlte Sorgearbeit mit der Care-Party danken.
Wie sind Sie auf das Thema Sorgearbeit (Care in Englisch) gestossen?
Der Schweizerische Katholische Frauenbund fordert uns auf, im Rahmen des Impulses «make up» diese unentgeltlich erbrachten Leistungen der Frauen ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, sie als Care-Arbeit sichtbar zu machen. Die Frauengemeinschaften Dagmersellen und Uffikon-Buchs platzieren deshalb ihre Gedanken zum Thema dieses Jahr in der Dorfpresse und im Pfarreiblatt.
Das Thema «Care» runden wir an der Party mit einem Referat zur unbezahlten Care-Arbeit durch Regula Ott, Ethikbeauftragte vom SKF, ab. Sie wird einige wichtige Inputs zum Thema liefern.
Wie viele Stunden unbezahlte Sorgearbeit sind im vergangenen Jahr von der Frauengemeinschaft Dagmersellen in etwa geleistet worden?
Es ist zwar nicht repräsentativ, aber wir haben an der letzten GV im Januar eine Momentaufnahme gemacht. Die 88 Frauen brachten es auf insgesamt 49 779 Minuten Care-Arbeit. Das macht für jede Frau gut neun Stunden pro Tag. Dabei gilt es zu erwähnen, dass viele junge Hausfrauen und Mütter in der Dagmerseller Frauengemeinschaft mit von der Partie sind. (KAE)
Im Haushalt, in der Kinderbetreuung oder der Pflege: Frauen leisten den Grossteil der unbezahlten Arbeit. Die Frauengemeinschaft wollte mit ihrer Care-Party aufzeigen, wie wichtig die unentgeltliche Arbeit ist, auch für das Funktionieren der Gesellschaft.
Freitagabend vor Muttertag: Viele Frauen finden den Weg nach Dagmersellen in die Arche. Es sind ganz unterschiedliche Frauen, die aber eines gemeinsam haben. Sie sind gut gelaunt und freuen sich auf ihre Party. Kein Wunder, denn die Frauen — junge und ältere — haben einen Abend für sich reserviert und wollen es sich dabei gut gehen lassen. Schliesslich gehören sie zu jenen Frauen, die jahrein und jahraus unentgeltlich arbeiten, damit das gesellschaftliche Leben funktioniert.
Die rund 90 Frauen gruppieren sich um die Bistro-Tischchen im Saal oder lassen sich gemütlich auf den Sofas nieder. Bei einem Apéro betreiben sie Small-Talk oder vertiefen sich in relevante Themen. Ihre Stimmung ist aufgeräumt.
Dann lässt Regula Ott, Ethikbeauftragte beim Schweizerischen Katholischen Frauenbund (SKF) und Gastreferentin des Abends, den bekannten Schlager «Das bisschen Haushalt macht sich von allein, sagt mein Mann …» einspielen. Dass dieses Stück von 1977 auch heute noch so bekannt ist, liegt wohl auch daran, dass das Klischee von der im Haushalt tätigen Frau auch heute noch seine Gültigkeit hat — wenn auch in einem bedeutend geringeren Mass als noch in den 70er-Jahren. So sind es mit über 60 Prozent auch heute vorwiegend die Frauen, die in der Schweiz die unbezahlte «Care», also Sorgearbeit, leisten. Und dazu gehört eben nicht zuletzt auch die Haushaltarbeit.
Regula Ott geht es aber nicht darum, dieses Verhältnis auf den Kopf zu stellen. Wichtiger ist es ihr, dass diese unbezahlte Care-Arbeit in der Öffentlichkeit sichtbarer wird.
Auf ihre Frage, was denn die Wünsche des Publikums seien, waren sich die Frauen grossmehrheitlich einig: Sie wünschen sich, dass ihre Arbeit noch mehr anerkannt und wertgeschätzt wird.
Nicht ganz ohne Männer
Nun, dass eine stimmige Frauen-Party doch nicht ganz ohne Männer auskommt, bewies die A-cappella-Gruppe Ostinato aus dem luzernischen Seetal. Die sechs mannigfaltigen Männerstimmen nahmen die Frauen aufs Korn: manchmal schmeichelnd («Eine Frau ist nie alt, altern tun nur die Männer») oder dann bissig-ironisch («Frauen wollen wilde Tiere als Männer, wie ein galoppierender Hengst, nur um ihn in die Falle zu locken und zu domestizieren. Eigentlich wollen sie von Anfang an keinen Grizzlybären, sondern einen Schmuse-Teddybären»). Das illustre Sextett präsentierte die witzigen Liedtexte mit bewusst eingesetzter Mimik. Auffallend war auch, dass es das Publikum in seine Performance einbezog. Und so kam beste Stimmung im Saal auf. So erstaunt es nicht, dass die Frauen sich nach anderthalb Stunden nicht mehr halten konnten vor Lachen.