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Riskante Mission Aufstieg: Wie lange hält der FC Aarau im Super-League-Kleid durch?

Riskante Mission Aufstieg: Wie lange hält der FC Aarau im Super-League-Kleid durch?

Soeben flossen dank der erfolgreichen Kapitalerhöhung 800’000 Franken in die Klubkasse: Trotzdem ist der Druck gross, in dieser Saison den Sprung in die höchste Spielklasse zu realisieren. Sonst droht ein Teufelskreis.

Sebastian Wendel

Erst die Professionalisierung, dann der Aufstieg in die Super League: Der Plan von FCA-Präsident Philipp Bonorand.

Der Sportchef ein Bauer, der Chef des Hauptsponsors ein Freund des Präsidenten, der Geschäftsführer auf der Payroll der Firma des Präsidenten – jahrelang funktionierte der FC Aarau so. Alle wichtigen Positionen aus dem gleichen Klüngel besetzt. Das garantierte Nachhaltigkeit, aber verhinderte Modernisierung.

Das familiäre Flair ist auch Philipp Bonorand wichtig – «für mich ist es der Kitt zwischen Fans, Gönnern, Sponsoren, Mannschaft und Klubführung.». Als der 41-Jährige Besitzer eines Futtermittelherstellers im Sommer 2020 den Klubvorsitz von Vorgänger Alfred Schmid übernahm, lancierte der Klub eine Vision mit der Überschrift: «Der FC Aarau ist in der Super League etabliert.» Und so ein Ziel ist heutzutage, wo der Fussball mindestens so viel Business wie Sport ist, nicht mehr nur als Ansammlung von Freunden zu erreichen. Bonorand sagt: «Wir müssen an den Punkt kommen, an dem sich ein potenzieller Sponsor für ein Engagement bei uns entscheidet, weil es seiner Firma etwas bringt und er seinen Kunden via FC Aarau etwas bieten kann. Und nicht, weil er der Nachbar des Präsidenten ist.»

Cashback muss im nächsten Sommer erfolgen

Der grösste Schritt in die Moderne wird dereinst der Einzug ins neue Stadion sein (siehe Text unten), in dem VIP-Gäste in teuren Logen sitzen und Geld mit Events ausserhalb des Fussballs verdient werden kann. Doch weil die Vergangenheit gelehrt hat, dass punkto Stadion Prognosen eine kurze Lebensdauer haben, und weil man bis dahin nicht einfach Däumchen drehen kann und will, wird der Fortschritt auf gewohntem Terrain im Brügglifeld vorangetrieben.

Fortschritt kostet. Die Mannschaft ist nach diversen Vertragsverlängerungen und Übernahmen ausgeliehener Spieler in der aktuellen Saison deutlich teurer als in der vergangenen – dafür blieb das Kader trotz grossem Interesse an den Topspielern zusammen. Auch neben dem Platz hat der FC Aarau aufgerüstet: Der neue Geschäftsführer Roland Baumgartner (seit Anfang 2020) steht auf der Lohnliste des FCA, im Stadion hat man die Dreh- durch LED-Werbebanden ersetzt, der Staff der Profiabteilung wurde erweitert durch einen weiteren Co-Trainer und einen Chefscout, auf der Geschäftsstelle arbeitet neu Ex-Spieler Miguel Peralta als Initiator und Gesicht von Marketingaktionen, auf Wunsch von Trainer Stephan Keller wurden für alle Spieler hochwertige Velos für Regenerations-Einheiten angeschafft, in der Nachwuchsabteilung wurde eine Stelle geschaffen für den neuen administrativen Leiter Frédéric Page.

Topskorer Kevin Spadanuda ist trotz eines konkreten Angebotes aus Luzern beim FCA geblieben und hat seinen Vertrag verlängert – was natürlich die Klubkasse im Brügglifeld zusätzlich belastet.

Dazu kamen seit Anfang dieser Saison Charmeoffensiven in Form von Gruppeneinladungen an die Heimspiele oder exklusiven Merchandise-Angeboten (Gin, Gewürze) in Kooperation mit lokalen Unternehmen – mit dem Ziel, den FC Aarau wieder sichtbarer in Stadt und Region zu machen und mehr Leute ins Stadion zu locken. Gemäss Bonorand sind zudem Verbesserungen im Catering angedacht.

Sport, Strukturen, Visibilität – all das bewegt sich mittlerweile auf Super-League-Niveau. Und um das Niveau zu halten, gibt es nur eine Lösung: Der Aufstieg, so schnell wie möglich. In der Super League sind die TV-Gelder um ein Vielfaches höher, es kommen mehr Zuschauer ins Stadion und die Plattform ist dank medialer Omnipräsenz attraktiver für Sponsoren. Die Frage lautet also: Wie lange hält der FC Aarau im teuren Super-League-Kleid in der Challenge League durch? Bonorand sagt:

«Im Sommer 2022 sind wir zumindest teilweise auf einen Rückfluss der getätigten Investitionen angewiesen, ansonsten müssten wir wohl finanziell zurückbuchstabieren.»

Wohlgemerkt trotz der erfolgreichen Kapitalerhöhung, die 800’000 Franken in die Klubkasse gespült hat. Es müsse gemäss Bonorand zwar nicht unbedingt der Aufstieg sein, auch Transfereinnahmen seien eine Form von Cashback im FCA-Geschäftsmodell. Diese wird es bei einem Verpassen des Aufstiegs ziemlich sicher geben – Spieler wie Rrudhani, Spadanuda oder Bergsma haben keine Lust auf ein weiteres Jahr in der Challenge League. Doch ohne sie wäre in der Saison 2022/23 der Aufstieg wohl kein realistisches Ziel mehr.

Der Aufstieg ist nur die halbe Lösung

Heisst: Der Druck, in dieser Saison aufzusteigen, ist grösser als bisher angenommen. Steigt der FC Aarau in dieser Saison nicht auf, muss er entweder finanziell abspecken oder verliert seine besten Spieler. Und droht so in einen Teufelskreis zu geraten, dessen Ausweg nur durch die Tür in die Super League führt – und dieser Gang würde immer schwieriger.

Im Himmel wäre man indes auch dann nicht, denn: Solange die Super League aus zehn Klubs besteht, wird der FC Aarau dort immer ums sportliche Überleben kämpfen – und muss fest mit einem Wiederabstieg rechnen. Erst bei einer Erhöhung auf 12 oder 14 Teams darf im Brügglifeld zurecht der Anspruch auf Mitgliedschaft im Super-League-Inventar erhoben werden. Die Ligavergrösserung wird irgendwann kommen – in Aarau hofft man auf den frühestmöglichen Zeitpunkt, auf die Saison 2023/24. Übrigens: Heute wird ein neuer Ligapräsident gewählt, dessen Reformlust grossen Einfluss auf die Schnelle der Modusänderung haben wird.

Vor ziemlich genau zwei Jahren, am 24. November 2019, stimmte die Aarauer Bevölkerung über die «Teiländerung der Nutzungsplanung Stadion 2017» ab – sie ist die Grundlage dafür, dass im Torfeld Süd ein Stadion und vier Hochhäuser gebaut werden können. Die über 60 Prozent «Ja»-Stimmen waren ein klares Bekenntnis zum Stadion – doch gegangen ist abgesehen von Aufräumarbeiten in den vergangenen zwei Jahren nicht mehr viel auf dem Areal. Grund: Einige Anwohner reichten eine Beschwerde gegen die Nutzung der Gebäude rund um das Stadion ein, ursprünglich war statt Wohnungen ein Einkaufszentrum vorgesehen. Im Sommer 2021 wies das Aargauer Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, danach wurde sie ans Bundesgericht weitergezogen. Bis im Sommer 2022 wird der Entscheid erwartet. Im für die Stadionbefürworter positiven Fall können danach der Gestaltungsplan (beim Kanton) und parallel das Baugesuch eingereicht werden. Gegen letzteres dürfte es erneut Einsprachen geben, so dass der Baubeginn momentan frühestens auf Ende 2024/Anfang 2025 taxiert wird. (wen)

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