Christoph R. Aerni im Porträt: Jetzt gibts eine Art filmische Hommage an den «Rembrandt des Gäus»

Aufführungsdaten

Am Mittwoch, 6. Juni, und Freitag, 8. Juni, je 20.30 Uhr, wird im Oltner Kino Lichtspiele der Film «Christoph R. Aerni – Porträt eines begnadeten Künstlers» erstmals gezeigt. Eintritt: 15 Franken zugunsten des Vereins Lichtspiele Olten. Eine Anmeldung online unter www.motionpictures.ch wird empfohlen.

Geburtstag? Fehlanzeige. Atelierjubiläum? Fehlanzeige. Sonst irgendein Jubiläum? Auch nicht. Zufall? Vielleicht noch am ehesten. Denn: Es gibt zumindest äusserlich keinen Grund, einen Film über Christoph R. Aerni zu drehen, den Kunstmaler und Bildhauer mit dem Hang zum Naturalismus, der seinem Heimatort Gunzgen zeitlebens treu geblieben ist. Auch wenn just dieser Aerni von sich sagt: «Berufsgunzger ja, aber als solcher häufig auf Achse.»

Begegnung in Alchenflüh
Was also stand am Anfang des Films mit dem etwas pathetisch anmutenden Titel «Christoph R. Aerni – Porträt eines begnadeten Künstlers»? Nennen wirs der Einfachheit halber doch Zufall. Vor rund vier Jahren stellte Aerni in der Galerie im Chalet in Alchenflüh BE aus. Und wer wohnt gleich gegenüber der Galerie? Genau, der Filmemacher Felix Reinhard. «Ich war von Aernis Malerei begeistert», sagt der Emmentaler beeindruckt. «Der kann zeichnen und malen, was immer ihm durch den Kopf geht.» Eigentlich will er den Namen Aerni und dessen Werk mit seinem gut 50-minütigen Film in die weitere Welt tragen. «Ich glaube, sein Œuvre wird unterschätzt», sagt Reinhard.

«Jedenfalls im Kanton Solothurn», schiebt Aerni nach und legt die Tabakspfeife sorgsam auf die Tischplatte. «Der Film macht mich stolz», meint der Maler und Bildhauer dann, der sich heute viel mehr Improvisation zutraut, viel mehr experimentell malt. Dies, nachdem ihn ein Teil der Künstlergilde in den vergangenen Jahren leicht ironisierend als «Rembrandt des Gäus» bezeichnete. Aber bei aller Verspieltheit, die beim Gunzger hinzugekommen ist: Rembrandt, Velázquez, Rubens gehören noch immer zu seinen Vorbildern.

Man wird ihn besser kennen
Wie sagt Filmemacher Reinhard doch: «Nach dem Film kennt man Aerni besser.» Gut drei Jahre lang hat sich der Emmentaler an die Fersen des Künstlers geheftet, mehr als 100 Stunden Filmmaterial abgedreht, daraus schliesslich ein Konzentrat destilliert. Nein, der Künstler habe sich nicht eingemischt in die inhaltliche Arbeit, sagt Reinhard. Von einer möglichen Überhöhung oder einer Idealisierung des Gunzgers will der Regisseur deshalb nichts wissen. «Einmal nur hat er mich darauf hingewiesen, in einer Sequenz doch auch drei seiner zeitkritischen Bilder zu zeigen», erinnert sich der Filmemacher.

So präsentiert das cineastische Werk Aerni bei der Arbeit, an Ausstellungen, Vernissagen, bei privaten Momenten, lässt Models zu Wort kommen. Frauen, die jeweils als Aktmodelle posieren «und die sehr frei über ihrer Erfahrung mit Christoph R. Aerni sprechen», fügt Reinhard hinzu.

Ein Bekenntnis zur Aktmalerei
Gerade die aktuelle #MeToo-Debatte habe die Menschen auch auf diesem Gebiet sensibilisiert. «Zu Recht», wie die beiden Protagonisten finden. Die Aktmalerei ist übrigens ein Aspekt, für den sich der gelernte Bildhauer immer wieder erklären muss. «Es gibt doch tatsächlich Galeristen, die sich der Aktmalerei verweigern. Für mich unverständlich», sagt Aerni. Denn in der Geschichte der Kunst sei der Akt eines der ältesten und vielfältigsten Genres. Lucas Cranach der Ältere, Dürer, Goya, Klimt, Manet oder etwa Modigliani gelten als sogenannte bekannte Akt-Maler.

Einen unter ihnen hat es Aerni besonders angetan: Lucian Freud. Flugs schlägt er einen Bildband über den deutsch-englischen Maler auf, zeigt auf dessen abgebildete Werke. «Das sind doch grossartige Bilder», sagt Aerni, und spricht den fraglichen Galeristen elementaren Kunstverstand ab. Aber er sagt dies nicht etwa «furieux», sondern mit jenem Bedacht, den man Pfeifenrauchern gemeinhin nachsagt. Die Pfeife hat er übrigens inzwischen wieder hoch- und in Betrieb genommen, und zuvor den aufgequollenen Tabak der Sorte Golden Blend’s Vanilla fachgerecht zurecht gestopft.

Man bekommt mitunter den Eindruck, Aerni habe sich auf den Weg der Emanzipation gemacht, was er auch auf verschlungenen Wegen andeutet. «Ich hab immer versucht, aus einer Schachtel mit Luftlöchern an der Oberfläche ans Licht zu drängen», sagt er. «Dabei gabs stets eins auf den Deckel. Nun bin ich aus einem seitlichen Loch geschlüpft.» Vielleicht ist er deswegen heute gar nicht so leicht zu fassen. Er sei im Grunde durchaus gesellig, aber gelegentlich eher zurückhaltend. Aerni nennt das «Hemmige ha». Dass er den Kunstbetrieb heute als «zunehmend elitär» empfindet, kann man verstehen. «Eigentlich schade, das vergrault die Leute», sagt er. Reinhard meint, der Gunzger sei eigentlich «e liebe Siech». Eine Bemerkung, die zu den schönsten Komplimenten zählen dürfte.