
Corona-Virus lässt Unternehmen zittern oder jubeln: Das sind die Gewinner und Verlierer in der Schweiz
Die Ausbreitung des Coronavirus hat für die Weltwirtschaft bereits spürbare Folgen und lässt viele Unternehmen zittern – oder profitieren. Zu letzteren gehört beispielsweise die US-Pharmafirma Gilead Sciences, die wegen ihrer Arbeit an einem Corona-Wirkstoff im Börsenhoch ist. Eine Auswahl der Verlierer und Gewinner in der Schweiz.
Die Verlierer: Tourismus, Uhrenindustrie und Gastgewerbe
Der Tourismus und die Uhrenindustrie bekommen das Ausbleiben der chinesischen Gäste stark zu spüren. Sämtliche Tourismusregionen leiden unter teils grossen Nachfrageeinbrüchen, teilte der Verband Hotellerie Suisse am Donnerstag mit. Dass auch die Nachfrage nach Uhren seit dem Virus-Ausbruch zurückgegangen ist, bestätigt der grosse Uhrenhändler Bucherer. An den Standorten Interlaken und Luzern spüre er einen «deutlichen Umsatzrückgang». In den zwei Geschäften sind deswegen weniger Verkäufer im Einsatz – seit März hat Bucherer die «Kapazität mittels Kurzarbeit vorübergehend an die geringere Kundenfrequenz angepasst».
Die Weisung, Menschenansammlungen und überfüllte Räume zu meiden, trifft auch die Gastronomie, Veranstalter und das Kinogewerbe. Bei der Kinokette Pathé heisst es, zwar verhielten sich die Besucher unaufgeregt und hielten sich an die empfohlenen Massnahmen. «Die weitere Entwicklung ist aber schwer einzuschätzen», so Sprecher René Gerber. Die Lage müsse täglich neu beurteilt werden.
Hart trifft es die Veranstalter-Branche. Jürg Schwarz, CEO der Live-Kommunikations-Firma Habegger, sagt, er verzeichne seit dem Verbot von Anlässen mit mehr als 1’000 Personen Absagen im Wert eines Frankenbetrags in zweistelliger Millionenhöhe. Tausende Freelancer-Tage habe er streichen müssen. «Das sind Einmannbetriebe, die nun lange Zeit keinen Job haben.» Für viele Firmen in der Branche dürfte es nun kritisch werden, so Schwarz: «In diesem Geschäft sind die Margen dünn. Die aktuelle Krise könnte vielen das Genick brechen».
Auch die Ticketfirma Ticketcorner registriert laut einem Sprecher eine «beträchtliche Umsatzeinbusse und einen enormen Mehraufwand». In der Gastronomie setzen einige Unternehmen nun auf Kurzarbeit. Maurus Ebneter, Präsident des Wirteverband Basel, rechnet damit, dass das Schweizer Gastgewerbe in den nächsten zwei Monaten bis zu einer Milliarde Franken verliert, wie er kürzlich in der SRF-Sendung «Eco» sagte.
Die Gewinner: Onlineshops, Lieferdienste und die Firma Sichersatt
Überdurchschnittlich viele Kunden bestellen wegen des Corona-Virus im Internet. Davon profitieren Onlineshops, Lieferdienste und teilweise auch Transportunternehmen. Beispielsweise verzeichnen Migros und Coop mit «LeShop» und «Coop@home» dieser Tage Rekordbestellungen. Davon profitiert auch die Post, die für beide Detailhändler Transporte durchführt und eine «erhöhte Anzahl an Bestellungen» feststellt. Um ihre stationären Läden beliefern zu können, hat die Migros diese Woche laut «Eco» ausserdem zusätzliche Züge von SBB Cargo gemietet. Keine Veränderung im Umsatz stellt hingegen der Online-Shop Brack.ch fest. Es bestehe einzig eine gesteigerte Nachfrage nach Atemschutz-, Hygiene- und Desinfektionsprodukten sowie nach lang haltbaren Vorrats-Lebensmitteln. Viele dieser Artikel seien momentan ausverkauft. Bei einem Teil davon sei es herausfordernd, innerhalb nützlicher Frist Nachschub zu bekommen.
Auch das Transport- und Logistikunternehmen Planzer stellt einen Anstieg gewisser Dienstleistungen fest. Diese kurzfristigen Sondertransporte seien jedoch nicht relevant. Gleichzeitig gebe es teilweise auch einen Einbruch, weil Waren nicht mehr verfügbar seien. Die Warenversorgung stelle daher momentan eine Herausforderung dar. Ähnlich tönt es beim Online-Shop Digitec, der zur Migros gehört. Erste Händler meldeten, dass die Puffermengen allmählich aufgebraucht seien, sagt ein Sprecher. «Die Folge sind Lieferengpässe, Verspätungen und höhere Preise.» Es sehe danach aus, dass Firmen in China ihren Betrieb langsam wieder aufnehmen. Die Entwicklung sei schwer voraussehbar.
Regelrecht mit Bestellungen überrannt wird die Firma Sichersatt. Der Familienbetrieb aus Wald ZH verpackt und vertreibt online Notvorrat. «Mit der Verbreitung des Virus in Italien haben die Bestellungen massiv angezogen», sagt Mitinhaber Philipp Nater. Seit der Gründung vor 10 Jahren habe er keinen solchen Ansturm erlebt – weder beim Reaktorunfall in Fukushima noch bei den Terroranschlägen in Paris. Sichersatt liefere die Pakete in der Regel am gleichen oder am Folgetag aus. «Aktuell haben wir eine Lieferfrist von 8 Wochen», sagt Nater. Sie mussten zusätzliches Personal einstellen. Der absolute Renner sei das Produkt «Notvorrat classic» für 320 Franken. Es sichert einer Person für einen Monat drei Mahlzeiten pro Tag. Mindestens 10 Jahre sind die 11 Dosen, zwei Beutel Fertigfood und drei Energieriegel haltbar.