CS droht Kunden-Exodus – Oswald Grübel: «Es ist ein grosser Fehler, die NAB aufzugeben»

Die Credit Suisse plante bereits früher, die Neue Aargauer Bank (NAB) aufzugeben – aber sie sah dann davon ab, aus Angst vor einem gewaltigen Aderlass bei den Kunden. Ex-CS-Konzernchef Oswald Grübel sagt zur CH-Media-Redaktion: Wir sp«rachen zu meiner Zeit über diese Idee, kamen aber zur Überzeugung, dass ein solcher Schritt nicht klug wäre.»

Grübel war oberster CS-Lenker von 2003 bis 2007, und damals wie heute war die Logik dieselbe, die für eine komplette NAB-Integration sprach: Doppelspurigkeiten abbauen, Synergien nutzen, gemeinsamer Markenauftritt.

NAB-Insider erinnern sich, dass ihnen damals bereits ein Zehn-Punkte-Plan zur «Beerdigung» der NAB vorgelegt worden war. Auch die Eidgenössische Bankenkommission (EBK, heute Finma) war bereits involviert.

Warum Grübel am Ende anders entschieden hat

Doch es kam anders. CEO Grübel entschied sich für die Nutzung von mehr Synergien zwischen CS und NAB, Kooperationen in der IT und sonstige Effizienzverbesserungen – und behielt die Marke. Inzwischen ist die Digitalisierung weiter fortgeschritten, doch für Grübel steht auch heute fest: «Es ist ein grosser Fehler, die Marke NAB aufzugeben.» Die Neue Aargauer Bank sei eine beliebte und regional verankerte Marke. In diesem Kanton seien die Kantonalbank und die NAB doch die Banken, sagt er.

In der Tat gehen viele Branchenkenner davon aus, dass nun das andere Institut mit «Aargau» im Namen profitiert: Volkswirtschaftsdirektor Urs Hofmann erwartet einen Kundenzuwachs bei der Kantonalbank. Der Sozialdemokrat sagt, er freue sich nicht darüber, obwohl die AKB dadurch dem Kanton womöglich mehr Geld abliefern werde.

Grübel war als einziger Bankmanager sowohl CEO der Credit Suisse wie auch der UBS, er kennt den Schweizer Bankenmarkt wie kaum ein Zweiter. Er sagt auf die Frage, ob die NAB – die grösste Regionalbank der Schweiz – viele ihrer regionalen Kunden verlieren könnte, «das wird man jetzt herausfinden.» Und weiter: «Die Einsparungen von 100 Millionen Franken könnten schnell wieder zunichtegemacht sein.»

100 Millionen Franken – diese Summe nannte CS-Schweiz-Chef André Helfenstein am Dienstag; er bezog diese aber auf die gesamte Restrukturierung der CS, nicht nur im Aargau. Landesweit schliesst die Credit Suisse 37 von heute 146 Niederlassungen. Die Hälfte der Schliessungen entfällt auf den Aargau. Grübels Aussage, dass die 100 Millionen durch den Abgang von NAB-Kunden schnell wieder verspielt sein könnten, zeigt, wie sehr die Credit Suisse im Aargau um die heute rund 200’000 NAB-Kunden zittern muss.

Hat die Markenstrategie seiner Vorgänger Grübel, Dougan und Thiam umgekehrt: Der neue CS-Konzernchef Thomas Gottstein.

Hat die Markenstrategie seiner Vorgänger Grübel, Dougan und Thiam umgekehrt: Der neue CS-Konzernchef Thomas Gottstein.

© Gaetan Bally / GAETAN BALLY

Genau darum liess die Zürcher Grossbank in der Ära Grübel die NAB am Leben, auch seine Nachfolger Brady Dougan und Tidjane Thiam standen zur Regionalbank, obschon deren Eigenständigkeit mehr und mehr abnahm und es vor allem noch um die Marke ging – auch, weil sich die Strategien annäherten. Erst unter dem neuen Credit-Suisse-CEO Thomas Gottstein und dessen Schweiz-Chef André Helfenstein hat die Grossbank jetzt unvermittelt die Markenstrategie umgekehrt.

Josef Bürge, langjähriger NAB-Verwaltungsratspräsident, erinnert sich, dass der Verwaltungsrat stets für die Eigenständigkeit und für den «Aargau» im Namen kämpfen musste. Bürge tat dies erfolgreich: «Ich sagte damals Oswald Grübel, dass jeder zweite NAB-Kunde abspringen würde.»

Das habe dem CS-Konzernchef eingeleuchtet. In den Online-Kommentarspalten unserer Zeitung kündigten bereits viele NAB-Kunden an, sie würden wechseln und wollten nicht bei einer Grossbank sein.

Sie kämpften noch erfolgreich für den Fortbestand der NAB: Die VR-Präsidenten Josef Bürge (l.) und Josef Meier, hier an der GV 2008, als Meier als Nachfolger von Bürge gewählt wurde.

Sie kämpften noch erfolgreich für den Fortbestand der NAB: Die VR-Präsidenten Josef Bürge (l.) und Josef Meier, hier an der GV 2008, als Meier als Nachfolger von Bürge gewählt wurde.

© Alex Spichale / AGR

CS-Schweiz-Chef Helfenstein teilt diese Bedenken nicht. «Wichtig sind hervorragende Angebote, und gerade im KMU-Geschäft ist die CS sehr gut aufgestellt», sagt er. Die Bank müsse aber gut kommunizieren: «Wir wollen zeigen und erklären, was wir können.»