
Das Duell um die Macht in Reiden
1. Was ist Ihre Motivation, fürs Gemeindepräsidium in Reiden zu kandidieren, oder anders gefragt: Warum wollen Sie sich das – nochmals oder erstmals – antun?
Kunz: Mit einer Ausnahme von vier Jahren verbrachte ich mein ganzes Leben in Langnau und ab der Fusion in Reiden. Alle meine Kompetenzen habe ich hier bekommen. Aus Dankbarkeit möchte ich der Gemeinde etwas zurückgeben. Als Gemeindepräsident kann ich die Entwicklung von Reiden beeinflussen und komme mit vielen Leuten ins Gespräch. Das macht Freude und motiviert.
Gasser: 1. Mein Interesse fürs Gemeinwesen ist seit meiner Jugend vorhanden und meine familiäre Situation gibt mir Zeit für Neues. Dem Stimmbürger soll in dieser für Reiden schwierigen Zeit eine Auswahl geboten werden. Die Machtkämpfe bringen Reiden nicht weiter und die Konsequenzen daraus sind eine grosse Last für die Zukunft.
2. Welches beharrliche Vorurteil haftet Ihrer Person an?
Kunz: Da müssen Sie Personen aus meinem Umfeld fragen!
Gasser: Von mir selbst würde ich sagen, dass ich eine gewisse Beharrlichkeit und einen grossen Gerechtigkeitssinn habe.
3. Welche Ihrer Charaktereigenschaften sind für das Amt des Gemeindeoberhaupts nützlich?
Kunz: Verlässlich, integer, unabhängig, ich gehe gerne auf Menschen zu, zudem kommt mir meine grosse Führungserfahrung zugute.
Gasser: Ich bin gradlinig, ehrlich und habe eine ausgeprägte Sozialkompetenz.
4. Haben Sie einen Werbeslogan? Ansonsten kreieren Sie bitte spontan einen.
Kunz: Gemeindepräsident Hans Kunz – kompetent und sympathisch.
Gasser: Zeit für einen Wechsel!
5. Welche positive Eigenschaft hat Ihre Mitbewerberin oder Ihr Mitbewerber?
Kunz: Ich kenne Evi Gasser seit langem «vom Sehen». Bis jetzt hatte ich keinen direkten Kontakt. Es steht mir nicht zu, über sie etwas auszusagen.
Gasser: Er stellt sich seit Jahrzehnten der Öffentlichkeit für verschiedenste Ämter zur Verfügung.
6. Und welche Schwächen sehen Sie beim Konkurrenten?
Kunz: Siehe Antwort auf vorherige Frage!
Gasser: Als Unternehmer ist er sich eine klare Hierarchie gewohnt und konnte dies im Berufsleben auch kritiklos durchsetzen. In den letzten zweieinhalb Jahren konnte er das Verhältnis in der Kollegialbehörde Gemeinderat nicht verbessern. Unter seiner Leitung wurde der Gemeinderat vom Regierungsrat mehrfach für undemokratisches Verhalten gerügt.
7. Welche Probleme Reidens würden Sie in den nächsten vier Jahren gerne lösen?
Kunz: Einige Herausforderungen: Kommunikationskonzept, Standortmarketing inklusive Überarbeitung der Homepage, Sicherheitskonzept, Personalrecht, Optimierung der Führungsstrukturen, zentraler Standort der Feuerwehr Wiggertal, Konzept zur Reduktion der Schulden, Revision der Ortsplanung usw. Eine grosse Herausforderung ist aktuell, die Stelle der Gemeindeschreiberin neu zu besetzen.
Gasser: In der nächsten Amtsperiode muss die Ortsplanungsrevision abgeschlossen werden. Die gewünschte Gemeindeentwicklung muss im Fokus bleiben, Einzelinteressen dürfen unser Handeln nicht dominieren. Die Kommunikation muss verbessert werden, Informationen an Parteien sowie die Bürger sollen so weit als möglich erfolgen und müssen offen, transparent und ehrlich sein.
8. Wie wollen Sie das Klima und die Zusammenarbeit im Gemeinderat Reiden verbessern?
Kunz: Der Gemeindepräsident ist ein «Primus inter Pares», also «einer unter Gleichen», der keine Weisungsbefugnisse gegenüber den Ratsmitgliedern hat. Alle Entscheide sollten vom Gemeinderat einstimmig oder mehrstimmig gefällt und vertreten werden. Grundlage für eine gute Zusammenarbeit ist daher die Einhaltung des «Kollegialitätsprinzips» und der vom Gemeinderat erarbeitete «Verhaltenskodex». Würden sich alle Mitglieder an diese Regeln halten, wäre es nicht notwendig, eine Mediation durchzuführen.
Gasser: Ich würde eine neutrale und vermittelnde Rolle einnehmen, es braucht keine Machtmenschen im Gemeinderat, sondern Teamplayer. Ich habe klare Meinungen, lege jedoch grossen Wert auf gegenseitigen Respekt. Der Gemeinderat steht im Dienst der Bevölkerung und die erarbeiteten Lösungen und Entscheide müssen das Gemeinwohl fördern und die Gemeinde weiterbringen.
9. Trauen Sie sich zu, eine Gemeindeversammlung korrekt zu führen?
Kunz: Ich traue mir nicht nur zu, eine Gemeindeversammlung korrekt zu führen, ich habe es mehrfach bewiesen.
Gasser: Ich habe den Leitfaden des Luzerner Gemeindeverbands gelesen – ein umfassendes und hilfreiches Dokument. Die Gemeindeversammlung muss gut vorbereitet und besprochen werden und mithilfe des Gemeindeschreibers in rechtlichen Belangen wäre dies für mich machbar. Mir wäre jedenfalls die Hierarchie im Saal klar: Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sind das oberste Organ und entsprechend soll gehandelt werden.
10. Die finanzielle Situation von Reiden mit den vielen Schulden macht Sorgen. Was ist Ihr Rezept?
Kunz: Mein Rezept ist das Rezept des Gemeinderats! In einem Workshop haben sich der Gemeinderat und die Verwaltungsleitung zu diesem Thema Gedanken gemacht und Aufträge erteilt. Ich unterstütze das Projekt des Gemeinderats und der Verwaltungsleitung zur Entlastung der Rechnung und Reduktion der Schulden.
Gasser: Dem Stimmbürger muss die finanzielle Situation ehrlich und offen erklärt werden. Schönrederei bringt nichts. Jedes Jahr muss immer wieder überlegt werden, welche Ausgaben nötig, sinnvoll und nachhaltig sind. Wollten wir innert einer Generation (25 Jahre) den kantonalen Verschuldungsdurchschnitt erreichen, müssten wir jedes Jahr zwei Millionen Franken amortisieren.
11. Was mögen und schätzen Sie persönlich an Reiden?
Kunz: Reiden ist eine lebenswerte Gemeinde und bietet den Einwohnern viel. Wir können von einem aktiven und kreativen Vereinsleben und -angebot sprechen. Mit dem Bau eines neuen Schulhauses, der Sanierung der Badi, der schrittweisen Sanierung der Infrastruktur, einer motivierten Verwaltung, hervorragend geführten Schulen, einer bestens organisierten Spitex und einem vorbildlich geführten Alters- und Pflegezentrum schaffen wir die Voraussetzungen für eine prosperierende, lebenswerte Gemeinde.
Gasser: Wir wohnen sehr zentral, mitten in der Schweiz und mit einer sehr guten Verkehrsanbindung. Die schönen Naherholungsgebiete in allen Dorfteilen sind gut zu Fuss erreichbar.
12. … und was gefällt Ihnen weniger?
Kunz: Wir haben kein Jugend-Konzept. Und: Reiden wird von gewissen Kreisen bewusst auf eine Gemeinde reduziert, die hohe Schulden hat, in den vergangenen Jahrzehnten schlecht geführt wurde und einen uneinigen Gemeinderat hat. Um die Situation zu verbessern, kann man aber nicht nur auf die anderen zeigen und absurde Forderungen stellen. Jeder Bürger und jede Bürgerin muss sich persönlich fragen: Gehöre ich auch zu diesen negativen Stimmen und/oder was kann ich persönlich dazu beitragen, dass unsere Gemeinde ein besseres Image bekommt?
Gasser: Die Bevölkerung wird viel zu wenig in die Prozesse der Gemeindeentwicklung eingebunden. Aktuell existiert zum Beispiel immer noch keine Kommission für die laufende Ortsplanungsrevision.
13. Wollen Sie den Leserinnen und Lesern aus Reiden sonst noch etwas sagen?
Kunz: Ich bin stolz auf unsere Bürger und Bürgerinnen, die in denkwürdigen Abstimmungen den Vorlagen zum Schulhausneubau und zur Sanierung der Badi zugestimmt haben.
Gasser: Der Gemeinderat braucht endlich neue Ideen und frischen Wind. Mit vier ins Ressort eingearbeiteten Gemeinderäten ist es möglich, den bald 68-jährigen Gemeindepräsidenten ohne Nachteil für die Gemeinde zu ersetzen. Die politische Zusammensetzung des Gemeinderats darf keine Rolle spielen. Eine Neubesetzung wäre für Reiden eine Chance.
Die beiden Kandidaten haben die Fragen schriftlich beantwortet und hatten gleich viel Platz zur Verfügung.
Hans Kunz
Jahrgang: 1952. Ausbildung: Landmaschinenmechaniker HF, Unternehmerschulung SIU. Beruf: 30 Jahre Geschäftsführer und Inhaber eines KMU-Betriebes in der Landtechnikbranche. Ab 2008 diverse Mandate. Tätigkeiten für Reiden: Vier Jahre Präsident Controlling-Kommission, 28 Jahre Feuerwehr etc.
Evi Gasser-Mangold
Jahrgang: 1967. Ausbildung: Kaufmännische Lehre auf Gemeindeverwaltung. Beruf: Familienfrau und Betreiberin eines Pferdestalls. Tätigkeiten für Reiden: Mitarbeit an Sitzungen bei Erarbeitung der Gemeindestrategie, Kassierin der Unterhaltsgenossenschaft Langnau, Aktuarin ehemalige Käsereigenossenschaft Langnau.