
Das Zittern um das Stadion – das sagen die Befürworter und Gegner vor der Abstimmung
In zweieinhalb Wochen zeigt sich an der Urne, ob der Kanton Aargau weiterhin die Möglichkeiten für Spitzenfussball haben wird. Dann entscheiden die Aarauer über das Stadion.
1. Das sagen die Stadion-Befürworter:
«Urbanes Stadtquartier mit Lebensqualität»
Ueli Hertig, Architekt und Präsident Pro Aarau: «Das Stadionprojekt liegt am einzig realistischen Standort. So entsteht ein attraktives, urbanes Quartier mit hoher Lebensqualität. Durch die zusätzliche Wohnnutzung und die angestrebte soziale Durchmischung im Areal, wird aus dem ehemaligen Industriegebiet ein neues Stadtquartier. Der weitläufige Gleisraum und die angrenzenden Industriegebiete bilden ein städtebauliches Umfeld, welches die idealen Voraussetzungen für eine markante Verdichtung mit Hochhäusern besitzen. Für Aarau ist es ein kontrolliertes Wachstum.»
«Nach ökologischen Grundsätzen»
Anna Wartmann, Einwohnerrätin FDP: «Das vorliegende Projekt Torfeld Süd ist aus meiner Sicht der beste Beweis dafür, dass der Aarauer Stadtrat gut verhandelt hat. Wo sich heute im Herzen unserer Stadt noch eine hässliche Industriebrache auftut, soll ein neues, modernes Quartier mit hoher Lebensqualität und autoreduzierter Wohnnutzung entstehen. Ein Quartier, das den künftigen Bedürfnissen von Aarau nach verdichtetem Bauen Rechnung trägt – umgesetzt nach den ökologischen Grundsätzen der Energiestadt Aarau, Minergie und der 2000-Watt-Gesellschaft.»
«Das Torfeld Süd wird wie das Telli-Quartier»
Max Suter, Einwohnerrat SVP: «Ich befürworte als Einwohnerrat den Standort des Stadions voll und ganz. Es gibt viele überzeugende Argumente für dieses Projekt. Endlich gibt es ein Stadion und ein neues Stadtquartier dazu. Schon als die Telli-Blöcke gebaut wurden, war die Meinung vorhanden, dass man in diesem Quartier nie leben könne. Nun sehen wir ein
lebendiges Quartier für alle Gesellschaftsschichten. So wird es auch im Torfeld mal sein, wo die Lage für Wohnungen ausgezeichnet ist. Dies sieht man deutlich am benachbarten Aeschbach-Quartier.»
«Günstiger kommen wir nicht zu einem Stadion»
Salomé Ruckstuhl, Einwohnerrätin SP: «Bereits seit dem Jahr 1902 prägt der FC Aarau die Geschichte unserer Stadt aktiv mit – und dies soll die gesamte FC Aarau Familie auch weiterhin tun. Das vorliegende Projekt im Torfeld ist ausgewogen und bringt der Stadt Aarau ein neues, attraktives und urbanes Quartier. Neben vielfältigem Wohnraum, einem Kindergarten und Gemeinschaftsräumen erhält Aarau dabei ein neues Fussballstadion für 17 Millionen Franken. Günstiger kommen wir nicht zu einem Stadion mit Gesamtkosten von 60 Millionen Franken.»
2. Das sagen die Stadion-Gegner:
«Es droht uns ein Problemquartier»
Daniel Ballmer, Einwohnerrat Grüne: «Hochhäuser wollen gut geplant sein. Viele Hochhausquartiere werden im Sommer brandheiss oder kanalisieren Winde zu Orkanen; der Basler Roche-Turm produziert im Winter gar Hagel. Nur sorgfältige Planung und grosszügige, begrünte Freiflächen wie in der Telli verhindern ein höllisches Quartierklima. Im Torfeld Süd diktiert das Stadion die Lage der hastig geplanten Hochhäuser; die Freiräume werden eng und kahl. Lassen wir uns heute von FCA und HRS zu einem Ja drängen, droht uns ein Problemquartier.»
«Aus diesen Gründen ist der Stadtrat für das Projekt»
«Der Stadtrat verfolgt mit den beiden Vorlagen Ziele in der Stadtentwicklung, im Sport und in der Finanzpolitik. Sie sichern im Torfeld Süd ein urbanes, dichtes und qualitativ hochwertiges neues Aarauer Quartier mit vielfältigen Nutzungen für alle Bevölkerungskreise. Sportpolitisch erhalten wir eine Lösung für den Spitzenfussball an einem verkehrsmässig optimalen Ort. Finanzpolitisch ist der Beitrag der Stadt zum Stadion substanziell, dank der Quartierentwicklung und der Bedeutung des Fussballs im Breitensport aber bestens gerechtfertigt.»
«Es wird weiterhin erpresst und gedrängt»
Lelia Hunziker, Grossrätin SP und ehemalige Einwohnerratspräsidentin: «2017 wurde der bewilligte Plan A von der Bauherrin freiwillig verworfen und der Plan B entworfen: Aus dem Einkaufszentrum wurden vier Wohnsilos. Das entspricht weder Richtplan noch BNO. Sicherheits-, Verkehrs-, Gestaltungsfragen und die Anliegen der Anwohnerinnen müssten neu geprüft werden. Aber nein, es wird weiter erpresst und gedrängt. Denn: Es gibt viel zu verdienen. Das Projekt entspricht deshalb Zombie-Urbanismus in Reinform: alles für Konsum und Kapital – nichts für Klima und Gesellschaft.»
«Gewinne den Privaten, Kosten der Stadt»
Stephan Müller, ehemaliger Einwohnerrat «Jetzt!»: «Private Public Partnership HRS – Stadt Aarau: Die Glaubwürdigkeit ist längst dahin. Zuerst verspricht die HRS sportliche Mantelnutzungen und will dafür ein Einkaufszentrum. Die Stadt kuscht und sagt dazu Ja. 2011 werden die sportlichen Mantelnutzungen liquidiert, 2017 das Einkaufszentrum. Alle Planungen waren unrealistisch. Jetzt will die HRS auf engstem Platz verfehlte Wohntürme zu ihrem Profit bauen; die Stadt kuscht wieder. Die Gewinne den Privaten, die Kosten der Stadt. Die Behörden haben nichts gelernt.»
«Das finanzielle Risiko ist viel zu gross»
Barbara Schönberg, Einwohnerrätin CVP: «Das finanzielle Risiko für die Stadt Aarau ist viel zu gross. Das Projekt Torfeld Süd ist nur eine Grobplanung. Viele Fragen sind noch immer offen und laufend kommen neue Veränderungen hinzu. Deshalb: Für allfällige millionenschwere Nachtragskredite und Zusatzkosten im Zusammenhang mit diesen Veränderungen werden wir Steuerzahler aufkommen müssen. So geschehen bei den HRS-Stadionprojekten in Biel und Thun.»
«Warum gibt es keine Ausschreibung?
Albert Rüetschi, Präsident Quartierverein Torfeld Süd: «Das Stadion soll statt 36 neu 60 Millionen Franken kosten (+ 67 %)! Warum? Wie die HRS auf die sagenhaften 60 Millionen kommt, legt sie nicht offen! Weshalb wird keine Ausschreibung gemacht? Erlaubt man der HRS Hochhaus-Wohnsilos, schenkt man ihr Traumrenditen. Davon gibt sie angeblich 29 Millionen an das Stadion ab. Was aber, wenn es weniger teuer wird? Die HRS erzielt mehr Rendite, trägt aber nichts aus eigenen Mitteln bei. Jeder und jede Steuerzahlende muss mindestens 1000 Franken beitragen!»