
Dauergeschlossener Bahnübergang: Zu, zu, Zug
11:47, vor dem Bahnübergang Alte Zofingerstrasse in Südaarburg. Die Barriere schliesst für drei Minuten. 11:54. Die Barriere schliesst für vier Minuten. 12:01. Die Barriere fällt erneut und nun strömen die ersten Kinder aus der nahegelegenden Schule herbei. Während die Barriere sich senkt, flitzt noch kurz ein Stromservicetechniker mit dem Lieferwagen durch; ein kleiner Bub rennt heran und entscheidet sich erst im letzten Moment, sich nicht doch noch unter der Barriere durchzumogeln. Weitere Schulkinder kommen. Eine Autoschlange bildet sich. Ein Mädchen setzt sich auf ihren Schulranzen; schon wieder warten. Situationen wie die geschilderte sind Alltag beim Bahnübergang, über den täglich mehr als 70 Personenund Güterzüge fahren. Und als wäre die zerschneidende SBB-Querung nicht genug, wird die Strasse von Autofahrern als Schleichweg genutzt, obwohl für alle ausser Zubringer ein Fahrverbot gilt. Wer auf der Rothrist zugewandten Seite der Bahn wohnt, fühlt sich von Aarburg quasi abgeschnitten.
In Zukunft noch mehr Züge
Für die Anwohner ist die Situation seit x Jahren mühsam. Durch die geplante Leistungssteigerung der Bahn-2000- Strecke und zusätzliche Züge soll die Lage noch verschärft werden. Vor diesem Hintergrund lud der Gemeinderat die Bevölkerung zur «Chropfleerete» mit SBB und Regionalpolizei, wobei sich einige Befürchtungen bestätigten.
SBB-Dokumente, die dieser Zeitung vorliegen, zeigen: Durch den Ausbauschritt 2025 der SBB ist in Aarburg konkret mit 49 zusätzlichen Zügen pro Tag zu rechnen: 36 terminierte Reisezüge und 13 Güterzüge. Dass höchste Eisenbahn ist, findet deshalb auch Klaus Müller, ehemaliger Präsident des Quartiervereins Süd und dort «Projektleiter Barriere». Müller findet die Situation haarsträubend. Man könne zwar den Fahrplan lernen. «Das nützt aber nichts, wenn pro Stunde zwei oder drei Güterzüge und künftig noch viel mehr kommen, die irgendwann fahren.»
Vorsichtiger Gemeinderat
Ammann Hans-Ulrich Schär will nicht vorgreifen. «Zuallererst wollen wir eine saubere Auslegeordnung machen und die Lage vertieft analysieren.» Er verstehe die Bedenken der Anwohner, wohnt selber nicht weit entfernt. Ob Handlungsbedarf bestehe, stehe aber noch nicht fest. Auch weil Aarburg finanziell nicht auf Rosen gebettet ist, «sind Schnellschüsse zu vermeiden», erklärt der Ammann. Schnellschüsse? Nach Jahren des Ärgers?
Besucher des Informationsabends im November berichten, der Bahnübergang sei heute schon unzumutbar, eine starke Behinderung des Langsamverkehrs und auch gefährlich, weil Schüler und Erwachsene – wenn es vor der Schule oder Arbeit pressiert – unerlaubt unter der Barriere durchschleichen. Zudem wurden die Schliessungszeiten gemessen – doch die Zahlen der SBB stimmen nicht mit jenen überein, die Anwohner und Südquartiervereinsaktivist Klaus Müller erfasst hat. So kam die SBB zum Ergebnis, die Barriere sei maximal zu 40 Prozent einer vollen Stunde geschlossen. Müller allerdings kam auf bis zu knapp 55 Prozent. Mit anderen Worten: Manchmal ist die Barriere mehr zu als geöffnet.
Mögliche Lösung: Unterführung
Teilweise liegen die Messwerte Müllers doppelt so hoch wie jene der Bahn, was SBB-Sprecher Oli Dischoe damit erklärt, dass «die Schliesszeiten je nach betrieblicher Situation, etwa bei Stö- rungen, täglich variieren können.»
Immerhin: Wie die Lage zu entschärfen wäre, muss die Abteilung Bau Planen Umwelt (BPU) auf Geheiss des Gemeinderats nun analysieren. Eine Variante wäre eine Unterführung; zumindest für Fussgänger und Velofahrer. Bauvorsteher Rolf Walser räumt jedoch ein, der Platz für eine Unterführung direkt an der Strasse fehle. «Eine befahrbare Rampe braucht Platz und die Frage der Erschliessung der Quartiere und Liegenschaften müsste neu gelöst werden. Die Gemeinde will die Machbarkeit einer Unterführung in der Umgebung prüfen. Eine Idee wäre vielleicht der Ausbau der bestehenden kleinen Unterführung hinter dem nahe gelegenen Altersheim Falkenhof (siehe kleines Bild links). Diese führt heute aber ins leere Feld – Fragen zur Erschliessung und den Eigentümerverhältnissen des zu verbauenden Landes wären unausweichlich. Der Ball liegt bei der Gemeinde. Die SBB würden laut Dischoe eine Mitfinanzierung prüfen. Bis es so weit ist, wird sich die Barriere aber noch über 20000 Mal heben und senken. Informieren wird die Abteilung BPU voraussichtlich im Herbst 2018.