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Dem Gemeinderat geht es zu schnell mit der Aufhebung der Stadtpolizei – zuerst sollen Alternativen geprüft werden

Dem Gemeinderat geht es zu schnell mit der Aufhebung der Stadtpolizei – zuerst sollen Alternativen geprüft werden

Der Grenchner Gemeinderat will die Stadtpolizei nicht per Ende 2022 aufheben. Darüber war man sich von links bis rechts einig. Zuerst soll eine Arbeitsgruppe alternative Lösungswege prüfen. 

Andreas Toggweiler

Eine Aufgabe der Stadtpolizei ist die Durchführung der Veloprüfung.

Oliver Menge / D5

Der Grenchner Gemeinderat hatte an seiner Sitzung vom Dienstag ein einziges Traktandum: «Stadtpolizei, Beibehaltung oder Aufhebung: Änderung Gemeindeordnung, Durchführung einer Urnenabstimmung». Der Rat sollte sich Zeit nehmen, um Argumente für oder gegen ein städtischen Polizeikorps zu würdigen.

Diese Diskussion fand allerdings nicht statt. Mit 13 gegen 2 Stimmen wurde nach kurzer Eintretensdebatte und keiner einzigen Wortmeldung in der Detailberatung ein Antrag der SP-Fraktion angenommen, wonach eine Arbeitsgruppe die «zukünftige Ausrichtung» der Stadtpolizei prüfen soll. Gleichzeitig soll aber auch die Zusammenarbeitsvereinbarung mit der Kantonspolizei per 31. Dezember 2023 gekündigt werden.

Damit gewinnt die Stadt zusätzliche Zeit, war doch der ursprüngliche Fahrplan, die Stadtpolizei bereits Ende 2022 aufzuheben. Auch eine Änderung der Gemeindeordnung und die angedachte (freiwillige) Urnenabstimmung entfällt.

SP-Fraktionschef Alex Kaufmann sprach von einem emotionalen Entscheid, den es zu fällen gebe. Auch sei er endgültig und irreversibel.

«Die Notwendigkeit ist da, die Dringlichkeit aber offen.»

Ein Übergang müsse «so sozialverträglich wie irgend möglich» gestaltet werden und es sei auch «eine neue, saubere Leistungsvereinbarung» vonnöten. Kaufmann scheint dem Kanton zu misstrauen, habe doch Grenchen mit Zusicherungen schlechte Erfahrungen gemacht, meint er und erinnerte an die Spitalschliessung. Der Leistungsabbau lasse sich mit jährlichen Steuersenkungen überdies nicht vereinbaren.

«Oft klagt man, die Mühlen der Demokratie mahlten zu langsam – diesmal drehen sie aber zu schnell.»

Eventuell gebe es eine bessere Lösung. Diese Überlegungen wurden von allen Fraktionen weitgehend geteilt. «Wir können diesen Antrag unterstützen,» meinte Matthias Meier-Moreno, Fraktionschef der «Mitte». Sie nehme den Druck weg und führe womöglich zu einer besseren Lösung für Grenchen.

«Der SP-Vorschlag ist gut», sagte SVP-Fraktionschef Ivo von Büren, der von einem «unangenehmen Geschäft» sprach, das eine 120-jährige Tradition beenden würde.

Damit waren die Mehrheitsverhältnisse klar. Auch Robert Gerber, FDP-Fraktionschef und ehemaliger Kommandant der Stadtpolizei, hieb aber noch in die gleiche Kerbe. «Es ging hier unüblich schnell», meinte er. Vereinbarung künden und Arbeitsgruppe einsetzen, das sei der richtige Weg.

So lange die Stadt so sicher ist …

«Sicherheit ist eine wichtige Leistung, da gilt es gut aufzupassen, was man ändert, meinte Patrick Zberg, der Vertreter der GLP. «Solange die Stadt so sicher ist, wie heute, sollte man nichts übers Knie brechen.»

Damit nahm er ein Statement von alt Kantonspolizei-Kommandant Martin Jäggi auf, der zu Beginn der Sitzung sein Faktenpapier, das er der Grenchner Politik auf Bestellung ablieferte, nochmals erläuterte und gegen Kritik verteidigte.

«Grenchen hat die viel kleinere Kriminalitätsrate als Olten und Solothurn und das bei höherem Ausländeranteil.»

Für Jäggi war dies offenbar ein Argument dafür, dass die Kapo allein die Sicherheit auch gewährleisten kann. Nicht jedoch für Stadtpolizei-Kommandant Christian Ambühl. Der sah diesen Befund eher als Steilvorlage:

«Ja, die Sicherheit in Grenchen ist hoch, gerade weil wir die Stadtpolizei haben.»

Im Rat waren nur zwei kritische Voten zu hören. Daniel Hafner (SP) kündigte an, dass er gegen seine Fraktion stimmen werde. «Die Finanzlage der Stadt wurde hier wiederholt als drastisch geschildert, die Faktenlage ist klar. Was soll denn diese Arbeitgruppe in den nächsten zwei Jahren neues herausfinden?», fragte Hafner rhetorisch. «Oder haben wir einfach Angst vor dem Volk?»

Auch Vize-Stadtpräsident Remo Bill meinte, mit diesem Entscheid verliere der Gemeinderat seine Glaubwürdigkeit. «So können wir nicht politisieren.» – «Leider können wir keine Konsultativabstimmungen durchführen, dann könnten wir die Meinung des Volkes erfahren», meinte Stadtpräsident François Scheidegger nach der Sitzung.

Nicht nur glücklich ist Stapo-Kommandant Ambühl: «Ich habe zurzeit einen Unterbestand von drei Mann. Dieser Zustand kann nicht andauern. Ich hoffe, die Stellen werden jetzt freigegeben.» Thomas Zuber, Kommandant der Kantonspolizei, bekräftigte im Gespräch, die Kapo werde auf Ersuchen der Stadt dort einspringen, wo zusätzlicher Bedarf herrsche. Und dies unentgeltlich. «Wir sind hier nicht im Kanton Bern.»

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