
«Der Körper ist das wichtigste Werkzeug»: Dieser Bergführer erfüllt sich einen Lebenstraum
Er wirkte als Geburtshelfer für den Brugger Boulderraum, führte 22 Jahre lang das Fachgeschäft Arcta Bergsport in der Altstadt und arbeitet seit 20 Jahren als Bergführer: Tom Rüeger. Der gelernte Schreiner liebt die Berge sowie den Outdoor-Sport und hat bereits wenige Jahre nach der Lehre sein grosses Hobby zum Beruf gemacht.
Soeben ist der 48-Jährige von einer Schneeschuhtour am Piz Medel nach Brugg zurückgekommen. Seit das Fachgeschäft Arcta Bergsport im ehemaligen Warenhaus Rössli Ende März 2014 seine Türen definitiv schloss, setzt Tom Rüeger ganz auf seinen Beruf als Bergführer. Er habe dem Laden, der Outdoor- und Trekking-Fans aus dem ganzen Kanton sowie darüber hinaus nach Brugg brachte, keine Minute nachgetrauert, sagt er beim Gespräch mit der AZ im «Brugger Café».
Rückblickend, stellt er fest, sei der Zeitpunkt für die Schliessung ideal gewesen. Denn es folgten zwei, drei schlechte Winter und der Euro-Crash. Nach ein paar Zwischenstationen ist seine ehemalige Lebens- und Geschäftspartnerin Andrea Greiner nun seit eineinhalb Jahren bei Bächli Bergsport in Aarau tätig. Überhaupt sind alle früheren Arcta-Mitarbeiter der Outdoor-Branche treu geblieben.
Mit Stammkunden in die Berge
Zu einer richtigen Erfolgsgeschichte hat sich der hinter dem damaligen Ladenlokal angesiedelte Boulderraum für seilfreies Klettern entwickelt. Dieser wurde 2014 unter der ehrenamtlichen Führung von der Brugger Sektion des Schweizer Alpen-Clubs (SAC) übernommen. Wenn alles klappt, gibt es anstelle des eher kleinen Boulderraums bald eine neue öffentliche Kletterhalle im ehemaligen Rekrutierungszentrum in Unterwindisch, wo die Stiftung Faro ein Wohnheim realisiert hat (die AZ berichtete).
Auch wenn Tom Rüeger nicht mehr in dieses Projekt involviert ist, findet er es toll, dass es weiter geht. «Für die Gesellschaft ist es wichtig, solche Angebote zu haben. Ich werde in der neuen Halle sicher auch ab und zu klettern gehen», hält er fest.
Als Bergführer darf Tom Rüeger auf viele Stammgäste aus dem Aargau zählen, die er schon zu Arcta-Zeiten kennen gelernt hat, als er sich die Arbeit im Fachgeschäft und als Bergführer noch aufteilte. Tagestouren macht Rüeger praktisch keine. Im Gegensatz zu Bergführern, die direkt vor Ort in den Alpen stationiert sind und Touristen durch die Bergwelt vor der Haustüre schleusen, ist Rüeger vor allem mit Gruppen, Institutionen und eben seinen Stammgästen auf in der Regel drei- bis fünftägigen Touren unterwegs.
Er deckt den ganzen Alpenraum in der Schweiz und im nahen Ausland ab, war letztes Jahr in Island und wird Ende März eine neuntägige Tour in Norwegen leiten. Etwa einen Drittel seiner Arbeitseinsätze absolviert Rüeger für die Alpinschule Höhenfieber.
Das Matterhorn als Lebensziel
Das Berufsbild des Bergführers hat sich laut dem 48-Jährigen in den letzten Jahren gewandelt. Da ist einerseits die Klimaveränderung, die sich mit mehr Geröll und weniger Schnee in den Bergen bemerkbar macht. Andererseits sind das Know-how und die Erwartungshaltung bei den Kunden gestiegen.
Für den Bergführer steht nicht mehr der Berg im Fokus, sondern der Mensch. «Früher zog man am Seil, heute muss man vor allem mit den Leuten reden», sagt Rüeger. Es macht ihn glücklich, wenn er seinen Gästen helfen kann, einen Traum zu erfüllen. «Wenn jemand das Ziel verfolgt, einmal im Leben das Matterhorn zu besteigen, kann die Vorbereitungszeit schon mal fünf bis zehn Jahre dauern.»
Rüeger hofft, dass er gesund bleibt. «Der Körper ist das wichtigste Werkzeug», sagt er. Diesen Sommer wird er sich selbst einen lang gehegten Traum erfüllen und eine halbe Saison mit Käsen auf der Tessiner Geissenalp Nimi verbringen. Zudem zieht er bald näher zu den Bergen in die Innerschweiz.