
«Die 24 Jahre als Ammann waren für mich eine gute Zeit»
Ein schmales Strässchen führt von der Moosersäge über zwei spitzkehrenenge Kurven steil hinauf ins Tannholz. Hier, einige Höhenmeter tiefer als das Dorf Wiliberg, befindet sich der Bauernhof von Stephan Müller und seiner Familie. 28 Jahre lang hat er dem Gemeinderat der 167-Seelen-Gemeinde angehört – vier Jahre als Vizeammann und anschliessend 24 Jahre als Gemeindeammann.
«Nein, Stimmenzähler war ich nie», sagt Müller schmunzelnd. «Dafür aber schon in jungen Jahren Turnvereinspräsident und Vorstandsmitglied bei den Schützen.» Sich für die Gemeinschaft einzusetzen, sei ihm schon immer wichtig gewesen – Politik war ihm in die Wiege gelegt: Sein Vater Reinhard (1929–2002) war ebenfalls Gemeindeammann, gehörte dem Grossen Rat an und vertrat die Aargauer SVP zwölf Jahre lang im Nationalrat.
Hat ihn ein Parlamentsmandat nie gereizt? «Nein», sagt Müller. Er sei zwar überzeugtes SVP-Mitglied – «mich aber einer Fraktionsmeinung unterzuordnen, damit hätte ich Mühe gehabt». Das Schöne am Gemeinderats- oder Ammannamt sei der direkte Kontakt zu den Bürgern. «In dieser Funktion kann man im Schulterschluss mit der Bevölkerung etwas bewegen. Im Gemeinderat Wiliberg – «in welchem ein sehr gutes, kollegiales Klima herrscht – haben wir geplant und in den allermeisten Fällen den Vorstellungen und Wünschen der Bürger entsprechen können».
Als Müller in den Gemeinderat eintrat, stand die Güterregulierung vor ihrem Abschluss und verschiedene Ausbauten der Infrastruktur standen an. «Wir haben im Gemeinderat immer darauf geachtet, dass in das Nötige investiert wurde und keine Luxuslösungen geplant wurden.» In diesem Zusammenhang freut es Müller, dass die Bevölkerung seit 1990 von 148 Personen auf 167 zugenommen hat.
Planen und anpacken
In der Ära Müller wurde geplant und gebaut – aber auch Organisatorisches angepackt. Ein Thema war die Abschaffung der Versammlungswahl der Gemeindebehörden im Jahr 1994. «In einer Versammlung eine für ein Amt geeignete Person suchen, ist keine gute Lösung», sagt Müller. «Man setzt mit ihr die Leute unter den enormen Zeitdruck, sofort ja oder nein zu einer Kandidatur sagen zu müssen.»
Ein anderes Reformvorhaben betraf die Gemeindeverwaltung. «Verschiedene Funktionen sind von Privatpersonen im Nebenamt wahrgenommen worden.» Mit dieser Verzettelung wurde 1990 Schluss gemacht und seither Verwaltungsdienstleistungen in Bottenwil eingekauft. «Ohne die Arbeit der früheren Funktionäre abzuwerten, ist diese Lösung professioneller und angesichts der immer grösseren Komplexität der Aufgaben kostengünstiger.»
Beim Stichwort Kosten liegt das Thema Gemeindefinanzen nahe. «Die sind gut – noch gut», sagt Müller und spricht den neuen Finanzausgleich an. «Die Position Grundbedarf einer Gemeinde fällt weg, was die kleinsten Gemeinden schwer belastet.» Wachsen können wir nicht – dies verbietet uns die Raumplanung, in welcher wir die Rolle eines Naherholungsgebiets haben. Eines, das notabene bei der Bevölkerung der Agglomeration sehr beliebt ist.» ÖV ist für Wiliberg ein Fremdwort. Es gibt seit Jahren keinen öffentlichen Bus mehr, was die Gemeinde auch nicht attraktiver macht. Eine Fusion als Ausweg? Mit wem? Müller sähe diesen Schritt nur mit wirklich grossen Gemeinden wie Schöftland oder Zofingen.
Wie auch immer: Stephan Müller hat nun Zeit für die Familie, zum Skifahren und Wandern in den Bergen. Daneben ist er weiterhin im Vorstand der Landwirtschaftlichen Genossenschaft Muhen engagiert. «An Beschäftigung fehlt es mir nicht», sagt er beim Abschied.