
Die Anstalt feiert ihr Jubiläum




Aarburg leuchtet – Weihnachtsmarkt und Bazar
Am Samstag, 1. Dezember, findet von 11 bis 21 Uhr im Städtli der Weihnachtsmarkt und auf der Festung der Bazar statt.
Neben Festungsführungen und einer Ausstellung zum 125-Jahr-Jubiläum des Jugendheims besteht auch die Möglichkeit, eine Wohngruppe zu besichtigen und die vielfältigen Artikel aus den Betrieben und Ateliers kennenzulernen.
Das Heimatmuseum mit dem Nachbau einer Zelle aus den Anfängen des heutigen Jugendheims ist von 11 bis 18 Uhr geöffnet.
Auf der Speisekarte des Jubiläums-Ässe standen Köstlichkeiten wie die «Adjunkt’s Wy-Bratwurscht» oder die «Fürwächter’s Schnaps-Bratwurscht». Dies verleitete Jugendheim-Direktor Hans Peter Neuenschwander zu der Bemerkung, dass in den Anfängen des Jugendheims auf der Festung Aarburg Wein zur täglichen Ration der Mitarbeiter und sogar der Jugendlichen gehörte. «Doch damit wurde schon lange vor meiner Zeit aufgehört», erklärte der Direktor den amüsierten Gästen.
Die Einladung versprach eine schlichte Feier anlässlich des 125-Jahr-Jubiläums der «Zwangserziehungsanstalt für jugendliche Verbrecher und Taugenichtse». Doch das Programm sah vier Ansprachen vor. Den Anfang machte der Chef des Amtes für Justizvollzug des Kantons Aargau, Pascal Payllier. Er erinnerte an den erbärmlichen Zustand, in welchem sich die Festung zu Beginn befunden habe: Die Zöglinge respektive Detenierten – das war der damals übliche Sprachgebrauch – sassen in ungeheizten Zellen mit winzigen, vergitterten Fenstern; nur die Korridore waren geheizt; Essensentzug und Prügel als Strafe waren die Regel. Erst in den 1930er-Jahren sei der Erziehungsgedanke gegenüber dem Strafgedanken in den Vordergrund gerückt. Und 1946 wurde die Festung ein erstes Mal gründlich saniert.
«Das steinerne Geschichtsbuch»
Regierungsrat Urs Hofmann wies auf die lange Geschichte der Festung hin (erste Erwähnung 1123) und bezeichnete sie auch als «steinernes Geschichtsbuch» für den Aargau. Denn die Festung war schon vieles: erbaut als Herrschaftssitz, dann Sitz von Vögten, Kaserne, Gefängnis, Richtstätte, Zwangserziehungsanstalt und nun ein Ort, wo jungen Menschen die Fähigkeiten vermittelt werden, damit sie in ein geordnetes Leben zurückkehren und ein selbstbestimmtes Leben im Rahmen der geltenden Gesetze führen können.
Der Psychiater Josef Sachs, ehemaliger Konsiliararzt des Jugendheims, blickte als Festredner durch seine berufliche Brille auf die Geschichte: Die Zielgruppe der 1893 eingerichteten Anstalt bildeten 14- bis 20-jährige «Wildlinge». Damit meinte man im damaligen Sprachgebrauch Verwahrloste, Verbrecher und Taugenichtse. Menschen, die in der Gesellschaft Schwierigkeiten haben. Zum einen gab es intelligente, raffinierte Outlaws wie Bernhard Matter, zum andern intellektuell Schwache und Arbeitsunfähige. Beide Gruppen sprachen nicht auf disziplinarische Massnahmen an. Das frühe Jugendheim wurde so zu einer Art Labor für die Wissenschaft, vor allem auch der Psychiatrie.
Rund 4920 Jugendliche sassen seit 1893 auf der Aarburg ein. «Abgesehen von einigen wenigen sind zu allen die Akten noch vorhanden», sagte Neuenschwander. Der Autor Peter Schulthess hatte also ein umfangreiches Archiv zur Verfügung für seine Jubiläumsschrift «Die Jugend auf der Aarburg». Das Buch selber ist noch nicht erhältlich. «Wir bedauern dies ausserordentlich», sagte Neuenschwander und ergänzte: «Manchmal geht einfach nicht mehr. Diese Grundhaltung müssen wir auch leben in der pädagogischen Arbeit mit unseren Jugendlichen.» Deshalb zitiert der Direktor aus einem Gedicht von Jochen Mariss: «Einfach nur den Moment geniessen.»

