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Die Bührle-Sammlung muss man öffentlich zeigen. Verstecken hilft nicht

Die Bührle-Sammlung muss man öffentlich zeigen. Verstecken hilft nicht

Braucht die Bührle-Sammlung eine erneute Überprüfung? Ja, wenn es Zweifel gibt. Die Drohung von Lukas Gloor, in diesem Fall die Sammlung aus dem Zürcher Kunsthaus abzuziehen, ist dagegen so falsch wie dumm.    

Sabine Altorfer

Sandra Ardizzone / INL

Das Hickhack um die Bührle-Sammlung geht weiter. Genauer um den Sammler und die Fragen, ob seine Ankäufe rechtens waren und ob sein Geschäftsgebaren die Kunst kontaminiere. Die Provenienzforschung hat die Bührle-Stiftung erledigt – nach eigenen Angaben umfassend – und online veröffentlicht. Im Vergleich zu vielen Museen tatsächlich akribischer.

Nun wird die Kritik lauter, sie habe nur Raubkunst als unrechtmässige Erwerbungen taxiert, nicht aber Fluchtgut und sie vernachlässige, welch verwerflicher Geschäftemacher Emil Bührle war. Stadt und Kanton Zürich, die das Kunsthaus subventionieren, beugen sich dem Druck und wollen nun, dass die Recherchen der Stiftung unabhängig geprüft werden. Stiftungspräsident Lukas Gloor kritisierte das im «Sonntagsblick» und drohte – indirekt – mit dem Abzug der Sammlung aus dem Kunsthaus. Wenn das seine letzte Tat als Präsident der Stiftung ist (der 68-Jährige tritt Ende Jahr zurück), dann schadet er ihr mehr, als seine zwanzigjährige Arbeit ihr genützt hat.

Jein. Ausweglos bleibt sie, wenn weiterhin mit ideologischen, moralischen und persönlichen Scheuklappen gestritten wird. Wenn Fakten sprachlich verschwurbelt, Veränderungen in der Best Practice nicht berücksichtigt werden und nicht zwischen Moral und Recht unterschieden wird.

Dass sich Gloor gegen eine Überprüfung stellt, ist dumm. Und falsch. Für seine Überreaktion sehen wir zwei Erklärungen: Zum einen fühlt er sich wohl persönlich in Frage gestellt. Zum anderen weiss er, dass es im Fall Bührle unabhängige Expertise kaum (mehr) gibt. Die Kernfrage ist, nach welchen Kriterien man urteilt: aus heutiger Sicht oder damaligem Recht? Vergessen wir nicht, die Schweiz hat die Geschäfte von Bührle toleriert und sogar gefördert. Illegal waren weder seine Waffenproduktion noch der Handel mit allen Mächten, die sein Kriegsgerät wollten.

Dass man mit Offenheit und Gelassenheit mehr erreicht als mit ideologischen Grabenkämpfen, hat sich beim Fall Gurlitt gezeigt. Nach anfänglichem Gezerre haben das Kunstmuseum Bern und die deutschen Recherchezentren glaubwürdig gezeigt, dass sie alle Stimmen, Ansprüche und Einwände anhören und prüfen wollen. Symptomatisch und klug war die Antwort der Berner Museumsdirektorin Nina Zimmer auf die Frage, ob sie nicht Angst habe, schlafende Hunde zu wecken. «Dann wecken wir sie, das ist gut und notwendig.»

Wen soll Zürich als unabhängige Prüferinnen und Prüfer einsetzen? Ein ideologisch durchmischtes Gremium wäre mutig und Einmischung der Stadt verboten. Es ist zu hoffen, dass die Bührle-Stiftung und das Kunsthaus das Vorgehen akzeptieren. Auch zu ihrer Entlastung. Selbst wenn Belastendes gefunden würde, haben sie dann eine breiter abgestützte Basis, um zu handeln und allenfalls zu verhandeln. Zudem können sie die Resultate und Kriterien dieser Expertise wieder hinterfragen.

Wichtig ist aber, dass die Sammlung Bührle im öffentlichen Kunsthaus öffentlich sichtbar bleibt. Emil Bührle und seine Sammlung sind Teil der Zürcher und Schweizer Geschichte – unserer Geschichte. Der müssen wir uns stellen. Die Kunstwerke in einem Depot der Stiftung oder des Kunsthauses zu verstecken, ist nicht nur keine Lösung, sondern falsch.

Und zum Schluss noch dies: Unschuldig sind die Kunstwerke. Sie haften nicht für ihre Sammler und Museen.

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