Die FDP sagt an der Parteiversammlung Jein zum Vaterschaftsurlaub

Haarscharf war es. Mit 33 zu 32 Stimmen fassten die anwesenden Freisinnigen an der Parteiversammlung der FDP Aargau die Ja-Parole zum Vaterschaftsurlaub, über den wir im September abstimmen werden. Es gab einige Lacher im Saal, dann ungläubige Blicke. Schliesslich fragte ein Anwesender in der Mehrzweckhalle in Aarburg: Stimmt das wirklich? Also entschied Parteipräsident Lukas Pfisterer: Stimmen wir doch nochmals ab. Beim zweiten Durchgang lautete das Ergebnis: 31 Ja- zu 33 Nein-Stimmen. Nun war die Verwirrung perfekt. Schliesslich sagte Pfisterer: «Darf ich Ihnen vorschlagen, dass wir Stimmfreigabe beschliessen?» Dagegen hatte schliesslich niemand etwas einzuwenden.

Dem Entscheid war eine mehrminütige Debatte vorausgegangen. Den Auftakt machte Claudia Hauser, Vize-Präsidentin der Kantonalpartei. «Ich stelle mich nicht gegen einen Urlaub für Väter, damit sie nach der Geburt zu Hause sein können. Doch ich finde: Wir brauchen einen Elternurlaub. Das wäre die fortschrittlichere Lösung.»

Damit war die Debatte lanciert. In der Folge wechselten sich die Voten ab, es wurde darüber diskutiert, was den Unternehmen teurer zu stehen kommen würde: Ein zweiwöchiger Vaterschaftsurlaub, oder aber die Konsequenzen, wenn man, als eines der einzigen Länder in Europa, keinen solchen einführen würde.

Schliesslich meldete sich Nationalrat Matthias Jauslin zu Wort: Er hätte auch gerne einen Elternurlaub gehabt. Doch dieser wurde im nationalen Parlament abgelehnt. Deshalb würde er sich für diese Lösung einsetzen: «Wir sind im Jahr 2020. Wenn wir auf unsere Plakate schreiben, dass wir uns für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen, müssen wir jetzt ein Zeichen setzen.»

Dem wiederum widersprach Sabina Freiermuth, Fraktionspräsidentin der FDP im Aargauer Grossen Rat: «So ein wichtiges Thema ist nicht dazu da, um Zeichen zu setzen. Eine richtige Lösung muss her. Und das ist der Elternurlaub.» Einig wurden sich die Freisinnigen nicht.

Der Vaterschaftsurlaub war der einzige Punkt, der in einer ansonsten unaufgeregten Parteiversammlung für Diskussionen sorgte. Für kleine Adrenalinschübe sorgte am ehesten noch das laute Rauschen im Saal, das jedes Mal dann aus den Boxen dröhnte, wenn zwischen den verschiedenen Rednern das Rednerpult inklusive Mikrofon desinfiziert wurde.

Zu zwei Abstimmungen, zur eidgenössische Begrenzungsinitiative und zur kantonalen Initiative über die Abschaffung der Schulpflege, hatte die Geschäftsleitung der FDP Aargau wegen Corona bereits die Parolen beschlossen. Darüber wurde nur noch informiert. Und bei zwei weiteren Abstimmungen, bei der eidgenössischen über die Kampfflugzeuge und bei der eidgenössiche Konzernverantwortungsinitiative (über die allerdings nicht am nächsten Abstimmungstermin im September, sondern erst im November abgestimmt wird), war die Lage klar: Zu den Kampfflugzeugen wurde einstimmig die Ja-, zu der Konzernverantwortungsinitiative einstimmig die Nein-Parole beschlossen.