Die fünfte Welle ist da: Welche Pandemie-Massnahmen machen jetzt Sinn, um die Welle zu glätten?
Die fünfte Welle ist da: Welche Pandemie-Massnahmen machen jetzt Sinn, um die Welle zu glätten?
Was hilft, die Fallzahlen zu senken, ist zum Glück inzwischen besser belegt. Doch nicht alles wird akzeptiert. Wir haben den Massnahmen-Check gemacht. Am besten schneidet die Homeoffice-Pflicht ab.
Die Fallzahlen verdoppeln sich alle zwei, die Hospitalisationen alle drei Wochen. Und der Winter steht uns erst bevor. In unseren Nachbarländern mit ähnlichen Impfquoten werden harte Massnahmen eingeführt wie 2G und Lockdowns für Ungeimpfte, um die nächste Welle zu bremsen. Was ist in der Schweiz möglich und was sinnvoll?
1. Booster-Impfungen für alle
Nach rund einem halben Jahr sinkt der Impfschutz gegen Hospitalisationen von anfangs 95 auf 80 Prozent bei älteren Menschen. Somit ist die Auffrischimpfung eine wirksame Massnahme gegen schwere Erkrankungen bei Seniorinnen und Senioren. Bei Jüngeren ist der Impfschutz nach einem halben Jahr gegen Hospitalisation noch sehr hoch. Aber der Schutz vor Infektionen lässt auch bei den Jüngeren nach. Eine Booster-Impfung der Jüngeren hilft somit in der aktuellen epidemiologischen Lage mit den steigenden Infektionszahlen. Die Booster-Impfung erhöht den Schutz gegen Infektionen während ein paar Monaten, sodass die Viruszirkulation über den Winter reduziert wird.
Wirkung: ★★★Akzeptanz: ★★★
2. Tests wieder gratis zur Verfügung stellen
Wären die Coronatests wieder für alle gratis – egal ob man Symptome hat oder nicht, ob man geimpft ist oder nicht, dann würden sich mehr Leute testen lassen und mehr anfänglich noch asymptomatische Fälle würden entdeckt und somit Infektionsketten frühzeitig unterbrochen. Es müsste nicht zwingend bedeuten, dass Ungeimpfte mit einem negativen Testergebnis ein Zertifikat bekommen würden.
WIRKUNG: ★★☆ AKZEPTANZ: ★★☆
3. Test-Gültigkeit auf 24 Stunden reduzieren
Dass die Antigentests mit 48 Stunden eine zu lange Gültigkeit haben, kritisieren die Schweizer Epidemiologen schon lange. Antigentests erkennen Infizierte erst ab einer höheren Virenlast – und diese kann nach einem Tag schon dramatisch gestiegen und der Infizierte somit ansteckend sein. Virologen wie Didier Trono oder Epidemiologe Christian Althaus fordern eine Gültigkeitsdauer für Antigentests von nur 24 Stunden und 48 Stunden für PCR-Tests.
WIRKUNG: ★★☆AKZEPTANZ: ★★☆
4. 2G in Restaurants und bei Veranstaltungen
Österreich ist sozusagen das Experimentierfeld für die Massnahme, nur noch Geimpften und Genesenen Zugang zu gewähren. Zumal das Land etwa ähnlich viele Einwohner und die gleiche Impfquote hat. Der Effekt von 2G ist hoch. Innerhalb einer Woche liessen sich 70’000 Menschen impfen, doppelt so viele wie in der Schweizer Impfwoche. Die österreichische Impfung geht sogar noch weiter und hat seit Montag auch noch einen Lockdown für Ungeimpfte in Kraft gesetzt. Vor den österreichischen Impfzentren stehen die Menschen Schlange. Bundesrätin Karin Keller-Sutter ist der Meinung, dass diese Regel in der Schweiz nicht akzeptiert würde.
WIRKUNG: ★★★AKZEPTANZ: ★★☆
5. Impfpflicht für Pflege- und Bildungsberufe
Das Virus kursiert zurzeit deutlich am meisten unter Kindern und Jugendlichen. Die Kinder unter zwölf Jahren dürfen nicht geimpft werden – und sie sollten das nicht tun müssen, nur um Erwachsene zu schützen, die sich der Impfung verweigern. Die Kinder müssen nicht ausbaden, was ihnen erwachsene Impfverweigerer einbrocken, wie Impfchef Christoph Berger an der Medienkonferenz in Bern klargestellt hat. Epidemiologisch würde eine Impfpflicht in Bildungsberufen somit viel Sinn machen. Ausfallende Lehrerinnen und Lehrer belasten das Schulsystem und damit auch die Kinder. Bei den Pflegeberufen wäre die Impfpflicht epidemiologisch auch sinnvoll, weil Pflegende im Epizentrum der Pandemie arbeiten; dort, wo es um Leben und Tod geht. In benachbarten Ländern ist die Impfpflicht im Anmarsch. Virginie Masserey vom BAG hat gestern in Bern gesagt, dass die Impfpflicht in der Schweiz zur Zeit kein Thema sei.
WIRKUNG: ★★★ AKZEPTANZ: ★☆☆
6. Maskenpflicht in allen Innenräumen
Die Maskenpflicht könnte wieder in allen Innenräumen gelten – nicht nur im ÖV und in Läden. Es würde bedeuten, dass auch dort, wo heute Zertifikatspflicht ist, Masken getragen werden müssten: im Theater, im Kino, an Sportveranstaltungen und vom Servicepersonal in Restaurants. Das würde allfällige Infizierte (ob vom Test nicht entdeckt oder Geimpfte) weniger ansteckend machen. An Grossveranstaltungen mit 3G könnte man das Infektionsrisiko so sehr kleinhalten. Der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger forderte zudem ein Obligatorium für FFP2-Masken.
WIRKUNG: ★★☆AKZEPTANZ: ★★☆
7. Homeoffice-Pflicht
Die Homeofficepflicht könnte schnell wieder eingeführt werden. Besonders beim Fernunterricht der Berufs- und Hochschüler hätte das Zuhausebleiben einen raschen Effekt auf die Infektionszahlen. Dass Schulen geschlossen werden, steht aktuell nicht zur Diskussion. In vielen Firmen gilt die 3G-Regel, die seit September am Arbeitsplatz erlaubt ist.
WIRKUNG: ★★☆AKZEPTANZ: ★★☆
8. Hygieneregeln wieder besser beachten
Weil es noch zu viele Ungeimpfte gibt und das Virus – wenn auch nicht so lang wie von Ungeimpften – auch von Geimpften weitergegeben werden kann, wird es im Winter wieder wichtiger, die Hygieneregeln zu beachten. Wieder etwas mehr Distanz, weniger Händeschütteln und keine Begrüssungsküsschen.
WIRKUNG: ★★☆AKZEPTANZ: ★★☆
9. Massenveranstaltungen für alle einschränken
Drastischer noch als Zertifikatspflicht plus Maskentragepflicht an Veranstaltungen wäre, Grossveranstaltungen wieder ganz zu verbieten. Dies könnte für Orte diskutiert werden, wo nie alle eine Maske tragen, wie die Schauspieler im Theater oder Sänger an Konzerten. WIRKUNG: ★☆☆AKZEPTANZ: ★☆☆
10. Private Treffen einschränken
Wie im Lockdown könnten Besuche wieder auf maximal zwei Haushalte reduziert werden. Diese Regel würde wohl für geimpfte wie ungeimpfte Personen gleichermassen gelten müssen, sonst wäre sie noch weniger durchführbar oder überprüfbar.
WIRKUNG: ★★☆AKZEPTANZ: ★☆☆