
Die Migros mistet ihre Eigenmarken aus – mit Folgen für die Kultmarke M-Budget
Die Migros ohne ihre Eigenmarken, das wäre wie Donald Trump ohne orangen Teint. Sie zeichnen die Detailhändlerin seit ihrer Gründung durch Gottlieb Duttweiler aus. Mit günstigeren Alternativen zu teuren Markenprodukten wurde die Migros erfolgreich. Sei es mit Mirador statt Aromat oder Kaffee Zaun statt Kaffee Haag.
Doch nun geht die Migros über die Bücher. Sie ist daran, ihr Portfolio zu bereinigen. Manche Produkte werden neuen Eigenmarken zugeordnet, und manche Eigenmarken werden gar komplett aufgegeben, wie Recherchen dieser Zeitung ergeben haben.
Sticker weisen auf Veränderung hin
So klebt zurzeit beispielsweise auf den Roll- und Spray-Deodorants und den Kräuterschaumbad-Flaschen der Billigmarke M-Budget ein Kleber mit der Aufschrift: «Bald unter M-Classic zum gleichen Preis». Bei einem Seifenspender wurde dieser Wandel bereits vollzogen. Auf ihm klebt ein Sticker auf dem es heisst: «Vorher M-Budget zum gleichen Preis». Eingestampft hat die Migros kürzlich die erst 2013 lancierte Günstig-Kosmetiklinie Bellena mit über 40 Produkten wie Duschgel, Körperlotion oder Gesichtscrème.
«Bald unter M-Classic» – das Kräuterschaumbad von M-Budget gibt es nicht mehr lange.
© Benjamin Weinmann
Ein Migros-Sprecher bestätigt auf Anfrage: «Es werden vereinzelt Marken verschwinden, vor allem dann, wenn sie nicht klar positioniert und entsprechend nicht verständlich für die Kunden sind.»
Entfernt würden auch Produkte, wenn sie zu ähnlich zu anderen Artikeln im Sortiment seien, oder die Nachfrage zu klein sei. «Damit schaffen wir auch Platz für Neuheiten.» So habe man zuletzt die neue Eigenmarke V-Love für vegane Produkte eingeführt.
Höchster Eigenmarkenanteil im Schweizer Detailhandel
Die Migros will nicht von einem einmaligen Programm sprechen, sondern lieber von einer permanenten und dynamischen Überprüfung des Sortiments. Denn: «Umstellungen werden von den Kunden selten geschätzt.» Deshalb mache man dies nur, wenn man eine bessere Lösung parat habe. Tatsächlich dürfte es manchen treuen Kunden nicht gefallen, wenn plötzlich ihr Lieblingsprodukt verschwindet.
Der Sprecher betont, die Migros habe mit über 200 Eigenmarken den höchsten Eigenmarkenanteil im Schweizer Detailhandel. «Und wir werden diesen weiterhin so hochhalten.» Das schliesse aber nicht aus, dass die eine oder andere Marke mal gestrichen werde. Denn mehrere ähnlich positionierte Marken in einem Sortiment würden den Kunden die Orientierung erschweren und den Einkauf unnötig kompliziert machen. «Dies kann dazu führen, dass Eigenmarken, wie im Falle von Bellena, aus dem Sortiment genommen werden.» So wolle man den Einkauf stressfreier machen.
M-Budget-Sortiment soll ausgebaut werden
Welche anderen Eigenmarken in letzter Zeit verschwunden sind, will die Migros nicht verraten. Wie die «Sonntagszeitung» kürzlich berichtete, gehört zu den Opfern aber auch die Ovomaltine-Alternative «Eimalzin». Migros-Chef Fabrice Zumbrunnen wechselte sie durch die Originalmarke aus. Zudem wird offenbar auch geprüft, Lindt ins Sortiment aufzunehmen, was den Platz für die Eigenmarke Frey einschränken würde.
Und was ist mit M-Budget? Die Billiglinie führte die die Migros 1996 ein, nicht zuletzt um sich für den befürchteten Markteintritt der deutschen Harddiscounter Aldi und Lidl zu wappnen. Rasch wurde sie Kult. Coop folgte erst 2005 mit «Prix Garantie». Doch derzeit kleben auf einigen M-Budget-Produkten wie den Deodorants Hinweise, dass diese umgewandelt würden. Wird das das Sortiment gar verkleinert? Nein – im Gegenteil, wie der Sprecher sagt. Es soll nun sogar leicht ausgebaut werden. Aktuell zählt es über 500 Artikel.
Die Migros durchleuchtet ihr Portfolio – mit Folgen für diverse Produkte wie den M-Budget-Deo.
© Benjamin Weinmann
Auch Coop will billiger werden
Dieser Ausbau überrascht insofern nicht, als Hauptkonkurrentin Coop ebenfalls daran ist, ihr 2005 lanciertes «Prix Garantie»-Sortiment stark zu erweitern. Anfang 2019 gab Coop-Chef Joos Sutter bekannt, dass zu den 500 Billig-Artikeln mindestens 100 neue hinzukommen sollen, wie beispielsweise ein Kilo Bananen für 2 Franken oder 600-Gramm-Mozzarella für 3 Franken. Zudem hat Sutter den Auftritt der Günstigmarke auffrischen lassen, die zuvor optisch wohl etwas zu billig daherkam.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Migros ihr Sortiment durchleuchtet, um die «Renner» und «Penner» ausfindig zu machen. So werden in der Branche die erfolgreichen und weniger erfolgreichen Produkte salopp genannt. 2012 machte «Der Sonntag» ein Projekt des Detailhändlers publik, bei dem das Sortiment von damals rund 40’000 Produkten um zehn Prozent verkleinert werden sollte. Umfragen hatten bei den Kunden ergeben, dass die Kunden oft zu lange nach ihrem Produkt suchen mussten. Oder wie es ein Migros-Manager damals sagte: Man habe in grösseren Geschäften bis zu 17 Marken Mineralwasser in 35 Formaten. «So viele verschiedene Produkte braucht es einfach nicht.»