Die Schweiz hinkt hinterher: Deshalb wollen die Befürworter den Vaterschaftsurlaub

«Die Schweiz ist bereit für den Vaterschaftsurlaub». So lautet die Botschaft der Befürworter an einer Medienkonferenz am Donnerstag in Bern. Das zeige auch die breite überparteiliche Unterstützung von links bis rechts, so Travail-Suisse-Präsident Adrian Wüthrich, der dem Ja-Komitee vorsteht. «Die Schweiz kann sich den Vaterschaftsurlaub auch leisten», sagte er. Laut der Berechnung der Verwaltung würden Arbeitnehmende und Arbeitgeber höchstens 1,62 Franken pro Monat bei einem Lohn von 6500 Franken zahlen. Die Kosten von 230 Millionen Franken, die von der Verwaltung publiziert wurden, seien zudem zu hoch angesetzt.

 

Die Schweiz ist, was den Vaterschaftsurlaub angeht, ein Entwicklungsland. So lautet der Tenor unter den Sprecherinnen und Sprechern. «Wir haben den Anschluss verloren», betonte Susanne Vincenz-Stauffacher, Nationalrätin und Präsidentin der FDP Frauen. Das schade auch der Wirtschaft, denn moderne Arbeitsbedingungen gehörten mittlerweile zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort dazu. Ein gesetzlich geregelter Vaterschaftsurlaub schaffe auch gleich lange Spiesse für die KMU. Diese seien bis anhin im Nachteil gegenüber den grossen Firmen gewesen, die sich den Urlaub jetzt schon leisten können.

Für Gleichstellung und höhere Geburtenraten

 

Ein weiteres Argument der Befürworter ist die Gleichstellung von Vätern und Müttern. «Frauen alleine tragen heute das Risiko, bei einer Geburt am Arbeitsplatz auszufallen», sagte die Berner GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy. Solange dieses Risiko ungleich verteilt sei, hätten Frauen am Arbeitsmarkt die schlechteren Karten. Für die Baselbieter Grünen-Ständerätin Maya Graf ist es wichtig, dass die Väter nach der Geburt präsent sind, auch für die physische und psychische Gesundheit der Mutter.

Ähnlich sieht es auch die Genfer SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz. «Die Männer sollen nach der Geburt nicht nur Zuschauer sein», sagte sie. Während die SVP Schweiz den Vaterschaftsurlaub ablehnt, bekommt er von vielen Westschweizer Sektionen Unterstützung. Auch für Amadruz ist der Urlaub eine wichtige Investition, und essenziell für die Zukunft des Landes. Denn dieser könne mitunter auch ein Lösungsansatz für die tiefen Geburtenraten in der Schweiz darstellen.

Im September 2019 beschloss das Parlament einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub – als indirekten Gegenvorschlag zur Initiative «Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub – zum Nutzen der ganzen Familie». Dieser soll in den ersten sechs Monaten nach der Geburt bezogen und über die Erwerbsersatzordnung finanziert werden. Ein Komitee aus SVP- und Gewerbekreisen sowie einzelnen FDP- und CVP-Vertretern ergriff daraufhin das Referendum, weshalb die Vorlage am 27. September zur Abstimmung kommt.