Die Sozialen Dienste Aarburg schaffen die Kehrtwende

Als Martin Amacher im Juni 2017 die Leitung der Sozialen Dienste in Aarburg übernahm, traf er eine chaotische Situation an. Das Team war entzweigespalten in die Bereiche Administration und Sozialarbeit, Prozesse waren nicht definiert, eine Führung war nicht vorhanden und die Stimmung war miserabel. «Die Strategie ‹hart, aber fair› gab es zwar schon, aber sie wurde nicht umgesetzt», erläutert Amacher die Situation. «Zudem war das Vertrauen in den Gemeinderat, die Ressort- und Abteilungsleitung sehr gering.»

Rückblick: Im Jahr 2015 leitete die Ressortvorsteherin und Frau Vizeammann Martina Bircher (SVP) die Reorganisation der Sozialen Dienste ein. Ende 2014 erreichte die Sozialhilfequote einen ersten Höhepunkt: 5,9 %. Eine damals durchgeführte externe Analyse bescheinigte einen desolaten Zustand der Abteilung und zeigte dringenden und umfassenden Handlungsbedarf auf. In der Folge sank die Sozialhilfequote auf 5,3 % (Ende 2015) und 5,2 % (Ende 2016). Die Situation auf der Abteilung veränderte sich aber nur wenig. Entsprechend musste Martin Amacher – er war damals erst knapp sieben Monate in Aarburg – einen Rückschlag einstecken: Ende 2017 betrug die Sozialhilfequote 6,1 %. Doch die Kehrtwende wurde eingeleitet. «Das geht nicht von heute auf morgen, es braucht eine gewisse Ausdauer», gibt Martin Amacher zu bedenken. 2020 sank die Sozialhilfequote erstmals seit langem unter 5 % auf 4,9 %.

Eine neulich durchgeführte externe Analyse zeigt, dass die Kehrtwende auf der Abteilung Soziale Dienste geschafft ist. Die Stimmung im Team ist gut, die Mitarbeitenden schätzen die Arbeit, sind gut geführt und fühlen sich wohl. Zudem wurden die Prozesse optimiert und die Fluktuation auf der Abteilung ist wieder auf ein normales Mass gesunken. Weiter wird die Strategie «hart, aber fair» konsequent umgesetzt. Es gab in den letzten Jahren so viele Sanktionen und/oder Kürzungen sowie Anzeigen wegen Sozialhilfebetrug wie noch nie. Weiter wird die bezogene Sozialhilfe konsequent zurückgefordert. Alleine im Jahr 2020 flossen 300 000 Franken zurück an die Gemeinde. Was Amacher besonders freut: «Die Digitalisierung haben wir vorangetrieben. Im Bericht wird das explizit gelobt. Auch die Qualität der Dossiers sticht heraus.» 

Der Bereich Integration wurde ausgelagert

Die Arbeitsintegration übernimmt inzwischen das Unternehmen «Tangente». Es kann über die Hälfte der zugewiesenen Klienten ganz oder teilweise in den ersten Arbeitsmarkt integrieren. Im Bereich der Integration der vielen in Aarburg lebenden Eritreer wurde ebenfalls vorwärts gemacht. Diese übernimmt die Fachstelle zofingenregio. Regelmässig werden Beratungen und Veranstaltungen zu Themen wie Bildung, Erziehung, Gesundheit und Arbeit durchgeführt. All das sei nur möglich gewesen, weil die Mitarbeitenden aktiv an der Umgestaltung mitgearbeitet hatten, sagt Martin Amacher. Klare Abläufe, die Verminderung von Schnittstellen und das Verbessern der Kommunikation untereinander haben ebenfalls zur Verbesserung der Situation beigetragen. Inzwischen brauche es auch die operative Einflussnahme der Ressortleitung, also durch Martina Bircher, nicht mehr, wie Amacher ergänzt. Die Zusammenarbeit sei fruchtbar, auch wenn in diesem Bereich zwei konträre Pole aufeinandertreffen: der soziale und der wirtschaftliche.

Zur Sozialhilfequote sagt Amacher, dass die Abteilung Soziale Dienste darauf nur bedingt Einfluss nehmen könne. «Wir können die Strategie durchziehen und das Controlling stets verbessern. Es kommen aber noch einige externe Faktoren dazu, die wir nicht beeinflussen können.» Damit spricht er Liegenschaften mit sehr günstigem Wohnraum an. Hoffnung setzt Amacher in die angedachte Immobilienstrategie.

«Man kann nicht mit der hohlen Hand kommen»

Trotz der positiven Nachrichten gibt es hin und wieder auch ernüchternde Bescheide. So hat die Gemeinde einen Klienten angezeigt, der Sozialhilfe bezog und gleichzeitig arbeitete, dies aber verheimlichte. Das Gericht hielt dann fest, dass es sich dabei nicht um Sozialhilfebetrug handelte. «Das fand ich dann doch sehr speziell», sagt Amacher. Dennoch: Mit den vermehrten Anzeigen habe man das Image gegen aussen gestärkt. «Wir signalisieren, dass man nicht einfach mit der hohlen Hand zu uns kommen kann.» Den eingeschlagenen Weg will das Team rund um Martin Amacher nun fortführen. Das Ziel ist, die Sozialhilfequote unter 4 % zu bringen. Die Digitalisierung soll weiter vorangetrieben werden, was aber auch gewisse Anfangsinvestitionen und Ausbildungsmöglichkeiten benötigt, wie Amacher betont. Was ihn übrigens besonders freut: Die Finanz- und Geschäftsprüfungskommission hatte in den vergangenen Jahren immer einen grossen Fragenkatalog zu den Ergebnissen der Sozialen Dienste eingereicht. «Dieses Jahr mussten wir keine einzige Frage beantworten», sagt Amacher. «Das zeigt, dass wir transparent arbeiten.»