Dokumentar-Film in Dagmersellen lockt 70 Gäste in die «Arche»

Donnerstagabend, 18.45 Uhr. Im Gemeindezentrum Arche in Dagmersellen wird in wenigen Minuten der Dok-Film «Kopf oder Zahl» über die Luzerner Steuerstrategie gezeigt. Rund dreissig Stühle sind vor der Leinwand platziert, nur etwa die Hälfte davon besetzt. Wenige Minuten später muss bereits nachgestuhlt werden.

Somit haben die vorgestrige Vorstellung und die Luzerner Steuerstrategie etwas gemeinsam: Die Erwartungen liegen daneben. Während der Kanton in den letzten Jahren höhere Einnahmen durch die Unternehmenssteuern erhofft hat, erwarteten die Veranstalter für die Filmvorführung in Dagmersellen offensichtlich nicht 70 Gäste.

Anschliessend flimmerte der 80-minütige Film über die Leinwand. Der Basler Regisseur Reinhard Manz hat im letzten Jahr die Luzerner Politik analysiert. Nicht weniger als 31 Protagonisten vereint er in seinem Film – geplant wären sogar mehr gewesen. Zu Wort kommen dabei Regierungs-, Kantonsräte, alt Nationalrätinnen, Gemeindeschreiber, Unternehmer, Wirtschaftswissenschaftler, Anwälte, Lehrer und Reinigungskräfte. Durchsetzt ist der Dok-Film aber auch mit Grafiken, die Fakten zur Steuerstrategie illustrieren. Eine geballte Ladung an Informationen, die einen kurzfristig ohnmächtig, langfristig aber neugierig machen können. Eine gute Grundlage für eine politische Auseinandersetzung. Im Anschluss an den Film folgte – wie bei jeder seiner Aufführungen – eine Podiumsdiskussion. So auch in Dagmersellen mit dem Kantonsrat und Regierungsratskandidaten Fabian Peter (FDP) und der SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo. Das Podium moderierte der selbstständige Zofinger Texter David Koller.

Peter und Birrer waren sich zugleich ziemlich einig: Sie fanden den Dok-Film beide politisch ausgeglichen. Das sei ein Thema, welches bewege – gerade vor den Wahlen, sagte Peter. Es sei gut, dass die Angelegenheit einmal auf den Tisch komme – die Steuerpolitik sei ja ein Dauerthema im Kantonsrat, sagte Birrer. Bei ebendieser gehen die Meinungen der Politiker aber stark auseinander: Peter stützt im Grossen und Ganzen den eingeschlagenen Weg der Regierung, obwohl «nicht alles gut rausgekommen ist». Damit verwies er auf die Tiefsteuerstrategie, die der Kanton seit 2011 verfolgt. Auch er bedauere beispielsweise, entgegnete er Birrer, dass die Hälfte der Unternehmungen keine Gewinnsteuern zahlten. Manchmal brauche es aber Mut, neue Wege einzuschlagen. Birrer hingegen kritisierte dezidiert: «Das, was im Kanton Luzern an Leistungen gekürzt wurde, ist die direkte Folge der Kantonspolitik.»

Später eröffnete der Moderator die Diskussion für die Gäste. Nach anfänglichem Zögern nahm die Diskussion später an Fahrt auf. Einige vermissten im Film die Stimmen der Betroffenen. Ein Lehrer monierte ferner, dass die Politiker nur in Zahlen sprechen würden. «Ich rede nicht die gleiche Sprache wie ihr», sagte er den Podiumsteilnehmenden Birrer und Peter. Die Diskussion würde nicht so geführt, damit sie die Bevölkerung verstehe. Er sei als Lehrer beispielsweise direkt von den Sparmassnahmen und den Qualitätseinbussen betroffen. Der Dagmerseller Gemeindepräsident und FDP-Kantonsrat Philipp Bucher entgegnete: Das sei natürlich ärgerlich für die, die es treffe. Er habe in der Privatwirtschaft jedoch auch schon die Erfahrung gemacht, dass wegen Sparmassnahmen plötzlich eine 45- statt 40-Stunden-Woche eingeführt wurde. Um 22 Uhr schloss der Moderator die Diskussion. Der Regisseur hat sich vom Film genau das erhofft: eine Diskussion bis in die späten Abendstunden.

Der Film tourt weiter

Mit dem Film «Kopf oder Zahl», der am 22. Januar im Kino Bourbaki Premiere feierte, sind die Initianten sowie Regisseur und Produzent zurzeit auf Tour. Der Film wurde im Kanton Luzern bereits 15 Mal vorgeführt – unter anderem in Luthern und Willisau. 1600 Personen haben ihn laut Angaben der Veranstalter bereits gesehen und im Anschluss diskutiert. Die Vorstellung in Dagmersellen wäre eigentlich die letzte gewesen. Nun wird der Film heute Samstag in Luzern und am Montag in Kriens noch einmal gezeigt.