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Drei Monate des Wahnsinns – Murat Yakins erstaunlicher Weg in die Herzen der Schweiz

Drei Monate des Wahnsinns – Murat Yakins erstaunlicher Weg in die Herzen der Schweiz

Nach der geglückten WM-Qualifikation verlängert sich der Vertrag von Nationaltrainer Murat Yakin bis Ende 2023. In den Momenten seines grössten Triumphs denkt er zuerst an andere.

Etienne Wuillemin und Christian Brägger

Gerade noch erlebte die Schweiz einen Sommer wie nie zuvor. EM-Viertelfinal. Totale Euphorie. Frenetischer Empfang am Zürcher Flughafen. Die Nati spielte sich in die Herzen der Schweiz. Die Spieler werden als Helden gefeiert. Und ihr Anführer sagt: «Für den Fussball in der Schweiz ist es wichtig, dass wir anfangen, diesen Erfolg als Nullpunkt zu sehen, als Ist-Zustand.» Der Anführer heisst Vladimir Petkovic. Es ist der 3. Juli 2021.

Die geballte Freude in einem Bild: Captain Granit Xhaka herzt Vladimir Petkovic nach dem Einzug in den EM-Viertelfinal.

Daniel Mihailescu / AP Pool AFP

Ein paar Wochen später, es ist jetzt Montag, der 9. August, sitzt Murat Yakin in Muri bei Bern im Haus des Schweizer Fussballs auf einem Podium. Am Morgen hat er den Vertrag als neuer Nationaltrainer unterschrieben. Petkovic ist weit weg in diesem Moment, er bevorzugte es, weiterzuziehen. In Bordeaux hat er eine neue Herausforderung gefunden. Er hat sie auch darum angenommen, weil er glaubte, mit der Schweiz einen Höhepunkt erreicht zu haben.

Yakin sitzt also auf dem Podest, und sagt: «Die Nati hat der EM eine extreme Leidenschaft vermittelt. Das möchte ich weiterführen. Und ich bin überzeugt, dass wir miteinander grosse Erfolge feiern können. Dass ich das Team zu einer neuen Story führen kann.»

Handshake nach der Unterschrift. Am 9. August wird Murat Yakin als neuer Nationaltrainer vorgestellt.

Alessandro Della Valle / KEYSTONE

Gut drei Monate sind seither vergangen. Drei Monate, in denen Yakin und die Schweizer Nati eine Leistung vollbracht haben, die man gar nicht hoch genug einschätzen kann. Es ist tatsächlich gelungen, Italien in dieser WM-Qualifikation hinter sich zu lassen. Die Schweiz qualifiziert sich für das Turnier Ende 2022 in Katar.

Jetzt sitzt Yakin auf einem Podest in den Katakomben von Luzern. 21 Minuten lang spricht er über seine Freude und seine Gefühle. Er ist ergriffen von den Ereignissen des Abends. In manch einem Moment wirkt es, als könnte er noch gar nicht glauben, was gerade passiert ist.

Die gemeinsame Freude über die WM-Qualifikation: Yakin und die Schweizer Spieler.

Urs Flueeler / EPA

Am 21. November, in einem Jahr und fünf Tage also, findet in Katar das Eröffnungsspiel der WM 2021 statt. Es ist eine lange Zeit bis dahin, gewiss, und doch hat sie etwas Gutes: Die Schweizer Nati darf sich den Nervenkitzel einer Barrage im nächsten März ersparen. Wie heikel diese Spiele sein können, dafür gibt es genügend Beispiele, das Duell mit Nordirland im November 2017 zuletzt, als die Stimmung auf den Rängen in Basel so ganz anders war als nun in Luzern. Die Nati erreichte die WM zwar, aber es dominierten die Pfiffe gegen Haris Seferovic. Es waren gemischte Gefühle.

Jetzt hat es Yakin also tatsächlich geschafft, diese im Sommer entstandene Euphorie einfach weiterzuführen. Das hat auch für ihn einen schönen Nebeneffekt: Sein Vertrag als Nationaltrainer verlängert sich vorzeitig, bis Ende 2023 fürs Erste. Falls die Qualifikation für die EM 2024 in Deutschland gelingt, wird Yakin auch an diesem Turnier an der Seitenlinie stehen.

Es hat etwas Erstaunliches, wie schnell es Yakin geschafft hat, sich in die Herzen der Schweiz zu spielen. Nicht, weil man ihm das nicht zugetraut hätte. Aber man darf sich schon noch einmal in Erinnerung rufen, welchen Kontrahenten die Schweiz gerade hinter sich gelassen hat: Italien, den aktuellen Europameister. Es ist ein Erfolg, den es so bis anhin noch nicht gegeben hat. Die Schweiz gewann zwar auch schon Qualifikationsgruppen, aber da hiessen die stärksten Gegner Dänemark, Griechenland oder Norwegen. Der Montagabend von Luzern markiert das perfekte Ende eines Länderspieljahres, das für immer unvergessen bleibt.

Und natürlich gab es auch Gedanken zur Leistung einzelner Spieler. Yakin konnte es also kaum unterlassen, seinen temporären Captain zu loben. Besonders nach Shaqiris Auftritt beim 100. Länderspiel für die Schweiz, für die es nur die eine richtige Note geben konnte: Die Note sechs.

Xherdan Shaqiri herzt Nati-Trainer Murat Yakin.

Bild: Martin Meienberger/Freshfocus

Schliesslich hat Yakin doch noch ein paar Gedanken zu Italien, dem unterlegenen Widersacher um den Gruppensieg. Und über dessen Trainer Roberto Mancini, der mehrmals vor versammelter, doch so kritischer italienischer Presse die sichere WM-Teilnahme ausgerufen hatte. Und dabei davon sprach, dass man auch Weltmeister werden könne in Katar.

Ma va …. Italien-Trainer Roberto Mancini, völlig enerviert in Belfast.

Bild: Liam Mcburney/AP

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