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Ein paar Sekunden für den Flash – war beim tödlichen Unfall Lachgas im Spiel?

Ein paar Sekunden für den Flash – war beim tödlichen Unfall Lachgas im Spiel?

Ob vor dem Unfall in Arisdorf mit vier teils schwer Verletzten und einem Todesopfer Lachgas konsumiert wurde, ist nicht bestätigt. Das Thema bewegt dennoch.

Kelly Spielmann

Die Staatsanwaltschaft wertet derzeit die Videos aus – ob ein Zusammenhang zwischen Unfall und Lachgaskonsum besteht, ist noch unklar.

Polizei BL

Fünf Teenager sitzen im Auto, elektronische Musik dröhnt aus den Lautsprechern des Mercedes. Der Beifahrer, der das Selfie-Video filmt, zeigt sich selber, wie er aus einem grossen, schwarzen Ballon inhaliert. Auch den Fahrer filmt er dabei, wie dieser Luft aus einem Ballon einatmet. Das Video, das dem «Blick» zugespielt wurde, soll die fünf jungen Männer – A-Junioren des FC Pratteln –, die am Wochenende vor dem Arisdorftunnel schwer verunfallten, beim Lachgas-Konsum zeigen. Vier der Männer im Alter von 16 bis 18 wurden teils schwer verletzt, ein 18-Jähriger starb noch an der Unfallstelle.

Die Baselbieter Staatsanwaltschaft habe Kenntnis der Videos, wie Sprecher Michael Lutz auf Anfrage sagt. Man werte diese derzeit aus, ob es sich tatsächlich um Aufnahmen der Unfallnacht handelt, könne man noch nicht sagen. Auch zu anderen Gerüchten nehme man derzeit keine Stellung.

Sauerstoffmangel und Bewusstlosigkeit möglich

Ob eine Verbindung zwischen dem Unfall und Lachgas besteht oder nicht, das Video zeigt ein aktuelles Phänomen auf: Lachgas ist im Trend. «Es wirkt entspannend, es euphorisiert und es kann optische und akustische Wahrnehmungsveränderungen hervorrufen», sagt Jill Zeugin von der Suchthilfe ­Region Basel die Wirkung. Diese setze schnell – nur wenige Sekunden nach dem Inhalieren – ein und halte rund 30 Sekunden bis vier Minuten an.

«Das Problem ist dabei hauptsächlich der unsachgemässe Konsum», sagt Zeugin. So würden viele beim Inhalieren des Balloninhalts schnell ein- und ausatmen, was zum Sauerstoffmangel führen kann. Dadurch – und auch durch einen zu hohen Lachgasanteil in der Lunge – könne die oder der Konsumierende das Bewusstsein verlieren. Empfohlen sei der Konsum von Lachgas nur sitzend oder liegend, damit halte man das Verletzungsrisiko tiefer, sollte man das Bewusstsein verlieren. Ein Dauergebrauch des Gases belaste ausserdem das Nervensystem und könne einem Mangel an Vitamin B12 führen.

Dass das Gas besonders bei Jugendlichen beliebt ist, sei nachvollziehbar, sagt Zeugin. Einer der Gründe vermutet sie darin, dass es wenig «Commitment» erfordert:

«Ein paar Sekunden am Ballon ziehen und man hat einen Flash. Nach wenigen Minuten ist alles wieder vorbei.»

Verkauf von Lachgas in Bars ist illegal

Ein weiterer Grund ist die einfache Verfügbarkeit: Lachgas ist legal erwerbbar. Ob im Internet oder im Detailhandel als Treibmittel in Rahmbläser-Patronen, das Gas ist fast überall zu finden. Und in einigen Basler Bars und Clubs sogar an der Theke zu kaufen – nicht in der Kapsel, sondern fertig serviert im Ballon.

Anne Tschudin, Sprecherin des Basler Gesundheitsdepartements, sagt auf Anfrage, man habe aufgrund von Meldungen der Kantonspolizei seit dem Sommer Kenntnis vom Phänomen. Es gebe Hinweise zu fünf Bars und Clubs und einer Importeurin. Bei einer Bar und einer Importeurin habe man ein Verkaufsverbot erlassen.

Zudem werden gemeinsam mit der Kantonspolizei Kontrollkampagnen geplant. Denn der Verkauf von Lachgas in einer Bar sei nicht legal, die gewerbliche Abgabe von Lachgas zwecks ­Inhalation durch Menschen sei gemäss Chemikalienverordnung untersagt. «Dabei wird der Verwendungszweck entfremdet, was als illegal zu betrachten ist», sagt Tschudin. Sie betont, dass mit den Antworten keine Aussagen zum Unfall oder dessen Hergang gemacht würden.

Dennoch ruft das Thema auch die Politik auf den Plan: SVP-Grossrat Joël Thüring hat eine schriftliche Anfrage eingereicht, in welcher er von den sogenannten Ballon-Bars in Basel und dem Unfall spricht. Von der Basler Regierung will er unter anderem ­wissen, welche Massnahmen bereits umgesetzt seien, um ein Verkaufsverbot durchzusetzen, und ob Betriebsschliessungen erwogen werden. Weiter fragt er, wie viele Verzeigungen es bis anhin gegeben hat.

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