
Einheitspolizei im Aargau? Regierung lässt Zusammenlegung von Kantons- und Regionalpolizei vertieft prüfen
Heute vor 18 Jahren sah die Aargauer Polizeilandschaft völlig anders aus: Es gab 46 Posten der Kantonspolizei (Kapo), jeder Bezirk hatte seinen eigenen Polizeichef, dazu kamen die Gemeindepolizeien. Mit «Horizont 2003», der letzten grossen Reform der Polizeiorganisation, änderte sich dies: die Kapo wurde in drei Regionen (Nord, Ost und West) mit je sechs Posten organisiert, dazu kamen die Mobile Einsatzpolizei und die Kriminalpolizei. Für die lokale Sicherheit wurden 17 Regionalpolizeikorps (Repol) geschaffen – die zweite Ebene der dualen Polizeiorganisation.
Nach zehn Jahren, im Herbst 2013, sagte der damalige Innendirektor Urs Hofmann, der im Regierungsrat für die Polizei zuständig war: «Das System funktioniert, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ist besser, die Kostenschätzungen für die Umsetzung wurden unterschritten.» Eine externe Evaluation habe aufgezeigt, «dass wir auf einem vernünftigen, gangbaren und erfolgreichen Weg sind».
Hofmann sagte aber auch, das duale System mit Kantons- und Regionalpolizei sei nicht in Stein gemeisselt. Schon bei der Einführung hatte es Kritik gegeben, zudem vollzog der frühere Regierungsrat Kurt Wernli eine erstaunliche Kehrtwende: Unter seiner Ägide fiel 2002 der Entscheid zur Einführung der Regionalpolizei, doch im Oktober 2013 sprach sich der ehemalige Polizeidirektor für eine Einheitspolizei als beste Lösung im Aargau aus. Zudem gab es im Grossen Rat mehrere politische Vorstösse, um das duale System wieder aufzuheben.
Evaluation zeigt: System mit Kantons- und Regionalpolizei funktioniert gut
Inzwischen heisst der Polizeidirektor im Regierungsrat Dieter Egli – die Frage der Einheitspolizei beschäftigt auch ihn. In einem Bericht der Forschungsinstitute Ecoplan und Demoscope, der heute Montag präsentiert wurde, erhält das duale System grundsätzlich gute Noten. Die Evaluation, die der Regierungsrat im Dezember 2019 in Auftrag gegeben hatte, brachte laut Mitteilung des Kantons die Erkenntnis, «dass der Aargau eine gute und effiziente Polizeiorganisation hat».
Die duale Polizeiorganisation habe eine hohe Akzeptanz bei den Gemeinden und in der Bevölkerung, heisst es weiter. «Die Aufgabenteilung zwischen Kantonspolizei und Regionalpolizeien ist klar geregelt, es gibt keine Unklarheiten oder Lücken.» Dennoch sei es laut Evaluationsbericht sinnvoll, die Aufgabenteilung in einigen Punkten zu überdenken. Potenzial gibt es bei der Zusammenarbeit zwischen Kantons- und Regionalpolizei: «Bedingt durch die 15 verschiedenen Repol-Korps ist der Koordinationsaufwand für die Kantonspolizei hoch», teilt der Kanton mit.
Innendepartement von Dieter Egli muss zwei Szenarien erarbeiten
Für die Weiterentwicklung der Polizeiorganisation im Aargau empfiehlt der Evaluationsbericht, zwei Szenarien weiterzuverfolgen: Sowohl die Beibehaltung des dualen Systems mit Optimierungen als auch ein Wechsel zur Einheitspolizei sollen vertieft geprüft werden. Unabhängig von der Systemfrage müsse zudem eine Erhöhung des polizeilichen Personalbestands ins Auge gefasst werden – der Aargau liegt mit 984 Polizisten (Stand 1. Januar) und einem Verhältnis von einem Polizisten pro 700 Einwohner ganz am Ende der Kantonsrangliste.
Gestützt auf die Ergebnisse des Berichts muss das Innendepartement von Dieter Egli «die beiden Szenarien in Form von Grobkonzepten zu verschiedenen Teilaspekten der Polizeiarbeit ergebnisoffen prüfen». Bei der Prüfung eines Wechsels zur Einheitspolizei müssten die anfallenden Kosten berücksichtigt werden, heisst es in der Mitteilung. Zudem müsste sichergestellt werden, dass die lokale Sicherheit in den Gemeinden auf gleichem Niveau gewährleistet wäre, wie dies heute im dualen System mit der Regionalpolizei der Fall ist.
Bis Ende Jahr will der Regierungsrat die Ergebnisse der Prüfung beraten und Eckwerte für einen Planungsbericht zuhanden des Grossen Rats festlegen. In diesem Bericht soll nicht nur die künftige Polizeiorganisation, sondern auch die Aufstockung des Personalbestands bei der Polizei aufgezeigt werden. Die Anhörung zum Planungsbericht ist für nächstes Jahr vorgesehen, danach soll der Grosse Rat diesen beraten und das weitere Vorgehen festlegen.