
Eklat beim Schweizer Filmpreis: Bund trennt sich von Organisatoren
Es ist ein Prestigeauftrag. Schliesslich geht es um den Schweizer Filmpreis. Der sogenannte Quartz gilt als wichtigste Auszeichnung für das einheimische Filmschaffen. Kein Wunder also, war der Jubel bei der bekannten Eventagentur Standing Ovation AG gross, als sie in die Kränze kam: 2020 beauftragte das Bundesamt für Kultur (BAK) die Zürcher damit, fortan die Preisverleihung zu organisieren. Die Agentur sicherte sich den Auftrag für das Eventmanagement vorschriftsgemäss nach einer öffentlichen Ausschreibung.
Das Mandat war ab 2021 auf maximal fünf Jahre ausgelegt, bis zu 3,5 Millionen Franken sollte die Standing Ovation AG dafür erhalten. Als Leadagentur war sie für die Preisverleihung einschliesslich Neukonzeption, Organisation und Austragung verantwortlich. Die Ansprüche waren hoch. Mit Hilfe der Agentur wollte der Bund die Verleihung aufpolieren, sie als «nationalen Anlass mit internationaler Ausstrahlung» positionieren.
Die Begeisterung ist jedoch bereits wieder verflogen. Hinter den Kulissen gab es bald einmal Streitereien darüber, wie die Preisverleihung fortan ausgerichtet werden soll. Insider sprechen von «inhaltlichen Verwerfungen». Die Beteiligten seien nie richtig warm geworden miteinander.

Begehrter «Quartz»: 2017 ging einer der Filmpreise an «Cahier Africain». Hier Cutter Kaya Inan, Regisseurin Heidi Specogna und Produzent Peter Spörri (von links).
Unterdessen kam es zum Eklat, wie Informationen dieser Zeitung zeigen: Der Bund und die Agentur gehen getrennte Wege. Man verzichte auf eine weitere Zusammenarbeit, bestätigt ein Sprecher des Bundesamtes. Grund dafür seien «unterschiedliche Vorstellungen über die Weiterentwicklung des Filmpreises». Der Vertrag mit der Standing Ovation AG sei deshalb aufgelöst worden; «in gegenseitigem Einvernehmen», betont der Sprecher.
Jetzt kommt wieder die frühere Agentur zum Zug
Weitere Details nennt das Amt von Direktorin Isabelle Chassot und Bundesfilmchef Ivo Kummer keine. Nur noch so viel: An dem Entscheid beteiligt waren auch die Mitfinanzierer des Filmpreises, namentlich die SRG und die «Association Quartz» der Städte Genf und Zürich. Die Standing Ovation AG wollte sich auf Nachfrage nicht näher zum Vertragsende äussern.
Den ersten Teil ihres Auftrags hat die Agentur erfüllt – wenn auch unter besonderen Umständen: Im März dieses Jahres hat sie die Filmpreisverleihung durchgeführt. Weil wegen der Coronakrise kein Publikum zugelassen war, mussten die ursprünglichen Konzepte überarbeitet werden. Die Veranstaltung fand in abgespeckter Version rein digital statt, aus einem Genfer TV-Studio gab es Direktschaltungen zu den Gewinnern.

Die Regisseurinnen Veronique Reymond (links) und Stephanie Chuat. Ihr Film «Schwesterlein» wurde 2021 als bester Spielfilm ausgezeichnet.
Ab 2022 soll nun wieder die Basler Mjm.cc AG die Preisverleihung organisieren. Die Agentur war schon während sieben Jahre dafür verantwortlich, erreichte im jüngsten Ausschreibungsverfahren aber nur den zweiten Platz. Nun hat der Bund den ursprünglichen Auftragszuschlag widerrufen und erneut die Mjm.cc AG verpflichtet.
Es ist nicht der erste Zoff bei der Preisverleihung
Um den Schweizer Filmpreis tobten schon mehrfach eigentliche Richtungsstreite. Einst überwarf sich der Bund mit der Schweizer Filmakademie wegen Differenzen in finanziellen und juristischen Fragen. Anfänglich im eher beschaulichen Rahmen während der Solothurner Filmtage verliehen, wollten die Filmbeamten des Bundes in den 2000er-Jahren eine Art Schweizer Oscars daraus machen. Mehr Glamour und mehr Ausstrahlung, lautete die Devise.
Zwischenzeitlich wurde der Anlass dann im Luzerner Kultur- und Kongresszentrum «auf glamouröse Champagner-Gala getrimmt» («NZZ am Sonntag»), Liveübertragung im Fernsehen inklusive. Doch die Quoten waren schlecht, der erwartete Werbeeffekt blieb aus. Seit 2016 findet die Preisverleihung nun abwechslungsweise in den Kinostädten Zürich und Genf statt.