Emotionale Diskussion am Infoabend: Überwindet Uerkheim sein Funkloch?

Moderatorin Danièle Zatti Kuhn führt durch den Abend. Urs Indermühle, Franco Merola (beide Swisscom-Vertreter), Heiko Loretan (Abteilung für Umwelt Kanton Aargau) und Gemeindeammann Herbert Räbmatter (v. l.) stellen sich den Fragen. Bilder: kpe
Moderatorin Danièle Zatti Kuhn führt durch den Abend. Urs Indermühle, Franco Merola (beide Swisscom-Vertreter), Heiko Loretan (Abteilung für Umwelt Kanton Aargau) und Gemeindeammann Herbert Räbmatter (v. l.) stellen sich den Fragen. Bilder: kpe
Ungefähre Prognosen: Zurzeit ist das Mobilfunknetz in Uerkheim unzureichend (rot). Mit der neuen Antenne könnte es deutlich ausgebaut werden (blau). Bild: swisstopo/pmn
Ungefähre Prognosen: Zurzeit ist das Mobilfunknetz in Uerkheim unzureichend (rot). Mit der neuen Antenne könnte es deutlich ausgebaut werden (blau). Bild: swisstopo/pmn

Ein letzter Blick aufs Handy. Eine ungelesene Nachricht macht sich bemerkbar. Dass die Nachricht überhaupt im Gemeindesaal in Uerkheim empfangen werden kann, ist der provisorischen Mikrozelle im Gemeindehaus zu verdanken. Diese wurde nach dem Unwetter 2017 installiert, nachdem die Kleinantenne auf der Telefonkabine beim Gemeindehaus dem Sturm zum Opfer gefallen war. Die Beantwortung der Nachricht dauert nur wenige Sekunden. Handy lautlos schalten und wieder wegstecken. Um Punkt 19.30 Uhr schliessen die Türen – und die Informationsveranstaltung bezüglich einer Mobilfunkanlage auf dem Schulhaus Hübel beginnt.

Nur noch wenige Gemeinden existieren mit so schlechtem Netz

Moderiert wird der Anlass am Mittwochabend von Danièle Zatti Kuhn, die eine eigene Beratungs- und Coachingpraxis in Aarau führt. Den Grund für die externe Moderation erklärt Gemeindeammann Herbert Räbmatter den knapp 100 Anwesenden so: «Das Thema ist sehr emotional, doch die Diskussion soll sachlich geführt werden.» Anstoss für die Informationsveranstaltung ist ein Bauvorhaben der Swisscom, das eine Mobilfunkantenne auf dem Dach des Schulhauses Hübeli vorsieht.

«Uerkheim ist eine der wenigen Gemeinden in der Schweiz, die über ein unzureichendes Mobilfunknetz verfügen», sagt Urs Indermühle, der der an diesem Abend mit Franco Merola die Swisscom vertritt und das Bauvorhaben erläutert. Das Schulhaus Hübel habe sich aus funktechnischer Sicht als der am besten geeignete Standort erwiesen. Nebst dem Schulhaus seien auch der Kirchturm sowie das Gemeindehaus als Standorte geprüft worden. Das Signal vom Gemeindehaus aus käme nicht ins Gemeindegebiet Grossmatten. Beim Kirchturm sei die bauliche Realisierbarkeit aufgrund des zu kleinen Platzangebotes unrealistisch. Vom Schulhaus aus wäre die Abdeckung auf dem ganzen Gemeindegebiet möglich, und die technische Voraussetzung sei aufgrund der Sirenenanlage auf dem Dach bereits gegeben. Die Schule gehöre zu den Orten mit empfindlicher Nutzung (Omen), so wie beispielsweise Wohnungen oder Büros. An diesen Orten gelten strengere Grenzwerte bezüglich Strahlung – Grenzwerte, die vom Bund bestimmt und vom Kanton geprüft würden.

Dies reicht vielen Beteiligten jedoch nicht; sie äussern ihre Bedenken deutlich. «Als Schulleiterin würde ich mir wünschen, dass der Standort noch einmal genauer abgeklärt werden würde», sagt Nicole Waldmeier. Viele ähnliche Wortmeldungen fallen von Anwohnern, die nahe der geplanten Mobilfunkantenne leben. Herbert Räbmatter meint: «Mir und der Swisscom wäre es auch lieber, wenn die Antenne im Wald platziert würde, wo sich nur eine Eule beschweren könnte.» Dies sei aber nicht möglich, da das Bauvorhaben in einer Bauzone realisiert werden müsse – und nicht etwa in einer Landwirtschaftszone.

Verein «Schutz vor Strahlen» meldet sich zu Wort

Nebst dem Standort beschäftigt die Bevölkerung die erhöhte Strahlenbelastung. Vertreter des Vereins «Schutz vor Strahlung» erhalten am Mittwochabend einige Minuten, um ihren Standpunkt zu verdeutlichen. Sie werfen der Swisscom vor, das Problem kleinzureden. Ausserdem erwähnen sie Studien, die einen Zusammenhang zwischen Strahlungen und der Bildung von Krebszellen belegen sollen. Sie sprechen auch für die strahlensensiblen Leute in Uerkheim, die durch die Antenne noch mehr leiden müssten. Die Swisscom-Vertreter kontern mit der Aufzählung von Geräten, die die Menschen bereits seit längerer Zeit mit Strahlung belasten wie das kabellose Festnetz oder das Wlan zu Hause. Ausserdem ist die Strahlenbelastung laut Franco Merola umso höher, je weiter der Weg zur nächsten Mobilfunkantenne ist. Je mehr Antennen das Netz also stützten, desto geringer sei die Strahlung, die vom Handy ausgehe.

An der Gemeindeversammlung vom 25. November stimmt die Bevölkerung über den umstrittenen Standort der Mobilfunkantenne ab. Der Gemeinderat wird aufgrund der hohen Emotionalität Antrag auf eine geheime Abstimmung stellen. Bei der Abstimmung geht es nicht nur um die Ablehnung oder Befürwortung der Antenne, sondern auch um Prioritäten: Ob das Bedürfnis nach einer strahlenfreien Umgebung oder die künftige Attraktivität von Uerkheim überwiegt, wird sich zeigen. Fakt ist, dass sich lediglich eine Person am Mittwochabend ohne Smartphone erklärte, während die Melodien von einkommenden Nachrichten und Telefonanrufen die Informationsveranstaltung mehrere Male unterbrachen.

Im Anschluss an die Veranstaltung wurden bereits die ersten Unterschriften gegen das Projekt gesammelt.