Endlich hat Aarburg eine Vision

Die Türe zum Schulhaus fiel eine Viertelstunde vor der Versammlung immer wieder ins Schloss. Darum blieb Gemeindepräsident Hans-Ueli Schär gleich selbst in der Tür stehen, damit die interessierten Aarburgerinnen und Aarburger zur Informationsveranstaltung über die Legislaturziele des Gemeinderats auch Einlass erhielten. Begrüssen konnte er an diesem Donnerstagabend alle Anwesenden persönlich mit Handschlag. In die Aula der Schule Höhe kamen 36 Bürgerinnen und Bürger.

Gemeindeammann Hans-Ueli Schär wollte interessierte Aarburger im Detail über die gemachte Verwaltungsanalyse und die in den letzten Monaten und Jahren erarbeiteten Details einer Vision für das Städtchen informieren. Der Gemeinderat hat den Auftrag, dies an einer Gemeindeversammlung zu tun. Damit diese sich aber nicht zu sehr in die Länge zieht, hat er einen Teil schon vorgezogen.

Die Verwaltungsanalyse der Firma BDO zeigte laut Schär einige Schwächen auf. So sei etwa dem Gemeinderat der Spiegel vorgehalten worden. Die Strategie des Gemeinderates sei in der Verwaltung nicht richtig verankert. Auch sei der Informationsfluss zwischen Gemeinderat und Verwaltung schlecht. Und die Exekutive solle sich mehr aus dem täglichen Business raushalten.

«Nun wollen wir künftig die Projekte besser priorisieren», gelobte Schär. Den aktuellen Stellenetat erachtet die Analyse hingegen als gerechtfertigt. Beim Werkhof liege man laut Schär – entgegen der Stammtischmeinungen – sogar unter dem Wert der Vergleichsgemeinden.

Abwanderung nach Vordemwald

Die zu hohe Fluktuation in der Verwaltung soll ein Ende haben. Schär witzelte, dass ja Vordemwald nach all den Transfers nun die halbe Verwaltung aus Aarburg habe. «Wir haben nun eine HR-Stelle geschaffen», sagte er dann wieder ernst. Diese wolle auch konsequent Austrittsgespräche führen. Die räumliche Situation sei für die Verwaltung aber auch ein Problem. Der Effizienzverlust für ruhige konzentrierte Tätigkeiten sei offensichtlich. Darum hat man laut Schär nun mal die Öffnungszeiten angepasst.

Die grösste Belastung sind die Ausgaben im Sozialbereich. «Der Norden Aarburgs ist ein Gebiet, das Sorgen bereitet», sagte Schär. «Da hat es Herrschaften, die Liegenschaften bis auf den letzten Rappen aushungern und schauen, dass es immer noch knapp gesetzeskonform ist.» Nun habe man mit dem Kauf der Squash-Halle einen ersten Meilenstein zur Entwicklung im Norden gesetzt.

Potenzial hingegen sahen die Analysten in der Aufwertung von Wohnquartieren, der Ansiedlung von Gewerbe und im Tagestourismus.

250 000 Franken einsparen

Eine Dienstleistungsanalyse zeigte zudem, dass jährliche Einsparungen von 250 000 Franken realisierbar sind. Schär kündigte denn auch an, dass man dies gewillt sei umzusetzen, aber dass dies auch teilweise eine Gebührenerhöhung bedeute. Darüber könne die Gemeindeversammlung dann aber befinden.

Eine weitere Schwäche ist laut der Analyse die mangelnde Vision. Am Ende präsentierte denn Schär auch noch die erarbeitete Vision und Strategie für Aarburg (siehe Text links). In der Diskussion kam bei vielen gut an, dass man nun mal überhaupt eine Vision erarbeitet habe. Sie sei aber noch etwas unfokussiert und töne sehr austauschbar, wurde moniert. Schär bat darum, dem Gemeinderat im Sinne einer rollenden Planung nun etwas Zeit zu geben.

Und alle Anwesenden fanden sich wohl wieder in einem der letzten Voten. «Es tut mir weh, wenn man anderswo sagt, ich bin von Aarburg.» Man müsse immer gegen das schlechte Image ankämpfen. «Wir müssen nun die positiven Sachen verkaufen.»

Dann war Schluss. Die Heimkehrenden legten ihre ausgetrunkenen von der Gemeinde spendierten PET-Mineralwasserflaschen auf den Tisch, zogen die Jacken an und schritten diskutierend hinaus in den viel gescholtenen Aarburger Norden.

Vision: «Aarburg bietet Lebensqualität, die verbindet»

Viel war das Städtchen Aarburg in den Schlagzeilen. Kürzlich unter den schönsten Schweizer Orten, aber oft wegen der hohen Sozialhilfequote. Mit ein Grund dafür ist laut der Verwaltungsanalyse die fehlende Vision für Aarburg. Das hat der Gemeinderat nachgeholt. Er hat eine Vision festgelegt: «Aarburg bietet Lebensqualität, die verbindet». Und er hat dazu ein Legislaturprogramm erstellt, das der Gemeinderat als Arbeitspapier im Sinne einer rollenden Planung versteht. Nachfolgend präsentieren wir Auszüge daraus.

Leitsatz 1: Aarburg wächst weiter zur Kleinstadt der Vielfalt mit einer hohen Lebensqualität

Der Gemeinderat will unter anderem erreichen, dass die Bewohner Aarburg als «Kleinstadt der Vielfalt» verstehen. Mit einem guten Angebot an Erlebniszonen, Kultur und Sport für mehrere Zielgruppen, einem Zentrum und einer guten Infrastruktur.

Leitsatz 2: Aarburg baut seine in der Region vorherrschende Position als attraktiven Wohn- und Arbeitsort für alle aus

Bis zum Jahr 2030 will der Gemeinderat den Unterschied des Einwohnerprofils im Norden und im Süden bezüglich Steuern verkleinern. Auch will er das öV-Angebot steigern, die Routen für Radfahrer und Fussgänger verbessern, ein Tourismuskonzept entwickeln und die Bachläufe erhalten und unterhalten.

Leitsatz 3: Aarburg verbindet die Gegensätze Stadt/Natur, Nord/

Süd, Historie/Moderne, öV/Privatverkehr

In Aarburg soll zum Beispiel die Anzahl der Arbeitsplätze gesteigert werden, die Anzahl der Vereine konstant gehalten und die Sozialhilfequote gesenkt werden.

Leitsatz 4: Aarburg schafft neue Perspektiven für die Förderung von Wirtschaft und Arbeit sowie die gezielte Integration verschiedener Bevölkerungsgruppen

Bis 2030 will die Gemeinde 90 Prozent aller Kundenanfragen über

E-Government abwickeln können. Zudem soll ein Konzept mit dem Schwergewicht «Hilfe zur Selbsthilfe» in unterschiedlichen Gebieten erarbeitet und umgesetzt werden.

Leitsatz 5: Aarburg investiert in Kompetenzen und Wissen, um die Menschen gemeinsam weiterzubringen

Der Gemeinderat hat sich zum Ziel gesetzt, dass in Zukunft mindestens 90 Prozent der Gemeinderatsgeschäfte an der Gemeindeversammlung eine Zustimmung erhalten.

Leitsatz 6: Aarburg holt seine Bürger proaktiv ab

Bis in 12 Jahren will der Gemeinderat die Pro-Kopf-Verschuldung auf unter 2500 Franken gesenkt haben. Der Steuerertrag soll pro Kopf um einen Viertel gesteigert werden. (JOW)