
Es braucht nun eine staatliche E-ID – und Karin Keller-Sutter muss dafür den Dialog zu den Siegern suchen
Was für eine Bruchlandung. Noch selten erhielt eine Behördenvorlage eine so schallende Ohrfeige wie bei der elektronischen ID (E-ID). Nur 36 Prozent und kein einziger Kanton stimmten dem Geschäft zu, das einst Simonetta Sommaruga (SP) als Justizministerin aufgegleist hatte und Karin Keller-Sutter (FDP) vertrat. Ein Vergleich zeigt die Dimension der Niederlage: Selbst die radikale Armeeabschaffungsinitiative kam 1989 auf fast so viele Ja-Stimmen – 35 Prozent.
Die Gegner bauten ihre Kampagne auf einem klaren Narrativ auf: «Verschenke deinen digitalen Pass nicht an private Unternehmen.» Sie säten Misstrauen gegen die Lösung, die eine Partnerschaft zwischen Staat und Privaten vorsah. Die Befürworter blieben erstaunlich still. Wo waren all die Parlamentarier, deren Parteien Ja sagten zur der E-ID? Wo die CEOs der zwanzig grossen Schweizer Unternehmen, welche die SwissSign Group auch im Hinblick auf eine E-ID gegründet hatten?
Der Staat muss die Hoheit behalten bei der Ausstellung der E-ID
Die Bevölkerung hat einer Lösung mit Privaten eine deutliche Absage erteilt. Der Staat ist gefordert. Er muss einen Weg finden, mit dem er die Hoheit behält bei der Ausstellung der E-ID – und mit dem möglichst wenige Daten anfallen. Doch die Skepsis der Befürworter ist unüberhörbar, ob der Staat dazu überhaupt fähig ist. Dennoch bieten sie Hand für eine Lösung. Befürworter wie Gegner wissen: Die Schweiz braucht eine E-ID, will sie digital nicht zusätzlich ins Hintertreffen geraten.
Der Ball liegt nun nicht in erster Linie beim Parlament, denn die Vorlage stammt vom Bundesrat. Er muss aufzeigen, wie er weiterfahren will. Besonders gefordert ist dabei Justizministerin Karin Keller-Sutter. Sie will ein Aussprachepapier in die Regierung bringen. Sie sollte aber auch schnell den Dialog zu den Abstimmungssiegern suchen. Ohne sie gibt es keine tragfähige E-ID-Lösung.