«Freizeitsportler brauchen keinen Ernährungsplan»

Sie haben zehn Jahre lang Leistungssport im Ausdauerbereich betrieben. Welche Rolle spielt die Ernährung im Leben eines Sportlers?

Rolf Nyfeler: Eine sehr wichtige. Bei Sportlern ist der Stoffwechsel aktiver, die Energiebereitstellung des Körpers daher besser. Die richtige Ernährung ist aber keine Hexerei: Eine vollwertige, ausgewogene und abwechslungsreiche, etwas kohlenhydratreichere Mischkost ist absolut genügend. Wichtig ist, dass man wertvolle Fette und Öle zu sich nimmt, etwa Leinoder Hanföl.

Ab welcher Intensität ist eine Anpassung der Ernährung sinnvoll?
Für die meisten Freizeitsportler ist keine Anpassung erforderlich. Erst ab drei bis vier Stunden Training pro Tag steigt der Gesamtenergiebedarf um etwa 250 kcal pro Tag (das entspricht beispielsweise 100g Nussbrot, Anm. der Red). Diese zusätzliche Menge nimmt man automatisch auf, da der Appetit grösser ist. Der Hobbysportler braucht also keinen Ernährungsplan. Er muss lediglich die Trinkmenge bewusst erhöhen, pro Stunde Sport um etwa 0,5 bis 0,8 Liter. Fleisch spendet Kraft, verspricht die Werbung.

Sind Sportler auf Fleisch angewiesen?
Nein, der Mensch kann auch ohne Fleisch Höchstleistungen erbringen. Es gibt Spitzensportler, die sich vegetarisch, vegan oder von Rohkost ernähren. Damit kein Mangel entsteht, müssen allerdings gewisse Dinge beachtet werden.

Worauf ist zu achten, damit der Körper täglich alle wichtigen Vitamine und Mineralstoffe erhält?
Ausgewogen essen, und zwar frische, nicht verarbeitete, reife Lebensmittel möglichst in Bioqualität, am besten roh oder gedünstet. Wichtig sind naturbelassene Lebensmittel mit hoher Nährstoffdichte und Wertigkeit, so wie Hanföl und -protein, Aroniasaft, Hafer, Nüsse oder Apfelessig.

Wie sollte sich ein Hobbysportler kurz vor einem Wettkampf, z.B. vor einem Marathon, ernähren?
Die letzte feste Mahlzeit sollte drei Stunden vor dem Wettkampf eingenommen werden. Danach sollte man nur noch Wasser trinken. Ungefähr 20 Minuten vor dem Start kann man dann noch Kohlenhydrate in flüssiger Form zu sich nehmen, beispielsweise selbstgepresste, verdünnte Fruchtsäfte aus reifen Früchten. Dazu kann man allenfalls wenig Kochsalz gegeben, 0,5 bis 1 g/l, nicht mehr. Dies sollte man aber unbedingt vorher ausprobieren. Denn vor einem Wettkampf kann die Nervosität die Magentätigkeit empfindlicher machen.

Und wie kann man die Regeneration nach dem Training oder einemWettkampf unterstützen?
Wer sofort in die Regeneration gehen will, füllt seinen Kohlenhydratspeicher mit zuckerhaltigen Getränken oder Bananen auf. Bananen enthalten wertvolle Mineralstoffe und sind leicht verdaulich. Wer hingegen abnehmen will, wartet erst mal die Nachbrennphase ab, bei der Energie aus der Körperreserve verbraucht wird. Danach empfiehlt es sich, massvoll zu essen, vorzugsweise Vollkornprodukte mit ihren langsam wirkenden Kohlenhydraten.

Gibt es besonders fitnessfördernde Lebensmittel?
Die Grundernährung ist wichtig! Wer sich falsch ernährt, kann auch keine Topleistungen erbringen. Wir sollten möglichst wenig verarbeitete Nahrungsmittel zu uns nehmen und stattdessen den Anteil an unkonzentrierten Lebensmitteln in Bioqualität erhöhen.

Was verstehen Sie unter «unkonzentrierten Lebensmitteln»?
Obst, Gemüse und Salate wie sie uns die Natur zur Verfügung stellt. Sie enthalten alle wichtigen Vitalstoffe und, je nach Sorte, um die 70 Prozent Wasser. Bei leerem Magen gehen diese Lebensmittel schnell in den Darm – sie benötigen fast keine Energie für die Verdauung.

Also ist es besser, Gemüse und Früchte separat und bei leerem Magen zu essen. Also besser keinen Fruchtsalat zum Dessert?
Nein, das ist die falsche Reihenfolge. Zum Dessert gönnt man sich besser etwas Schoggi.

Steigern Traubenzucker die Leistung?
Traubenzucker liefern bei Versorgungsengpässen während des Trainings oder Wettkampfes schnell Energie. Sie sollten aber nicht dauernd verwendet werden.

Und wie sinnvoll sind isotonische Getränke und Nahrungsergänzungsmittel?
Sie sind auch ein Geschäft. Freizeitsportler benötigen in der Regel keine Supplemente. Allenfalls sind solche Zusätze für Leistungs-und Spitzensportler mit einem entsprechenden ärztlichen Befund sinnvoll.