
Gedränge vor dem «Platzhirsch» in Aarau: Lokalbesitzer verteidigt sich
Dutzende von Leuten, die sich draussen vor dem „Platzhirsch“ zwischen den Tischen drängen – dieses Bild publizierte David Schmid auf Twitter. „Wollt ihr die Läden in zwei Wochen wieder schliessen?!», schrieb der 22-jährige Student dazu. Das will Gusti Burkart, der Inhaber des „Platzhirsch“, natürlich nicht. Auf Anfrage der AZ räumt Burkart ein: „Was man auf dem Bild sieht, gefällt auch mir nicht, am Wochenende ist es tatsächlich schwierig, dafür zu sorgen, dass die Leute den Abstand einhalten.“
Burkart war am letzten Freitag, als das Bild entstand, selber nicht vor Ort im „Platzhirsch“, doch schon am Donnerstag sei es eng geworden. Nach Rücksprache mit seinem Geschäftsführer sagt der Inhaber des Lokals: „Ein Problem ist, dass unsere Tische draussen auf öffentlichem Grund stehen, die Gasse ist ein Durchgang für die Leute.“ Er zahle keine Miete für diesen Platz, der auch nicht zum Lokal gehöre, und habe deshalb keine Handhabe, um Passanten wegzuweisen.
Optimal wäre aus seiner Sicht, wenn der „Platzhirsch“ die Möglichkeit hätte, den Aussenbereich mit Gittern abzusperren. „Dann könnten wir sagen, wir haben draussen eine bestimmte Anzahl von Tischen, beim Eingang des Aussenbereichs jemanden zur Kontrolle hinstellen und nur soviele Gäste reinlassen, wie es Plätze hat“, sagt Burkart. Ob eine solche Absperrung möglich ist, will der Betreiber nun mit der Stadtpolizei Aarau abklären.
An einem schönen und warmen Abend sei die Situation in der Altstadt und vor dem Lokal sonst wie in einem Bienenhaus. „Es ist nicht so, wie in einem Speiserestaurant, wo die Leute sich an einen Tisch setzen, dort essen und danach das Lokal wieder verlassen“, sagt er. In einer Bar wie dem „Platzhirsch“ herrsche ein Kommen und Gehen, „da sieht jemand einen Kollegen und geht zu ihm rüber, um mit ihm zu reden oder anzustossen, das gibt einfach mehr Bewegung.“ Burkart sagt, es sei auch schwierig und zum Teil unangenehm für das Personal, die Gäste zurechtzuweisen und auf die Coronaregeln aufmerksam zu machen. „Da kommt es schon vor, dass jemand ungehalten reagiert, und ständig können unsere Leute auch nicht nur darauf schauen.“
Polizeikommandant: „Beizenkontrolle ist nicht unser Wunschgeschäft“
Burkart ist der Meinung, dass es nicht nur an Lokalbetreibern sei, die Gäste zurechtzuweisen – oder an der Polizei, noch mehr Kontrollen durchzuführen. „Es braucht das Bewusstsein der Leute, dass die Coronaregeln noch gelten und eingehalten werden müssen“, sagt er. Bei der Kantonspolizei sind rund 40 bis 50 Polizisten im Einsatz, „die im öffentlichen Raum durch ihre Präsenz auch für zusätzliche Sicherheit sorgen“, wie Polizeikommandant Michael Leupold im Interview mit der AZ sagte.
Schon vor der Öffnung sagte Leupold mit Blick auf die Vorgaben für Gastronomiebetriebe: „Als ich gelesen habe, was man mit den Restaurants vorhat, habe ich schon gedacht: Okay, das wird nicht ganz einfach. Die Kontrolle von Beizen ist jedenfalls nicht unser Wunschgeschäft. Seien wir ehrlich: Ohne die Selbstkontrolle der Betriebe und die Vernunft der Leute geht es nicht.
Polizeidirektor: „Regeln durchsetzen wird schwieriger“
Regierungsrat Urs Hofmann, Polizeidirektor im Aargau und Präsident der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und –direktoren, sagte gestern: «Sobald die Restaurants öffnen und wieder mehr Normalität ins Alltagsleben zurückkehrt, wird es für die Polizei schwieriger, die Coronaregeln durchzuziehen.» Man könne nicht Hunderte Ordnungshüter aufmarschieren lassen, um die Distanz- und Abstandsregeln an jedem Flecken zu kontrollieren.
Die Polizisten befänden sich in einer schwierigen Situation. «Das Hauptziel ist nicht, die Menschen mit Bussen zu drangsalieren, sondern das Virus in Schach zu halten. Es braucht sehr viel Fingerspitzengefühl. Doch wenn der Appell an die Vernunft nicht fruchtet, sind Bussen unumgänglich», sagt Hofmann. Im Aargau hätten die Polizisten übers Wochenende vereinzelt grössere Gruppen angetroffen.