
Gegen linken Widerstand: Parlament beschliesst höheres Rentenalter für Frauen
Unbestritten ist nur eines: Es braucht eine Rentenreform – sonst geht dem wichtigsten Sozialwerk der Schweiz das Geld aus. Seit 26 Jahren ist jeder Anlauf gescheitert – zuletzt vor drei Jahren an der Urne. Aus diesem Grund schlägt der Bundesrat dieses Mal eine schlanke Reform vor. Um die Finanzierung der AHV bis 2030 zu sichern, soll das Rentenalter für Frauen auf 65 Jahre schrittweise angehoben und die Mehrwertsteuer um 0,7 Prozent erhöht werden. Übergangsjahrgänge sollen kompensiert werden mit maximal 163 Franken pro Monat im Schnitt. Kostenpunkt: 700 Millionen Franken.
Der Nationalrat war am Mittwoch bemüht, die Reform zügig voranzutreiben und keine neuen Elemente einzubauen. Der Ständerat hatte im März das Konzept des Bundesrates kurzerhand über Bord geworfen. Dieses war ihm zu teuer und zu starr. Er kürzte auch die Kompensation für besonders betroffene Frauen. Für die ersten neun Frauenjahrgänge nach der Reform soll es monatlich maximal 150 Franken geben. Unter dem Strich kostet diese Variante 430 Millionen Franken.
Fokus auf Frauen mit tiefen Einkommen
Der Nationalrat wählte wiederum einen anderen Ansatz. Er möchte zwar nur die ersten sechs Jahrgänge finanziell abfedern. Allerdings sollen diese mehr Geld erhalten. Das Modell sieht eine Kompensation von 40 Prozent vor, während jenes des Bundesrates 33 Prozent und jenes des Ständerates 22 Prozent erreicht. Der Vorschlag sei grosszügiger, fairer und fokussiere stärker auf Frauen mit tiefen Einkommen, betonte Thomas de Courten (SVP/BL) im Namen der Kommission.
Der Zuschlag ist abhängig vom früheren Verdienst. Bis zu einem Einkommen von 57’360 Franken erhalten die Frauen monatlich 150 Franken, bis 71’700 gibt es eine Kompensation von 100 Franken, darüber noch 50 Franken. Kostenpunkt dieser Variante: 670 Millionen Franken.
Abgelehnt hat es der Nationalrat, auf das Modell des Ständerates umzuschwenken. Dessen Idee: Abhängig vom Zeitpunkt der Pensionierung soll der Zuschlag zuerst ansteigen, dann stabil bleiben und am Ende wieder sinken.
Kritik von links
Die Ratslinke stellte sich grundsätzlich gegen die Reform. Sie störte sich an der Anhebung des Frauenrentenalters. Die AHV werde auf dem Buckel der Frauen reformiert, kritisierte Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH). Ein Jahr länger arbeiten und dafür erhielten die Frauen dann als Geschenk 1200 Franken weniger Rente pro Jahr. Ein Antrag das Rentenalter beizubehalten, scheiterte mit 124 zu 69 Stimmen jedoch deutlich.
Als unzureichend empfanden SP und Grüne auch die Kompensationen. Sie forderten im Minimum «würdige Ausgleichszahlungen». Die Parteien forderten deshalb Zuschläge von 430 Franken bis 515 Franken pro Monat. Die Anträge blieben jedoch chancenlos.
Der Nationalrat wird am Mittwochnachmittag seine Beratungen fortsetzen. Klären muss er etwa die Finanzierung und die Frage, wann Frauen frühestens in den Ruhestand treten können.