
Geschütztes Haus in Aarburg hat den Besitzer gewechselt und wird doch nicht abgerissen
In der Kontroverse um den Abbruch des geschützten grünen Hauses am Färbeweg an der Aarburger Woog ist die Gemeinde zurück auf Feld eins. Das Haus wird vorerst nicht abgerissen und die umstrittene und vom Kanton vorläufig aufgehobene Abbruch-Bewilligung des Gemeinderates ist hinfällig. Doch das ist nicht Resultat der Gespräche zwischen Gemeinde und Kanton, sondern ein Entscheid des neuen Eigentümers des Hauses, welcher seine Einsprache beim Kanton zurückgezogen hat.
Besitzer des Hauses ist nicht mehr Stefan Steiner, der aus Aarburg weggezogen ist, sondern die Immobilienfirma Niloma von Hans-Peter Bänziger aus Menziken. «Wir haben im Sommer 2019 mit der Niloma AG die Progres Immobilien gekauft», bestätigt Bänziger. Damit hätten sie auch das grüne Haus erworben. «Damals gingen wir davon aus, dass eine Baubewilligung für den Neubau erteilt wird», so Bänziger.
Dann ist aber der Kanton eingeschritten. Anfang Jahr gab es dazu Gespräche zwischen Gemeinde und Kanton. Doch Bänziger wollte sich in der Folge nicht auf einen langen Streit einlassen. Daher hat er die Einsprache mittlerweile zurückgezogen. Die Baubewilligung ist somit hinfällig.
«Ein Umbau käme wohl zwei- bei dreimal so teuer»
«Nun stellen wir uns die Frage, ob wir das Haus umbauen oder es verkaufen wollen», sagt der neue Besitzer. Ein Umbau käme wohl zwei- bei dreimal so teuer wie ein Neubau. «Mit einer Renovation kann man lediglich mit ein oder zwei Prozent Rendite rechnen», sagt Bänziger. «Da wir Geld verdienen wollen, tendieren wir wohl zu einem Verkauf des Hauses.» Dann würde wohl auch die moderne weisse Villa am Aareufer zum Verkauf stehen. Denn diese hat Bänziger im Februar ebenfalls zugekauft. «Da wir schon von 1996 bis 2013 das alte Haus an der Landhaustrasse 2 besassen, waren wir mit Steiner noch in losem Kontakt», erklärt Bänziger. «Und letzten Sommer kam Steiner auf uns zu und wollte seine Aarburger Häuser verkaufen.»
Bänzigers Aussage, dass man auch mit einer Renovation eine Rendite erwirtschaften kann, wirft im Zusammenhang mit dem Abbruch-Entscheid des Gemeinderates Fragen auf. Denn die Bau- und Nutzungsordnung (BNO) der Gemeinde sieht einen Abbruch eines geschützten historischen Hauses nur ausnahmsweise vor, wenn ein Erhalt unzumutbar ist. Und eine Unzumutbarkeit ist wohl nicht gegeben, wenn mit einer Renovation noch eine Rendite erzielt werden kann. Das Motiv einer Mehrheit der Gemeinderäte war denn laut Quellen im Umfeld des Gemeindates vielmehr, an bester Lage mit Aussicht auf die Festung moderne Wohnungen bauen zu lassen, welche gute Steuerzahler anlocken.
Der zuständige Gemeinderat Rolf Walser entgegnet dieser Kritik. Der Gemeinderat gehe noch immer davon aus, richtig entschieden zu haben. «Und der Gemeinderat hat seinen Abbruch-Entscheid nicht leichtgläubig gefällt.» Grundsätzlich wäre es laut Walser interessant gewesen, wenn der Disput mit dem Kanton geklärt worden wäre. Doch die Gemeinde ziehe ihre Autonomiebeschwerde nun zurück. Walser sagt aber auch: «Wenn nun dieses geschützte Haus dennoch renoviert wird, wäre das im Sinne der BNO sehr zu begrüssen.» Falls das Haus nun weiter verlottere, könne der Gemeinderat eine Verfügung erlassen, es zu unterhalten, sagt Walser und fügt an: «Ich rate jedem Eigner einer geschützten Liegenschaft, nachhaltig zu investieren, weil das günstiger kommt. Wer eine geschützte Liegenschaft kauft, weiss, was er kauft.»
Ist die Bausubstanz noch ausreichend?
Beim Kanton betont man trotz der jüngsten Entwicklung, dass ein Abbruch auch künftig nicht infrage kommt. So sagt Felicitas Siebert von der Abteilung Baubewilligungen im Departement Bau, Verkehr und Umwelt: «Von den gesetzlichen Bestimmungen her muss die Liegenschaft erhalten bleiben.» Denn es ist im nationalen Inventar ISOS als geschütztes Einzelobjekt mit dem höchsten Erhaltungsziel A aufgeführt. «Die Frage ist, ob die Bausubstanz noch ausreichend ist, um das Objekt erhalten zu können.» Zu dieser Frage der Schutzfähigkeit habe die Gemeinde Aarburg den Grundeigentümer aufgefordert, einen Fachbericht zur Tragkonstruktion, Bauteilstatik und Bauphysik erstellen zu lassen. Und der Kanton wünscht sich, dass ein solches Gutachten erstellt wird. «Der Rückzug der Bauherrschaft ändert für uns nichts am Interesse an der Prüfung der Schutzfähigkeit, da das Schicksal der Liegenschaft in jedem Fall geklärt werden muss», sagt Siebert.
Museumskurator Michel Spiess wehrt sich schon lange gegen den Abbruch des grünen Hauses. «Die neuste Entwicklung freut mich sehr», sagt Spiess. Wichtig sei nun aber, dass das Haus gesichert werde. «Ich bin überzeugt, es gibt Menschen, die ein Verständnis für die Geschichte haben und das 250 Jahre alte Haus renovieren wollen.» Er sage immer: «Was nützt einem eine schöne grosse Fensterfront einer modernen Wohnung, wenn man sonst den ganzen Tag ein griesgrämiges Gesicht macht.»