
«Grossteil der Kunden geht leer aus»: VCS kritisiert neue Entschädigungen für Bahnreisende
In der EU sind Entschädigungen für Verspätungen im öffentlichen Verkehr schon lange üblich. Mit der neuen Verordnung zur Organisation der Bahninfrastruktur (OBI) schlägt nun auch das Bundesamt für Verkehr (BAV) vor, dass Schweizer Bahnreisende bei Verspätungen von über einer Stunde mit 25 Prozent des Billetpreises entschädigt werden. Bei Verspätungen über zwei Stunden gar mit der Hälfte des bezahlten Fahrpreises.
Der Verkehrsclub der Schweiz (VCS) kritisiert nun in einer Mitteilung, dass von der Regelung die wenigsten Zugreisenden profitieren. Weil die Entschädigungen nämlich erst ab einem Mindestbetrag von 10 Franken ausbezahlt werden, müsste ein Zugbillet mindestens 40 Franken kosten, damit Passagiere ein Anrecht auf eine Entschädigung haben.
Stärkung von Zugreisenden nur auf dem Papier
Wer mit dem Halbtax in der zweiten Klasse unterwegs ist, rechnet der VCS in seiner Mitteilung vor, komme mit einer Einfachfahrt kaum je auf diesen Betrag. Damit müsse nämlich eine Strecke von mindestens 290 Kilometer im Zug zurücklegen.
«In den Genuss von Fahrpreisentschädigungen kommen de facto nur Reisende, die entweder ohne Halbtax oder in der ersten Klasse unterwegs sind», bringt es der VCS auf den Punkt. «Der Grossteil der öV-Reisenden geht also leer aus.»
Die neue Verordnung stärke zwar die Passagierrechte auf dem Papier, führe aber zu keinen wahren Verbesserungen für öV-Reisenden, hält der VCS weiter fest. Die Stiftung für Konsumentenschutz schreibt in ihrer Mitteilung gar von einer «unsinnigen Regelung», welche die «Fahrgastentschädigungen zu einer Farce machen».
Der Konsumentenschutz fordert darum vom Bund, den Betrag, ab dem eine Entschädigung erfolgen muss, auf höchstens fünf Franken zu senken. Dies entspreche auch dem Betrag, der für Entschädigungen im EU-Raum üblich sei.