
Gut gepokert: Aarburg erhält 50 neue Arbeitsplätze
Der Pott geht an Aarburg. Sagt der Pokerspieler und meint: Die Stadt konnte das Grundstück auf der nordöstlichen Seite des Bahnhofkreisels gewinnbringend wieder abstossen. Auf dem Baufeld B des Projekts Bahnhof West entsteht bis 2019 ein Wohn-, Dienstleistungs- und Gewerbebau. Behörden und Verwaltung konnten sich auf ein gutes Blatt (Landreserve Rondelle) und den richtigen Riecher (Strategie zur Stadtaufwertung) verlassen. Wie im Poker half auch das Quäntchen Glück: Mit der UBS als Käuferin und der Dachfensterherstellerin Velux als künftige Ankermieterin profitiert die Gemeinde doppelt. Das Land hatte sie vor zehn Jahren vom Kanton übernommen. Gegen 5,5 Millionen Franken spült die Doppelüberbauung Bahnhof West in die Stadtkasse.
Ende Jahr wäre die selbstgesetzte Frist für den Verkauf abgelaufen. Doch das Risiko hat sich gelohnt. «Es handelt sich um einen gemeinsamen Erfolg von Politik, Verwaltung, Kanton und Wirtschaftsförderung», sagt Gemeindeammann Hans-Ulrich Schär zufrieden. «Der Gemeinderat ist erleichtert, dass die Strategie, die unsere Vorgänger angestossen hatten, aufgegangen ist.»
Beste Karten für Aarburg
Auch andere Gemeinden wollten «Velux» als Steuerzahler gewinnen, doch die Wahl fiel auf Aarburg. Das bedeutet Steuereinnahmen und 50 neue Arbeitsplätze. «Wir freuen uns sehr, dass wir mit Velux einen renommierten ‹Brand› zu uns holen können», sagt Ammann Schär. Das beweise, dass Aarburg einen besseren Ruf habe, als er der 7000-Einwohnergemeinde oft zugestanden werde. In die Karten gespielt haben Aarburg gemäss Velux AG die gute Erreichbarkeit mit Auto und öV, die attraktive Umgebung und der «einladende Dorfkern». Pressesprecher Tom Lüthi: «Weiter können wir als Hauptmieter viele unserer Wünsche und Anforderungen realisieren.» Dazu gehören auch Schulungs- und Showräume und eventuell das Verbauen firmeneigener Fenster. In Trimbach sei man an «die Grenzen flexibler Raumgestaltung gestossen».
Die 50 Velux-Mitarbeitenden arbeiten in den Bereichen Kundendienst, Innendienst, Controlling und Marketing. Weitere rund 30 Frauen und Männer sind im Aussendienst und Service beschäftigt. Das aus einem Wettbewerb hervorgegangene Gebäude wird ein Volumen von 38000 Kubikmeter haben, die Fläche von 6360 Quadratmeter wird zirka hälftig in Gewerbe und Wohnen aufgeteilt. Das Architektenbüro Burkard Meyer Baden hat über 40, zumeist Zweieinhalbzimmer-Wohnungen geplant. Das ist rund das Doppelte wie auf dem Baufeld A direkt am Bahnhof. Auch dieses hat die Gemeinde gewinnbringend verkauft. Das Credo: Der Bahnhof soll das südliche Eingangstor zu Aarburg werden – und die Stadt besser an die prosperierende Achse Oftringen-Zofingen anbinden.
Aarburg als regionales Zentrum
«Die Bestätigung, dass unsere Strategie aufgeht» ist die Entwicklung auf dem Baufeld B auch für Andreas Kalt, Geschäftsleiter und Gemeindeschreiber. Aarburg entwickle sich zu einem regionalen Zentrum. Zufrieden sind er und der Ammann ausserdem, dass «die Velux AG gut in unseren Industriemix passt», wie Schär sagt. «Das ist definitiv besser, als der Region ein weiteres Logistikunternehmen zuzumuten.» Eine erste Baubewilligung wurde vor zwei Jahren erteilt. Anpassungen wie die Reduktion um ein Geschoss auf sechs und der Verzicht auf Nebenbauten erforderten diesen März eine Änderungsbewilligung, die gemäss Lars Bolliger von der Bauverwaltung aber nur «geringfügig» ausfiel. Die Velux AG wird gemäss Tom Lüthi rund 80 Prozent der Gewerbe- und Büroflächen beanspruchen. Die Detailplanung beginne in den nächsten Monaten.
«Bahnhof West, Baufeld B» fügt sich in eine Reihe von Bauprojekten in der Umgebung des Bahnhofs ein; der Webi-Park und die 2000-Watt-Überbauung der Franke/Artemis sind weitere Beispiele. Das Geld, das die Gemeinde mit «Bahnhof West» verdient, wird in einer zweckgebundenen Spezialkasse für weitere Stadtaufwertungsprojekte aufgehoben. Wie der Pokerspieler will auch Aarburg sich nicht zu schnell zufriedengeben und den Gewinn re-investieren. Eine Gefahr, zum Schluss alles wieder zu verlieren? Ammann Hans-Ulrich Schär ist vom Gegenteil überzeugt. Aarburg befinde sich in positivem Wachstum. Dass die Nachfrage nach Wohnraum stimmt, sagte Bauvorsteher Rolf Walser bereits im Herbst: «Wie wir hören, kommen sogar ehemalige Aarburger wieder zu uns zurück.»