Hat Franziska Roth eine zweite Chance verdient? Parteien sind skeptisch

Stärkt die SVP ihrer Regierungsrätin den Rücken oder wendet sie sich von ihr ab? Nach zwei Wochen hat sich SVP-Parteipräsident Thomas Burgherr gestern Montag zu dieser Frage geäussert. Die Partei hat Franziska Roth ihre Unterstützung zugesagt und ihr gleichzeitig ein Ultimatum gestellt. Wenn sich die Situation in ihrem Departement bis vor den Sommerferien nicht verbessert, werde die SVP Aargau sie dazu auffordern, die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen und sie möglicherweise bei einer erneuten Kandidatur für den Regierungsrat nicht unterstützen (siehe Haupttext oben).

BDP: «Parteihut genügt nicht»
Die BDP Aargau zeigt sich in einer Mitteilung erstaunt darüber, dass sich die SVP-Geschäftsleitung so lange Zeit liess mit einer Reaktion. Franziska Roth sei nun über zwei Jahre im Amt und Anzeichen, dass es mit der Führung im Departement Gesundheit und Soziales nicht klappe, habe es schon lange gegeben. «Es ist höchst bedauerlich, dass die Partei erst reagiert, wenn sie das Messer quasi am Hals hat.» Weiter stellt die Partei infrage, ob die Analyse und Annahme von Hilfe noch eine Wirkung erzielen werde, nachdem die SVP ihrer Regierungsrätin den umgehenden Rücktritt nahegelegt habe. Die BDP wertet diese Aufforderung «als Eingeständnis der SVP, dass ihre Regierungsrätin dem Amt offenbar nicht gewachsen ist». Die jetzige Situation zeige, dass die SVP Aargau bei der Wahl 2016 eine Frau portiert habe, «welche die Voraussetzungen für das Amt eines Regierungsrates nicht erfüllt und dass der Parteihut alleine nicht genügt, um ein Departement führen zu können». Die BDP fordert, dass eine «merkliche Verbesserung der Situation im Departement herbeigeführt wird».

FDP begrüsst klare Frist
Lukas Pfisterer, Präsident der FDP Aargau, sieht auf drei Ebenen Handlungsbedarf. Die SVP müsse mit ihrer Regierungsrätin den Rank finden. Die vom Regierungsrat letzte Woche in Auftrag gegebene externe Untersuchung müsse rasch vorangetrieben und abgeschlossen werden, damit in der Verwaltung Ruhe einkehren könne. Gleichzeitig brauche es Vertrauensarbeit, damit das Verhältnis zu den Grossrätinnen und Grossräten wieder aufgebaut werden könne. Pfisterer begrüsst, dass die SVP ihrer Regierungsrätin eine klare Frist gestellt hat. «Allerdings ist nicht erkennbar, wovon genau eine weitere Unterstützung durch die SVP abhängig ist», relativiert Pfisterer.

CVP: «Gemischte Gefühle»
CVP-Fraktionspräsident Alfons Paul Kaufmann sagte letzte Woche zur AZ, die SVP müsse Verantwortung übernehmen. Er begrüsst, dass sie dies nun getan habe, auch wenn er gemischte Gefühle habe. «Es würde mich erstaunen, wenn innert zwei Monaten alles in gute Bahnen gelenkt würde.» Aber er finde, Franziska Roth habe eine zweite Chance verdient. Die CVP werde nun sicher keinen Druck auf sie ausüben. Wichtig sei aber, dass die Geschäfte, zum Beispiel das Dekret über die Prämienverbilligung, trotz allem zeitgerecht behandelt würden.

SP-Parteipräsidentin Gabriela Suter äusserte sich gestern auf Twitter zur Causa Roth. Es sei «mehr als fraglich, ob sich all diese Defizite bis Ende Mai beheben lassen». Suter scheint es, «als schiebe die SVP das Ziehen der nötigen Konsequenzen hinaus».

Für Daniel Hölzle, Präsident der Grünen, ist das Projekt zum Scheitern verurteilt. «Offenbar ist die SVP seit zwei Jahren nicht zufrieden und nun soll innert kurzer Zeit alles ändern, obwohl Franziska Roth selber keinen Bedarf sieht.» Hölzle sieht Fehler auch klar bei der SVP. «Die Partei hat sie zur Wahl empfohlen, dies in vollem Bewusstsein um fehlende politische Erfahrung.»