
Horcht, was kommt von Harfen her
Kerzenlichter auf den Treppenstufen geleiteten die Gäste hinab in das Gewölbe des «Guthirt»-Kellers in Aarburg. Bald war jeder Platz besetzt. Die Augen richteten sich auf die zwei riesigen, fast zwei Meter hohen Konzertharfen in der Mitte. Es muss schwierig gewesen sein, sie das enge Treppenhaus hinunterzutransportieren. Aber das Duo Edmée-Angeline Sansonnens und Praxedis Hug-Rütti hat wohl Übung darin. Beide sind sehr gefragte Künstlerinnen mit hervorragender Ausbildung und vielseitiger Konzerttätigkeit. Ihr Auftritt im Rahmen von «Verweilen am Mozartweg» fand diesmal ohne den genannten Mozart statt. Aber eine Beziehung dazu gab es schon. Nämlich in den zwölf Variationen in C-Dur «Ah vous dirai-je, Maman» (KV 265). Das gleiche Thema verarbeitete auch Johann Christoph Friedrich Bach (1732–1795) mit den Worten «Morgen kommt der Weihnachtsmann». Diesmal waren es zwei Frauen, die ein musikalisches Geschenk verteilten: Variationen im eng vernetzten Dialog miteinander, wechselnd zwischen fröhlich und tiefsinnig, heiter und besinnlich, beschwingt und verhalten, fortlaufend neue Gedanken erfindend und trefflich umgesetzt.
Blütenlese in der Harfenliteratur
Das Programm enthüllte fortlaufend Raritäten des Harfenspiels und konzentrierte sich dabei auf den Nachlass von John Thomas (1826–1913), selber ein begnadeter Harfenist. Er besass die Gabe, die Spezialitäten der Harfe auszuschöpfen und hörbar zu machen. Zum Beispiel im innig-melodiösen «Carita» oder in «Sonnambula», einem bezaubernden, liedhaften Duett, das sofort den Raum und die Herzen füllte.
Wechselnde Stimmungsbilder
Ganz anderer Natur war «Souvenir du Nord». Darin verbreitete sich nach einer eher düsteren Einleitung eine Gefühlswelt aus wunderschönen Akkorden und lyrischen Partien, ein wahres Wunder, wie dies nachvollziehbar vom Duo kommuniziert wurde. Und wiederum folgte ein Szenenwechsel, diesmal in «Badic fantasia». Darin beginnt John Thomas mit energischen Akkorden, die in ein breit ausgelegtes Thema mit wechselnden Stimmungsbildern münden, pendelnd zwischen kraftvoll und verträumt, manchmal fast volksliedhaft und dann wieder mit temporeichen, virtuosen Partien, vom Duo so anschaulich interpretiert, als wäre dies selbstverständlich. Zum letzten Mal war John Thomas mit «Scenes of Childhood» zu hören. Dem Titel entsprechend hatte dieses Abbild von Kinderszenen einen unbeschwerten, frisch-fröhlichen Charakter.
Eigentlich wäre damit das Programm abgeschlossen gewesen, aber das Publikum war anderer Meinung. Es war sich bewusst geworden, dass es eine musikalische Sternstunde erlebt hatte, und verlangte Zugabe. Beim Hinaustreten in die Winternacht zeigte auch das Wetter ein anderes Gesicht als zu Beginn des Konzertes: Wolken und Regen waren verschwunden, Sterne glitzerten am Nachthimmel.