Im Reider Schulhauskeller liegen 1,6 Millionen Franken

Nicht viel deutet auf die Schätze hin, welche seit genau einem halben Jahrhundert (1969) im Besitz der Gemeinde Reiden sind. Lediglich ein belangloser Wegweiser an der Hauptstrasse verweist auf die Schulanlagen, die Bibliothek und auf die «Spreng-Sammlung». Wer sich darunter eine exquisite Sammlung, ausgestellt in einem grossräumigen und lichtdurchfluteten Gebäude vorstellt, ist weit gefehlt. Das pure Gegenteil ist der Fall: Auf wenigen Quadratmetern zusammengepfercht und im künstlich belichteten Untergeschoss der Reider Schulliegenschaft Johanniter 1 ist sie ausgestellt, die «Kunstsammlung Robert Spreng».

Seit 2015 hütet Isabelle Hadorn die auf 1,6 Millionen Franken versicherten und wahrlich als Schätze zu bezeichnenden Kunstwerke. Es sind dies Ölbilder, Aquarelle, Collagen, Zeichnungen, Glasmalereien und Plastiken von insgesamt 47 Schweizer Künstlern; allesamt aus der privaten Sammlung des Basler Fotografen Robert Spreng.

Die genauen Umstände, unter welchen die Gemeinde Reiden in den Besitz dieser privaten Kunstsammlung kam, kann die Kunstkennerin nicht abschliessend erläutern. Klar sei aber, dass Spreng das Angebot der Basler Museen, welche vorsahen, nur ausgewählte Werke auszustellen, nicht annehmen wollte. Nach Hadorn kam für den Lichtbildner nur eine permanente Ausstellung sämtlicher Kunstwerke infrage. Wohl aus Trotz und, wie dem Webauftritt der Gemeinde Reiden zu entnehmen ist, völlig überraschend, vermachte er daher seine gesamte Sammlung seiner Heimatgemeinde Reiden. «Einzige Bedingung war und ist es noch immer, dass die Kunstwerke permanent ausgestellt werden und die Sammlung weder auseinandergerissen noch verkauft wird», so Hadorn.

Mit viel Engagement und Liebe zum Detail widmet sich die gebürtige Französin der ständigen Ausstellung und rückt die Kunstwerke ins richtige Licht, restauriert ihre Bilderrahmen und hält die Luftfeuchtigkeit konstant. Denn variiert die Luftfeuchtigkeit zu stark, dehnen sich die Leinwände der Gemälde aus und ziehen sich wieder zusammen. «Das ist sehr schädlich für die Malschicht – so löst sie sich langsam ab.» Für diese Arbeiten kommt der 51-Jährigen ihre Ausbildung in «Konservierung und Restaurierung» an der Berner Fachhochschule zugute: «Durch diesen Studiengang weiss ich, was es zur Erhaltung und Wiederherstellung unterschiedlichster Kunstwerke braucht.»

Eine weitere Aufgabe Hadorns ist es, die Türen der Sammlung auf Anfrage zu öffnen und den Kunstinteressierten nicht nur einen Einblick in die Kunstsammlung, sondern auch in die Persönlichkeit von Robert Spreng zu ermöglichen. Denn nach Hadorn drückt eine Kunstsammlung immer zwei Sachen aus: «Einerseits repräsentiert sie die Künstler und ihr Schaffen, andererseits erfährt man auch einiges über die sammelnde Person.» Bei Spreng sei zum Beispiel auffällig, dass er unter anderem Werke sammelte, deren Motiv Frauen sind, sich in seiner Sammlung aber kein einziges Werk einer Künstlerin befindet.

Reider Kunst in Aarau und Basel

«Jährlich finden zirka 80 Besucherinnen und Besucher den Weg zu uns», so die Kuratorin der Reider Kunstsammlung. Diese tiefe Besucherzahl – im Vergleich: Die Besucherfrequenz des Kunstmuseums Luzern belief sich gemäss dem kantonalen Statistikamt Lustat im Jahr 2017 auf knapp 50 000 –

sowie die allgemeine Unbekanntheit in der Gemeinde führt Hadorn mitunter auf das fehlende Werbebudget zurück. Denn ohne entsprechendes Budget könne sie die Kunstsammlung gar nicht bekannter machen, so die Kunstkennerin. Das sei sehr schade, denn «unsere Kunstsammlung ist eigentlich sehr renommiert». So erhält Hadorn regelmässig Anfragen von namhaften Schweizer Kunsthäusern, welche die Werke von Amiet, Brignoni und Co. in ihren Räumlichkeiten ausstellen möchten. «Teile unserer Sammlung stehen immer wieder als Leihgaben in grossen Kunsthäusern wie dem Kunstmuseum Basel oder dem Aargauer Kunsthaus.»

Ungenügende Räumlichkeiten

Das verwundert nicht. Folgt man dem Museumsführer des Kantons Luzern, stellt die 160 Kunstwerke umfassende «Kunstsammlung Robert Spreng» einen repräsentativen Querschnitt durch das künstlerische Schaffen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der Schweiz dar.

Die direkten Kontakte in die Schweizer Kunsthäuser würden es Hadorn ermöglichen, selbst Leihgaben anzufordern und diese in der Johannitergemeinde auszustellen. «Leider genügen unsere Räumlichkeiten den Anforderungen dieser Kunsthäuser nicht.» Diese leihen Kunstwerke nur dann aus, wenn beispielsweise genügend grosse Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und die Luftfeuchtigkeit optimal ist. Um diese Anforderungen erfüllen zu können, müssten nachhaltige Massnahmen ergriffen werden, welche für Isabelle Hadorn einem «Traumbild» – ein gleichnamiges Ölgemälde von Wiemken Walter Kurt ist im Johanniterschulhaus ausgestellt – gleichkommen. So ist sie zum jetzigen Zeitpunkt bereits zufrieden, wenn ihr in absehbarer Zeit ein Budget zur Beschaffung neuer Luftbefeuchter gesprochen wird und der Erhalt des Schatzes von Reiden so gesichert werden kann.

Öffnungszeiten: Die Kunstsammlung Robert Spreng öffnet jeweils auf Anfrage. (062 758 21 18, Isabelle Hadorn)

Welchen Stellenwert hat die «Kunstsammlung Robert Spreng» für die Gemeinde Reiden?

Der Gemeinderat will die «Kunstsammlung Robert Spreng» zu einem Alleinstellungsmerkmal machen.

 

Bruno Geiser: Die «Kunstsammlung Robert Spreng» bekommt aktuell sicher noch nicht die Bedeutung und Anerkennung, die sie eigentlich verdient. Die Bilder und Skulpturen sind im Schulhaus Johanniter im Keller ausgestellt und damit von aussen sehr schlecht sichtbar. Wenn man sie nicht speziell sucht, wird man nie auf die Idee kommen, dass die Gemeinde Reiden im Besitz dieser Sammlung ist.

Ergreift die Gemeinde Reiden in Zukunft gezielte Massnahmen, um die «Kunstsammlung Robert Spreng» zu fördern?

Der Gemeinderat ist sich der Räumlichkeiten der Sammlung bewusst und hat deshalb einen Absatz zu den Kunstobjekten und Kulturgütern in die Gemeindestrategie und ins Legislaturprogramm aufgenommen.

Wie sieht die Gemeinde Reiden die Zukunft der Kunstsammlung?

Wir sind überzeugt, dass mit einer Steigerung des Bekanntheitsgrades der «Kunstsammlung Robert Spreng» ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Gemeinde Reiden geschaffen wird.