Kampfzone Bahnhofstrasse: Petition fordert Fussgängerstreifen

«An der Bahnhofstrasse, zwischen AKB und NAB, braucht es dringend einen Fussgängerstreifen.» Dieser Meinung ist Nicole Böni aus Aarau. Aus diesem Grund hat sie auf dem Online-Portal «Petitio» ein entsprechendes Begehren lanciert. Das Ziel sind 200 Unterstützer, doch bis zur «Halbzeit» der 30-tägigen Frist haben sich erst gut 50 Personen mit dem Anliegen identifiziert.

Worum geht es? Heute würden zahlreiche Menschen den betreffenden Abschnitt der Bahnhofstrasse «unkontrolliert» überqueren, schreibt die Petitionärin. Ihre Lösung: «Ein Fussgängerstreifen zwischen AKB und NAB würde die Aarauer kontrollierter über die Strasse führen und rasenden Autos keine Chance geben.» Eine Anspielung darauf, dass der rund 200 Meter lange Abschnitt zwischen der Kreuzung Kasinostrasse und der Ampel beim Aarauerhof vor allem abends häufig für Kavaliersstarts mit aufheulenden Motoren missbraucht wird. Ein Fussgängerstreifen auf halbem Weg, so die Überlegung der Petitionärin, könnte diesem Treiben einen Riegel schieben und für mehr Sicherheit sorgen.

Wo genau der Streifen zu liegen käme, bleibt eine offene Frage. «Zwischen AKB und NAB» ist jedenfalls keine Option, da sich die beiden Bankinstitute nicht gegenüberliegen. Vielmehr müsste der Streifen östlich oder westlich der Einmündung Bankstrasse auf der Banhofstrasse markiert werden: also entweder zwischen AKB und «Penny Farthing» oder zwischen NAB und Pestalozzischulhaus.
 
Kein Streifen weit und breit

Wo liegt das Problem? – Fakt ist, dass es auf einem Abschnitt von 230 Metern Länge, zwischen Kasinostrasse und Post, keinen Fussgängerstreifen gibt. Die bestehenden Streifen sind mit Ampelanlagen bestückt. Vor den Ampeln auf Höhe Kasinostrasse warten Fussgänger mitunter recht lange, vor jener bei der Hauptpost noch länger. Und um von der Stadt her zu diesem Übergang zu gelangen, muss man oft schon beim Queren der Poststrasse vor einer Ampel warten. Die Unterführung von der UBS her in Richtung Bahnhof gibt es seit der Neugestaltung von Bahnhofstrasse und Bahnhofplatz nicht mehr. Ein wenig fussgängerfreundlicher geworden ist die Ampelsteuerung in den vergangenen fünf Jahren: Die längsten Wartezeiten liegen mittlerweile bei rund anderthalb Minuten. 2014 wurde einerseits die Busspur aufgehoben, doch auf der andern Seite geniesst der öffentliche Verkehr Priorität. Sprich: Umso mehr Busse auf der Bahnhofstrasse gerade unterwegs sind, desto länger warten die Fussgänger vor den Ampeln.

Querungshilfe für Fussgänger

Was die Petitionärin mit dem «unkontrollierten» Überqueren der Bahnhofstrasse meint, ist die Nutzung des durch zwei gestrichelte Linien gekennzeichneten Mittelstreifens, der 2014 im Zuge der Busspur-Aufhebung auf dem fraglichen Abschnitt geschaffen wurde. Dabei handelt es sich um eine Querungshilfe, die es Fussgängern erlaubt, erst einmal die eine Fahrspur zu queren und in der Mitte dann eine Lücke im Verkehr auf der andern Spur abzuwarten. Vortritt haben sie gegenüber dem Strassenverkehr aber, anders als auf dem Fussgängerstreifen, nicht.

Eines lässt sich kaum wegdiskutieren: Zwischen Aargauerplatz und Bahnhof ist die Bahnhofstrasse eine Kampfzone, in der die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer abwechselnd bevorzugt werden: Bei der Ampelsteuerung hat der Bus Vorrang, beim Aargauerplatz, auf dem Fussgängerstreifen vor dem McDonald’s der Fussgänger. Weil es hier keine Ampel, aber viele die Strasse querende Fussgänger gibt, staut sich regelmässig der Verkehr, mittendrin der Bus. Zwischen Kasinostrasse und Poststrasse geht der Verkehr auf der Strasse vor. Je nach Verkehrsaufkommen haben es hier unter Umständen weniger mutige als Fussgänger trotz Querungshilfe schwer.

Die Meinungen sind geteilt

Die unterschiedlichen Interessen schlagen sich auch in den Reaktionen auf die Petition nieder, etwa in den Kommentaren, die sich auf Facebook bei «We Love Aarau» finden. In die gleiche Richtung wie die Petition zielt etwa das Statement jenes Kommentators, der schreibt: «Wenn es der Stadt ernst wäre mit der Förderung des öffentlichen Verkehrs und der Sicherheit der Fussgänger, wäre dieser Fussgängerstreifen auf jeden Fall sinnvoll – und die Busspur das einzig Richtige. Der damalige Rückbau war ein Faustschlag gegen den öV.» Und: «Vielleicht könnte man auch gleich mal wieder die unnötigen Sportwagen- und Blufffahrten kontrollieren und büssen.» Ein weiterer Kommentar im Sinne der Petition lautet: «Ich versuche jeden Abend aus dem Apfelhausenweg in die Bahnhofstrasse abzubiegen. Meistens bedeutet dies eine Wartezeit von fünf bis zehn Minuten. Und wenn mich dann netterweise mal jemand reinlässt, rennt mir bestimmt ein wildgewordener Fussgänger vors Auto. Darum bin ich für einen Fussgängerstreifen. Oder noch besser: für eine weitere Unterführung.»

Die ablehnenden Kommentatoren halten sich mehrheitlich knapp: «Unnötig.» «Sicher nicht!» «Noch mehr Stau!» Die Rede ist von einer weiteren Möglichkeit, «wie wilde Hühner über die Strasse zu rennen – nein danke!» Und einer meint sarkastisch, ein Fussgängerstreifen sei einfacher zu handhaben als die bestehende Querungshilfe: «Man kann, ohne auf den fahrenden Verkehr zu achten, die Strasse überqueren, gleichzeitig telefonieren, im Kopfhörer Musik hören, Kurzmitteilungen tippen …» Etwas Eigenverantwortung sei nichts Schlechtes. Den geforderten Fussgängerstreifen brauche es daher nicht.

Nebenbei: Im Bereich, wo die Petition einen Fussgängerstreifen über die Bahnhofstrasse fordert, stellen sich manche Verkehrsteilnehmer die Frage, warum es keinen Streifen über die dort einmündende, das Trottoir unterbrechende Bankstrasse gibt. Die pressanten Fussgänger – und damit aus Gründen der Sicherheit auch die Automobilisten – verhalten sich hier zumeist so, als ob es einen Fussgängerstreifen gäbe.